# taz.de -- Mieterhöhungen wegen Inflation: Das große Ganze und die ganz Großen
> Der Dax-Konzern Vonovia hat wegen der Inflation Mieterhöhungen
> angekündigt. Der Volksentscheid zur Vergesellschaftung des Konzerns
> versandet derweil.
IMG Bild: Ziemlich viele Regeln in einem Vonovia Wohnpark in Köln, außer für die Mieterhöhungen
Es sind harte Zeiten. Vor allem für diejenigen, die um ihre Profite
fürchten müssen. Als der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz im April angesichts
der hohen Inflation warnte, [1][dass „wir“ wohl „den Höhepunkt unseres
Wohlstandes] hinter uns“ hätten, wurde er kritisiert, dass sein „wir“ viel
zu undifferenziert sei. Dabei war Merz so ehrlich wie möglich, denn er
sprach konsequent von seinem Klassenstandpunkt aus: Mag zwar sein, dass
Menschen weniger zu essen haben als ohnehin schon. Bei anderen aber geht es
nicht nur um eine Packung Nudeln oder Butter mehr oder weniger. Es geht um
große Profite, die geschmälert werden könnten. Wohlstand kann man nur
verlieren, wenn man ihn hat!
Was Merz mit besorgter Voraussicht antizipierte, fand diese Woche
dramatische Manifestation: Der DAX-Konzern Vonovia, Deutschlands größte
Immobilienfirma, hat wegen der [2][hohen Inflation Mieterhöhungen
angekündigt]. „Wenn die Inflation dauerhaft bei vier Prozent liegt, müssen
auch die Mieten künftig jährlich dementsprechend ansteigen“, sagte
Vonovia-Vorstandschef Rolf Buch dem Handelsblatt. „Wir können nicht so tun,
als wenn die Inflation an den Mieten vorbeigeht. Das wird nicht klappen.“
Der Immobilienriese mit rund 565.000 Wohnungen hat schließlich etwas zu
verlieren: Im [3][Pandemiejahr 2021 hat Vonovia rund 1,7 Milliarden Euro
Gewinn] erzielt und mit 1,66 Euro pro Aktie die höchste Dividende der
Unternehmensgeschichte ausgezahlt. Während das Bedürfnis, über ausreichend
Nahrungsmittel zu verfügen, ein für unsere Wirtschaftsweise
vernachlässigbarer, banaler Wunsch irgendwelcher armer Teufel ist, spricht
Vorstandschef Buch von der Notwendigkeit einer höheren Kraft: kein
Kapitalismus ohne Profit.
## Volksentscheid versandet
Zum Glück haben wir in Deutschland deshalb parteiübergreifend
Politiker:innen, die das große Ganze beziehungsweise die ganz Großen im
Blick haben – und sich nicht von menschlichen Bedürfnissen ablenken lassen:
Politiker:innen wie die Berliner Regierende Bürgermeistern Franziska
Giffey (SPD), die klüger ist als der naive demokratische Wille des Pöbels;
Politiker:innen, die nicht untätig zuschauen, wenn die Mehrheit der
Berliner Bevölkerung per Volksentscheid [4][für die Vergesellschaftung
großer Wohnungskonzerne wie Vonovia stimmt;] die dafür sorgen, dass dieses
Vorhaben derzeit auf dem besten Weg ist, in einer [5][„Expertenkommission“
zu versanden].
Als gewissenhafte Volksvertreterin sollte man sich aber nicht einfach damit
begnügen, das Schlimmste zu verhindern. Entsprechend hat Giffey am
Wochenende wieder eine Idee im Sinne des großen Ganzen beziehungsweise der
ganz Großen verkündet: Mieten sollen auf [6][30 Prozent des
Haushaltsnettoeinkommens] begrenzt werden; eine öffentliche Prüfstelle soll
helfen, das durchzusetzen. Damit dann auch wirklich kein Vermieter mehr
arme Teufel in seine Wohnung lassen muss. Und damit die Vermieter mit
bestem Gewissen nur noch an die Reichsten vermieten.
2 Jun 2022
## LINKS
DIR [1] https://www.spiegel.de/politik/deutschland/friedrich-merz-wir-haben-wahrscheinlich-den-hoehepunkt-unseres-wohlstandes-hinter-uns-a-0797bb58-5e83-4710-9c70-b4c4880e5227
DIR [2] /Vonovia-erhoeht-Mieten/!5858585
DIR [3] /!5855191/
DIR [4] /Enteignungsvolksentscheid-in-Berlin/!5803784
DIR [5] /Enteignungs-Kommission-in-Berlin/!5852189
DIR [6] /Wohnungspolitik-in-Berlin/!5854973
## AUTOREN
DIR Volkan Ağar
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