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       # taz.de -- Wahl auf den Philippinen: Deformierte Elitedemokratie
       
       > Das philippinische Wahlergebnis ist ein „Weiter so“. Marcos Jr. wird
       > weder die Verbrechen seines Vaters aufklären noch der Korruption ein Ende
       > machen.
       
   IMG Bild: Diktatorensohn Ferdinand „Bongbong“ Marcos Jr. entscheidet die Wahl auf den Philippinen für sich
       
       In den Philippinen liegt bei den Präsidentschaftswahlen laut informeller
       Auszählung von mehr als 90 Prozent der Stimmen – offizielle Ergebnisse gibt
       es erst Ende Mai – der [1][Diktatorensohn Ferdinand „Bongbong“ Marcos Jr.]
       uneinholbar vorn. Er hat mehr als doppelt so viele Stimmen wie die
       zweitplatzierte Liberale Leni Robredo. Alle anderen sind abgeschlagen, eine
       Stichwahl gibt es nicht.
       
       Bei der Vizepräsidentschaft führt uneinholbar [2][Sara Duterte-Carpio],
       Tochter des scheidenden vulgärpopulistischen Präsidenten Rodrigo Duterte.
       Sie ist mit Marcos verbündet. Damit dürften schlimmste Befürchtungen wahr
       werden. Die Demokratie ist ebenso gefährdet wie die Aufarbeitung der
       Verbrechen der vor 36 Jahren gestürzten Marcos-Diktatur, die für Haft,
       Folter und Tod tausender Oppositioneller und die Plünderung des Landes
       steht.
       
       Und Duterte dürfte wegen tausendfacher Ermordung mutmaßlicher Drogendealer
       unbehelligt bleiben, seine Gegner*innen wie die inhaftierte Senatorin
       Leila de Lima oder die [3][Friedensnobelpreisträgerin Maria Ressa] werden
       weiter gegen fingierte Klagen kämpfen müssen. Robredo hatte zuletzt noch
       beeindruckende Menschenmengen mobilisiert, die genau wussten, was auf dem
       Spiel steht.
       
       Doch gegen die jahrelange Gehirnwäsche aus Fake News und Desinformation
       durch Marcos’ Social Media-Kampagne kam sie nicht an. Wer jetzt aber die
       Bevölkerung für dumm erklärt, macht es sich zu leicht. Gewiss spielen
       mangelnde politische Bildung und geringes Bewusstsein eine Rolle. Doch
       zeigen diese Wahlen auch die Krise der philippinischen Elitedemokratie.
       Denn für viele ist Marcos kein antidemokratischer Diktatorensohn, sondern
       einfach jemand, der ein attraktiveres Narrativ zu bieten hat als die
       Konkurrenz.
       
       Auch die Aquinos, Ramos’, Estradas und Arroyos hatten das Blaue vom Himmel
       versprochen und nur wenig davon gehalten. Das Leben der Kleinbauern,
       Slumbewohner und Arbeitsmigranten hatte sich kaum verbessert.
       Justizreformen, mit denen der Marcos-Clan hätte effektiv verurteilt und
       mehr soziale Gerechtigkeit durchgesetzt werden können, gab es nicht. Die
       inzwischen 92-jährige [4][Imelda Marcos] wurde in sieben Korruptionsfällen
       zu Gefängnisstrafen verurteilt.
       
       Doch konnte sie eine Vollstreckung jahrelang hinauszögern. Und ihr Sohn und
       jetziger Wahlsieger hat sehr hohe Steuerschulden. Beide kommen damit durch,
       weil auch die politische Konkurrenz kein wirkliches Interesse an
       Korruptionsbekämpfung und einem funktionierenden Steuersystem hat. Die
       philippinische Demokratie ist für viele eine unterhaltsame Show, bei der
       sich Politiker*innen aus elitären Dynastien, Celebrities oder
       Sportstars mit platten Versprechen und emotionalen Appellen überbieten.
       
       Marcos hat dies jetzt erfolgreich mit einer Desinformationskampagne in den
       völlig unregulierten sozialen Medien verknüpft. Sein Sieg garantiert, dass
       sich an dem System nichts ändern wird.
       
       10 May 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Philippinische-Praesidentschaftswahlen/!5850957
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   DIR [3] /Philippinische-Journalistin/!5573371
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