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       # taz.de -- Martin Kind unterstützt Gerhard Schröder: Der Tenniskumpel des Chefs
       
       > Der Hannover-96-Boss verwechselt die Interessen des Vereins mit seinen.
       > Er möchte den Ex-Kanzler im Stadion sehen. Sport und Politik seien zu
       > trennen.
       
   IMG Bild: Im Stadion sei Ex-Kanzler Schröder herzlich willkommen, sagt 96-Boss Martin Kind
       
       Mehrheiten, die man nicht kaufen kann, haben Martin Kind noch nie
       interessiert. Aus seinem ausdauernden finanziellen Engagement bei Hannover
       96 hat der Geschäftsführer der Profifußballabteilung [1][eine Art
       Alleinvertretungsanspruch] abgeleitet: Der Verein bin ich. So sind auch
       seine jüngsten Äußerungen gegenüber der Sport Bild zum Altkanzler Gerhard
       Schröder zu verstehen: „Er ist ohne Wenn und Aber bei 96 immer herzlich
       willkommen.“
       
       Wieder einmal hat Kind den Verein mit sich selbst verwechselt. Denn
       Klubmitglied Schröder ist Anfang April gerade so einem Ausschluss durch den
       Gesamtverein mit seinem Austritt zuvorgekommen. Hannover 96 wollte ein
       Zeichen setzen, dass [2][Schröders Treuebekundungen] zum in der Ukraine
       kriegsführenden russischen Präsidenten Wladimir Putin, sein Schweigen zu
       dieser so viel Leid erzeugenden Militäroffensive, seine russischen
       Geschäftsverbindungen mit den Werten des Vereins nicht vereinbar sind.
       
       Seither hat sich Schröder im Stadion offenbar nicht mehr wirklich
       willkommen gefühlt. Er wurde nicht mehr gesehen. Seine Loge hat er eh
       verkauft. Und Martin Kind findet all das schade. „Aus meiner Sicht sollte
       man differenzieren zwischen Sport und Politik“, hat er nun erklärt.
       
       Es ist auffällig, dass der Wunsch nach der Trennung der Sphären von Sport
       und Politik immer dann auftritt, wenn die Gewinnerwartungen aus der
       Verflechtung von beiden Sphären enttäuscht werden. Als Martin Kind im Jahr
       2017 seinen Tennisfreund Schröder wieder mal im Alleingang als
       Aufsichtsratschef von Hannover 96 installierte, erhoffte er sich noch von
       dessen politischen Verbindungen einen Mehrwert für die Entwicklung des
       Vereins.
       
       Als „Türöffner“ wurde Schröder von Kind vorgestellt. Dass sein Freund
       künftig seine Fußball-Geschäfte zu kontrollieren hatte, stufte der
       Vereinsfunktionär zudem als ein Erfolg versprechendes Näheverhältnis ein.
       
       In die Aufsichtsrat-Ära von Schröder (2017-2019) fiel auch ein Benefizspiel
       zwischen Hannover 96 [3][und Schalke 04 hinein, das Gazprom], der russische
       Staatskonzern und Trikotsponsor der Gelsenkirchener, initiiert hatte, um
       aus den Erlösen Bolzplätze in Hannover instandzusetzen. Eine tolle
       Marketingaktion für das Unternehmen, mit dessen Geldern schon in der
       Vergangenheit russische Kriege finanziert wurden. Derlei Verbindungen waren
       einst kein Problem und natürlich völlig unpolitisch.
       
       Wie kompliziert mittlerweile die Ausdifferenzierung zwischen Sport und
       Politik ist, konnte man beim Zweitligaspiel zwischen Hannover 96 und
       Holstein Kiel wenige Tage nach dem Kriegsbeginn in der Ukraine erleben.
       Die Stadionregie in Hannover spielte statt dem gewohnten Einlauf-Song „Know
       your enemy“ das zu Kriegszeiten in Vietnam entstandene Protestlied
       „Imagine“ von John Lennon.
       
       So viel Politik war also erlaubt. In der Schweigeminute danach brüllte ein
       Zuschauer allerdings „Schröder raus“. Und das kann Martin Kind nicht
       gefallen haben. Das muss aus seinem Verständnis heraus viel zu viel Politik
       gewesen sein.
       
       2 Jun 2022
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Johannes Kopp
       
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