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       # taz.de -- Bundeswehr-Werbung auf Stadtbussen: Göttingen bleibt beim Flecktarn
       
       > Als „zutiefst unethisch“ verurteilen Die Partei und Volt im Göttinger
       > Stadtrat die Bundeswehr-Werbung auf Bussen. Aber ihre Kritik bleibt
       > folgenlos.
       
   IMG Bild: Nichts weiter als ein Job? Ein Panzergrenadier im Mai 2022 bei der Ausbildung in Jägerbrück
       
       Göttingen taz | Seit einem guten halben Jahr fahren Stadtbusse der
       Göttinger Verkehrsbetriebe (GÖVB) großflächig Reklame für die Bundeswehr.
       Statt im vertrauten blauen Anstrich zirkulieren einige Fahrzeuge in
       Flecktarn-Optik durch die Stadt. Den Parteien Volt und Die Partei, die im
       Göttinger Rat eine gemeinsame Gruppe bilden, stößt das bitter auf.
       
       Als Arbeitgeberin steche die [1][Bundeswehr] aus allen anderen Angeboten
       für Berufsanfänger heraus, da der „Dienst an der Waffe“ – zumindest
       potentiell – das Töten von Menschen beinhalte, heißt es in einer Anfrage,
       die [2][Volt] und [3][Die Partei] Ende April an die Göttinger
       Oberbürgermeisterin Petra Broistedt (SPD) richteten. Broistedt ist
       Vorsitzende des Aufsichtsrates der städtischen Tochtergesellschaft GÖVB.
       Eine Entscheidung für die Bundeswehr sei somit mehr als eine beliebige
       Karriereentscheidung, nämlich eine ethische Abwägung.
       
       Eine Werbung, die diesen ernsten Hintergrund bewusst verschleiere und mit
       griffigen Slogans verharmlose, sei „als zutiefst unethisch und geschmacklos
       zu verurteilen“, so die oppositionelle Ratsgruppe. Konkret begehrten Volt
       und Die Partei unter anderem Auskunft darüber, wie „die großflächige
       Werbung für die Bundeswehr auf Flächen einer städtischen
       Tochtergesellschaft mit dem Bild eines modernen [4][Göttingen], einer
       'Stadt, die Wissen schafft’ zu vereinbaren“ sei. Mit diesem Zusatz „Stadt,
       die Wissen schafft“ bewirbt sich Göttingen seit einigen Jahren digital und
       analog selbst.
       
       Oberbürgermeisterin Broistedt ließ die Anfrage an die GÖVB weiterreichen.
       Die Verkehrsbetriebe teilten nun mit, sie hätten ihrem Vertragspartner –
       der Werbeagentur Ströer – „das ausschließliche Recht eingeräumt, die
       Busflächen zu Werbezwecken zu nutzen“. Dafür erhielten die GÖVB eine
       pauschale Vergütung.
       
       ## Comouflage-Look wie im Krieg
       
       Die Bundeswehr sei eine Parlamentsarmee. „Mit Ströer haben wir vertraglich
       geregelt, dass Werbung auf unseren Bussen nicht zulässig ist, wenn die
       Inhalte gegen behördliche Anordnungen, allgemeine Gesetze oder gegen die
       guten Sitten verstoßen oder rassistische Inhalte haben“, heißt es weiter.
       „Auch Werbung für politische Parteien, Alkohol oder Zigaretten ist nicht
       zulässig. Insofern ist Werbung für die Bundeswehr zulässig.“
       
       Eine eigenartige Schlussfolgerung, findet Ratsfrau Helena Arndt (Die
       Partei): „Man könnte durchaus nun die Frage stellen, wie
       ‚gesundheitsschädlich‘ etwa ein Auslandseinsatz in Kriegs – und
       Krisengebiete ist im Vergleich zu Alkohol und Zigaretten“, sagte sie.
       „Allerdings möchten wir nicht in Zynismus abgleiten.“ Vielmehr sei die
       Ratsgruppe „ehrlich betroffen“, dass die besondere Stellung der Bundeswehr
       als Arbeitgeberin wohl nicht gesehen werde.
       
       Offensichtlich, so Arndt, mangele es bei den GÖVB auch an Sensibilität
       gegenüber den Empfindungen, die ein solcher Camouflage-Look von
       öffentlichen Fahrzeugen besonders auf Menschen habe, die etwa durch
       Kriegserlebnisse traumatisiert seien. „Auch scheinen bereits vorangegangene
       Diskussionen über das fragwürdige Werbekonzept der Bundeswehr im
       Allgemeinen an der GÖVB vorbeigegangen zu sein“, fügte die Ratsfrau hinzu.“
       
       Aus Sicht der Die Partei- und Volt-Ratsgruppe trägt ein städtisches
       Unternehmen, das wie die GÖVB auch das gesamte Stadtbild mitpräge, eine
       besondere Verantwortung in der Auswahl ihrer Werbepartner. Der Bundeswehr
       stünden genügend andere Werbeflächen zur Verfügung. Sie sei außerdem sehr
       intensiv in die Berufsberatung bei der Arbeitsagentur eingebunden. Die
       beiden Parteien wünschten sich, „dass dieser Verantwortung Rechnung
       getragen wird und die Bundeswehr zukünftig als Werbepartnerin für Göttinger
       Busse ausgeschlossen wird“.
       
       31 May 2022
       
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