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       # taz.de -- Umweltschützer zu G7-Agrartreffen: Welthunger muss bekämpft werden
       
       > Lebensmittel dürfen nicht mehr in Tank oder Trog landen, verlangen
       > Umweltverbände. Doch Verkehrsminister Wissing (FDP) stellt sich dagegen.
       
   IMG Bild: In Ägypten steigen die Preise für Brot enorm und bedrohen die Lebensmittelversorgung im Land
       
       Berlin afp/dpa/ap | Angesichts von Engpässen bei der weltweiten
       Nahrungsmittelversorgung hat ein Bündnis aus Umweltschutzorganisationen ein
       „deutliches Signal gegen den [1][Welthunger]“ von der
       G7-Agrarministerkonferenz gefordert. Die in Stuttgart versammelten
       Ministerinnen und Minister müssten „das Welternährungsprogramm finanziell
       deutlich stärken“, um besonders betroffene Regionen zu unterstützen,
       teilten unter anderem Greenpeace, der BUND und der Deutsche Naturschutzring
       am Freitag mit.
       
       Der Ukraine-Krieg und die Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit
       weltweit stehen im Mittelpunkt des Agrarministertreffens der G7-Staaten.
       [2][Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne)] empfängt neben seinen
       Amtskollegen auch den ukrainischen Landwirtschaftsminister Mykola Solskyi,
       der über die Lage in seinem Heimatland berichtet.
       
       [3][Die Ukraine ist ein wichtiger Getreidelieferant.] Wegen des Krieges im
       Land und damit verbundener Blockaden der Lieferwege geraten vor allem
       Länder in Nordafrika und im Nahen Osten unter Druck. Ziel sei es, „trotz
       der immensen Preissteigerungen beim Getreide in den besonders betroffenen
       Ländern Hungerkrisen zu verhindern und weitere Konflikte zu vermeiden“,
       forderten die Organisationen.
       
       Die begrenzte landwirtschaftliche Fläche müsse zudem „sinnvoller“ genutzt
       werden. Lebensmittel, etwa Pflanzenöle oder Backweizen, dürften „nicht
       länger zu Biokraftstoff verarbeitet oder an Tiere verfüttert werden“. Die
       Bundesregierung müsse sich im Rahmen ihrer G7-Präsidentschaft dafür
       einsetzen, „dass Lebensmittel nicht länger in Tank oder Trog landen“.
       
       ## Getreideimporte drastisch verteuert
       
       Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) erklärte, sie wolle den Einsatz
       von Biosprit aus angebauten Pflanzen per Gesetzesänderung begrenzen. Sie
       werde dafür „zeitnah einen Vorschlag für eine Gesetzesänderung machen und
       diesen mit den anderen Ministerien abstimmen“, sagte Lemke am Freitag der
       Deutschen Presse-Agentur. Das Thema soll nach dpa-Informationen auch Teil
       der Beschlüsse sein, die die Umweltminister von Bund und Ländern bei ihrer
       aktuell laufenden Konferenz in Wilhelmshaven an diesem Freitag verkünden
       wollen.
       
       Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) aber sieht Lemkes Vorstoß
       kritisch. Ihre Initiative führe zu einem höheren Ausstoß von Treibhausgasen
       im Verkehr, sagte Wissing am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. Das sei
       mit den Klimazielen der Bundesregierung nicht vereinbar und innerhalb der
       Bundesregierung auch nicht abgestimmt, betonte der Minister.
       
       Der Import von Getreide nach Deutschland hat sich infolge des
       Ukraine-Krieges massiv verteuert. Die Einfuhrpreise stiegen im März
       gegenüber dem Vorjahresmonat um 53,6 Prozent, wie das Statistische
       Bundesamt am Freitag in Wiesbaden mitteilte. Einen stärken Zuwachs habe es
       zuletzt im Mai 2011 mit damals 74,0 Prozent gegeben. Die Preissteigerungen
       betreffen den Angaben zufolge alle Getreidearten.
       
       Die EU-Kommission hat einen Plan vorgelegt, mit dem die russische Blockade
       ukrainischer Getreideexporte umgangen werden könnte. Bis zur russischen
       Invasion in die Ukraine führte das angegriffene Land Weizen und andere
       Getreide überwiegend über seine Schwarzmeerhäfen aus, die nun von Russland
       blockiert sind. Der Vorschlag der EU-Kommission vom Donnerstag sieht vor,
       die Lebensmittel per Bahn, Lkw und über Wasserstraßen aus der Ukraine zu
       schaffen. Dann könnten sie jene Weltregionen erreichen, in denen ohne
       ukrainische Lieferungen eine Nahrungsmittelknappheit droht.
       
       Die Ukraine und Russland sind die beiden größten Exporteure weltweit von
       Weizen, Gerste und Sonnenblumenöl. Über seine Schwarzmeerhäfen führte die
       Ukraine bis zum Krieg 90 Prozent seiner Weizen- und Ölsaatenexporte aus,
       wie die EU-Kommission berichtete. „20 Millionen Tonnen Getreide müssen die
       Ukraine in weniger als drei Monaten unter Nutzung der EU-Infrastruktur
       verlassen“, erklärte EU-Verkehrskommissarin Adina Valean. „Das ist eine
       gigantische Herausforderung. Also ist es wichtig, die Lieferketten zu
       koordinieren und zu optimieren, neue Routen zu etablieren, und, so gut wie
       möglich, Engpässe zu vermeiden.“ Die Kommission will nun vor allem
       Transportkapazitäten koordinieren.
       
       13 May 2022
       
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