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       # taz.de -- Die Wahrheit: Möge der Strom nie versiegen …
       
       > Was tut man nicht alles, um die Stromkosten im eigenen Heim zu dimmen.
       > Besonders erfinderisch dabei: die Spezies der Gamer.
       
   IMG Bild: Unterstützung kommt aus der Luft beim hochgradigen Gasverbrauch
       
       Als seriöser Gamer wird man ständig drangsaliert. Kaum knipst man den
       Zehnerverteiler an die Steckdose, und schon verabschieden sich Sicherung
       und Spielfigur in die ewigen digitalen Jagdgründe. Und dann nervt ja noch
       der Russe.
       
       Seit Kriegsbeginn geistern Meldungen durch die Medien, dass Strom- und
       Gaspreise in immer astronomischere Höhen klettern. Erst musste die
       Wassertemperatur der Schwimmbäder auf menschenverachtende 26 Grad gesenkt
       werden, doch der neuerliche Auftritt von Bundeswirtschaftsminister Robert
       „Handsome“ Habeck übertraf alles.
       
       Um Strom zu sparen, solle das Zocken im Klötzchenspiel „Minecraft“ künftig
       auf drei Stunden pro Woche begrenzt werden, erklärte kühl der Minister, bei
       den Chinesen „funzt das ja auch“. Die gewonnene Zeit könnten die Kinder
       dann auf echten Baustellen verbringen und die Wohnungsnot stoppen, die
       Bauministerin bekam schon ganz glänzende Augen.
       
       ## Stromzähler für die Steckdose
       
       Gegen dieses Verheizen junger Menschen musste ich etwas unternehmen. Um dem
       gemeinen Stromverbrauch auf den Grund zu gehen, kaufte ich einen
       Stromzähler für die Steckdose. Die Hauptstadt-Kilowattstunde kostete im Mai
       38 Cent. Nachdem ich meinen Echsen im Dinospiel „Jurassic World“ einen
       dreistündigen Besuch abgestattet hatte, zeigte der Zähler atemberaubende 6
       Cent an. Ich saugte die ganze Bude, 30 Minuten kosteten 1 Cent, ebenso die
       Waschmaschine oder der Mixer. Nur der Kühlschrank verweigerte die Auskunft.
       
       Aus, aus und vorbei sind die hochspannenden Zeiten günstigen Stroms, als
       wir mit dem Zeug unschuldig um uns schossen wie Robert Redford mit
       Leuchtteilchen in dem Spielfilm „Der elektrische Reiter“. Damals hatte ein
       Schulfreund im Eifer juveniler Kraftmeierei versucht, möglichst viele
       Spielstunden anzuhäufen. Dafür ließ er seinen Rechner und das Online-Spiel
       „World of Warcraft“ durchweg an, um am Ende jeder Woche mit 168 Stunden
       Spielzeit anzugeben.
       
       Jahre später baute er sich ein sogenanntes Mining-Rig-Set. Mit mehreren
       Grafikkarten schürfte er die Kryptowährung Bitcoin, wobei sein
       Energiebedarf derart hoch war, dass er schließlich strompolizeilich
       überwacht wurde. Seit der Kurs in den letzten Wochen abgestürzt ist,
       arbeite er nun in einem Kraftwerk, um „endlich näher am Saft zu sein“, wie
       er seiner Gamergilde mitteilte.
       
       Damit die Kosten bei mir gar nicht erst explodieren, setze ich auf die
       Wissenschaft. Forscher haben kürzlich herausgefunden, dass die grüne
       Spanalge (lat. jensus spanus) Energie erzeugen kann. Prompt fuhr ich zum
       Berliner Müggelsee und pflückte mir ein paar Stängel von dem Grünzeug.
       
       In meinem heimischen Labor befestigte ich Anode und Kathode an der
       glibbrigen Cyanobakterienart und gab eine spezielle Nährlösung hinzu, die
       ich im Pflanzenfachgeschäft erworben hatte. Seitdem sprühen zwar manchmal
       ein paar Funken, aber der vermaledeite Stromzähler steht endlich still.
       
       1 Jun 2022
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Denis Gießler
       
       ## TAGS
       
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