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       # taz.de -- Lobeshymne an den VfL Bochum: Wie der Doppelpunkt zwischen Einsen
       
       > Beim VfL Bochum ist die Stimmung in der Erstklassigkeit gerade obszön
       > schön. Ein Verein, der nicht Fisch, nicht Fleisch ist, aber ein Gefühl.
       
   IMG Bild: Das Team bedankt sich, die Fans auch: das Glück des Seins in Bochum
       
       Am schönsten ist es im Stadion doch, eindeutig falsche Dinge zu rufen, und
       zwar aus voller Überzeugung. Die Bochumer Fans, die die vergangene Saison
       nach elf Jahren Zweitklassigkeit endlich wieder im Bundesligaland feierten,
       singen zum Beispiel von blau-weißen Fahnen, die, wehend zu sehen, bloß mit
       ihnen, den Bochumern, verknüpft werden können. Die kaum 15 Kilometer rüber
       zur Mehrzweckhalle Herne-West, zur überdachten Schalker Arena also, will
       keiner schauen.
       
       Dafür haben wir als Bochumer ohnehin viel zu viel zu feiern: Der VfL Bochum
       performt seit zwei Jahren mit geringem Etat dermaßen über, dass es ihm
       seine Fans doppelt und dreifach nachahmen. Ältere, die 1997 den erstmaligen
       Einzug in den Europapokal erlebten, meinen sogar, die Atmosphäre in Stadt
       und Verein sei heute noch etwas geiler. Und auch externe Fans freuten sich
       seit dem Bundesligaaufstieg 2021 auf das Ruhrstadion und die (wirklich
       beste) Currywurst vom Stadiongrill gegenüber: Fußball, wie er immer war,
       [1][wie die Leute meinen, dass er immer war].
       
       Das erste Spiel, das ich im noch Revierpower heißenden Ruhrstadion sah, war
       2008 ein 1:1 gegen die Berliner Hertha. Die größten Gefühle in der so
       langen Zweitligazeit hatte ich bei einem 1:1 gegen Darmstadt, als Torwart
       Andreas Luthe die Vorlage zum späten Ausgleich gab. In der nun ablaufenden
       Saison [2][war es das 1:1 gegen Borussia Dortmund], das uns vom Europapokal
       singen und vom Klassenerhalt träumen ließ.
       
       1:1, ein Spielstand und das VfL-Gefühl der vorangegangenen Jahre zugleich.
       Nicht Fisch, nicht Fleisch, weder der Absturz in die dritte oder vierte
       Liga, wie es Rot-Weiß Essen passierte, noch die freiburg- oder mainzhaften
       Geschichten mit Europapokal hier und da.
       
       ## Wie der Doppelpunkt zwischen Einsen
       
       Wie der Doppelpunkt zwischen den beiden Einsen liegt der VfL zwischen
       Dortmund und Schalke. Vor allem, was Prestige und Ruhrpott-Assoziationen
       angeht. Manch einer mag bis vor einigen Monaten gar vergessen haben, dass
       es uns gibt, dass auch wir jede zweite Woche auf okayem Niveau Fußball im
       Ruhrgebiet spielten. Auch in Bochum selbst. Als der benachbarte
       Ballsportverein Borussia unter Jürgen Klopp bis ins Finale der Champions
       League kam, sind gar einige Nicht-Dortmunder auf den Jubelzug gehüpft. Mit
       Kagawa-Trikot durchs Bochumer Bermudadreieck spazieren, unverletzt.
       
       Vor zwei Wochen haben eben dort die Spieler des VfL mit den Fans gesoffen
       und gefeiert, wie es sonst Kreisklasse-Teams auf Malle tun. Zuvor fuhren
       die Bochumer einen beinahe [3][obszön schönen und in seiner Bedeutung
       kitschigen 4:3-Sieg gegen den BVB] ein, der zugleich den Klassenerhalt in
       der Bundesliga bedeutete.
       
       ## Nummer eins im Pott
       
       Die Bochumer Rechnung geht in diesen Tagen demnach so: Schalke spielte in
       Liga zwei, wir haben gegen Dortmund nicht verloren und sogar gewonnen, sind
       also die Nummer eins im Pott, die Nummer eins, die Nummer eins, die Nummer
       eins im Pott sind wir.
       
       Bis [4][der FC Schalke aufsteigt] und auf Anhieb mehr TV-Kohle bekommt und
       die Hierarchien wieder klarer werden und nicht mehr jedes Spiel im
       Ruhrstadion ausverkauft sein wird. Und bis die Fans in der Ostkurve
       trotzdem singen: Wenn die Erde sich mal nicht mehr dreht, werden wir
       gemeinsam weitergeh’n!
       
       14 May 2022
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Adrian Breitling
       
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