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       # taz.de -- Hannovers Innenstadtentwicklung: No-Shopping-Queen mit Lastenrad
       
       > Als inbrünstige Shopping-Hasserin freut sich die Kolumnistin auf das Ende
       > der Fußgängerzone, wie wir sie kennen. Doch was kommt dann?
       
   IMG Bild: Noch sind es die Autos, die Hannovers Innenstadt füllen: die Schmiedestraße im Juni 2021
       
       Neulich war ich mal wieder bei einer Debatte zur Innenstadtentwicklung. Die
       Kollegen von der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung haben die veranstaltet,
       am Kröpcke, kurz nachdem Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) [1][erste
       Entwürfe für die Neugestaltung vorgestellt hatte].
       
       Die Skizzen boten tatsächlich einen hübschen Aha-Effekt. Da parken
       [2][einfach keine Autos mehr am Bordstein] und zack, sieht die Stadt ganz
       anders aus. Dazu noch ein paar Bäume, ein paar Bänke, ein bisschen Wasser
       und schon tauchen sie auf, die spielenden Kinder, die entspannt
       tratschenden Menschen, die gemütlichen Flaneure und Lastenradfahrer, ein
       einziges Idyll.
       
       Während ich fröstelnd bei der Open-Air-Veranstaltung saß, fragte ich mich
       allerdings kurz, wie viel Klimawandel diese Entwürfe eigentlich schon
       voraussetzen – da war immer alles so hübsch grün und sonnig und niemand
       trug eine Funktionsjacke.
       
       Die Vertreter des Handels waren aus anderen Gründen nicht so wahnsinnig
       begeistert: „So ganz ohne Auto wird es nicht gehen“, mahnten sie
       routiniert, aber irgendwie klangen sie auch schon, als wären sie im
       Rückzugsgefecht. Immerhin sollen die Parkhäuser ja ansteuerbar bleiben.
       Damit man es mit dem Auto an den Rand der Fußgängerzone schafft.
       
       ## Ein Hoch auf den Online-Handel
       
       Möglicherweise bin ich da ungnädig und voreingenommen. Ich bin ja
       [3][dankbar für die Erfindung des Onlinehandels]. Vor kurzem musste ich aus
       purer Zeitnot mal wieder in Präsenz shoppen. Ich hatte zu lange ignoriert,
       dass die Anzahl der Kleidungsstücke, aus denen ich unvorteilhaft
       herausquelle, in meinem Kleiderschrank massiv angestiegen war. Also quälte
       ich mich durch diverse Geschäfte in der Kleinen und der Großen
       Packhofstraße.
       
       Ich hasse alles daran. Das Geschubse und Gedrängel, den Geruch und die
       schale Luft in den Geschäften, das beschissene Licht und die noch
       beschissenere Musik, das konfus machende Überangebot, dessen Sortierung
       sich mir nicht erschließt, das Anstehen vor den Umkleidekabinen (deren
       Spiegel und Beleuchtungskonzepte übrigens von menschenverachtenden
       Dreckschweinen designt werden).
       
       Am Ende kaufte ich Zeug, damit die Quälerei nicht umsonst war. Es will mir
       nicht in den Kopf, dass es Leute gibt, die so etwas zum Vergnügen in ihrer
       Freizeit tun. Aber natürlich gibt es davon immer noch einige und sie kommen
       extra aus Burgdorf, Lehrte, Dendensen, Gümmer und Barsinghausen in die
       große Stadt, deren echte Bewohner lieber in ihren eigenen Vierteln bleiben
       und die „City“ meiden.
       
       Die Frage ist also berechtigt, wer eigentlich künftig diese ganzen
       Flaniermeilen und baumbeschirmten Bänke füllen soll und warum. Man müsste
       eben auch viel mehr Wohnen und Arbeiten und Kultur zurück in die Stadt
       kriegen, sagt der OB und alle auf dem Podium nicken. Weiß halt nur keiner
       wie. Vielleicht ist das der Grund, warum man sich seit Jahrzehnten lieber
       in die schlichtere Frage verbeißt, ob die Stadt nun [4][autofreundlich oder
       autofrei] sein soll.
       
       5 Jun 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.hannover.de/Leben-in-der-Region-Hannover/Politik/B%C3%BCrgerbeteiligung-Engagement/Innenstadtdialog-Hannover/Innenstadtprojekte
   DIR [2] /Verkehrswende-in-Hamburg/!5853641
   DIR [3] /Klimaexperte-ueber-Vertriebswege/!5739936
   DIR [4] /Volksbegehren-Berlin-autofrei/!5850755
       
       ## AUTOREN
       
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