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       # taz.de -- Protesttermine in Berlin: Nicht zum Lachen ​
       
       > Selten werden Sexualstraftäter:innen verurteilt. Damit sie
       > trotzdem nicht weitermachen können wie bisher, ist Protest wie am 19. Mai
       > nötig.
       
   IMG Bild: Da vergeht einem das Lachen: Opfer werden nicht ernstgenommen, Täter machen weiter wie bisher
       
       Über sexualisierte zu Gewalt reden ist nicht einfach – aber unglaublich
       wichtig. Für die Opfer ist es belastend, sich mit ihrer traumatischen
       Erfahrung an die Öffentlichkeit zu wenden, denn allzu oft setzen sie sich
       damit dem Risiko aus, angefeindet zu werden und dass ihre Glaubwürdigkeit
       infrage gestellt wird. In einer Täter-Opfer-Umkehr sind oft sie es, die an
       den Pranger gestellt werden, statt der Täter. Und das, obwohl jede vierte
       Frau im Laufe ihres Lebens sexuelle Gewalt erlebt, ganz zu schweigen von
       den alltäglichen Herabwürdigungen, die Frauen durch Männer erfahren.
       
       Vom bürgerlichen Staat haben die Betroffenen jedoch wenig Hilfe zu
       erwarten. Die strafrechtliche Verfolgung ist nur unzureichend und zeigt,
       dass wir nach wie vor in einer patriarchalen Welt leben, in der Männer die
       Regeln machen und bestimmen, was glaubwürdig ist und was nicht.
       
       Besonders schwierig wird es, wenn es sich bei den Tätern um prominente
       Persönlichkeiten handelt. Fans rechnen erbarmungslos mit jeder Frau ab, die
       das positive Bild ihres Idols zerstört. Allzu oft bleiben die Taten dann
       auch ohne Konsequenzen. Statt den Betroffenen zuzuhören, sie ernst zu
       nehmen und sich mit den eigenen Denk- und Verhaltensweisen
       auseinanderzusetzen, ziehen sich die Beschuldigten einfach eine Weile aus
       der Öffentlichkeit zurück und dann gehen sie back to normal.
       
       Bei den jüngst bekannt gewordenen [1][Vorwürfen sexualisierter Gewalt gegen
       den Feine Sahne Fischfilet Sänger] Jan Gorkow aka Monchi verspricht die
       Band, die Vorwürfe ernst zu nehmen und sich sensibel und verantwortungsvoll
       damit auseinanderzusetzen. Das tun jedoch längst nicht alle.
       Negativ-Beispiel dafür ist Luke Mockridge. Mehrere Frauen haben ihm
       sexuelle Nötigung vorgeworfen, [2][doch von einer Auseinandersetzung damit
       ist Mockridge weit entfernt]. Konsequenzen muss der Comedian dennoch nicht
       fürchten. Nach einer kurzen Bühnenpause ist er wieder zurück und tourt
       durch Deutschland. Bei seinen 40 Auftritten in 24 Städten können wir uns
       jetzt schon auf den nächsten K.O.-Tropfen Witz freuen.
       
       [3][Viele finden das jedoch gar nicht zum lachen] - was es auch nicht ist.
       Ein feministisches Bündnis ruft daher dazu auf, Luke Mockridges Auftritt in
       Berlin zu stören. Unter dem Motto „keine Show für Täter“ rufen sie zu einer
       [4][Kundgebung an diesem Donnerstag (19. Mai) vor der Mercedes Benz Arena
       auf.] Dabei geht es nicht nur darum, Einzelpersonen wie Mockridge an den
       Pranger zu stellen, sondern den Finger in die Wunde von Strukturen zu
       legen, die sexuelle Gewalt ermöglichen oder sogar begünstigen (Donnerstag
       19. Mai, 18 Uhr an der Mercedes Benz Arena, Hedwig-Wachenheim-Straße Ecke
       Wanda-Kallenbach-Straße).
       
       ## Prozesse gegen Besetzer:innen
       
       In letzter Zeit ist es wieder ruhig geworden rund um das
       Obdachlosen-Hausprojekt in der Habersaathstraße in Berlin-Mitte. Ende April
       war [5][der Eigentümer damit gescheitert], die 50 Obdachlosen, die seit
       Anfang des Jahres in dem lange leerstehenden Gebäudekomplex ein Zuhause
       gefunden haben, kurzerhand rauszuwerfen – wobei er sich nicht zu schade
       war, [6][Obdachlose gegen Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine auszuspielen.]
       
       Nun können die neuen Bewohner*innen zwar vorerst bleiben, zumindest bis
       das Haus abgerissen wird, den Menschen, die dies ermöglicht haben, wird
       derweil jedoch der Prozess gemacht. Zweimal wurde das ehemalige
       Schwesternwohnheim besetzt, bevor die Obdachlosen dort einziehen konnten.
       Zwei der Aktivist*innen, die im Oktober 2020 zum ersten Mal versucht
       hatten, das Haus zu besetzen, stehen am Freitag wegen Hausfriedensbruch vor
       Gericht. Wer findet, dass Häuser zum Wohnen und nicht zum Spekulieren da
       sind und Besetzung von Leerstand kein Verbrechen ist, kann am Freitag zur
       Kundgebung vor dem Gerichtsgebäude kommen, um die Angeklagten zu
       unterstützen (Freitag 20. Mai, 9 Uhr, Amtsgericht Tiergarten, Kirchstraße
       6).
       
       Auch Dieter Eich war lange obdachlos, [7][bevor er in der Nacht vom 24. auf
       den 25. Mai 2000 von Neonazis in seiner Wohnung ermordet wurde.] Lange Zeit
       kämpfte die Initiative „Niemand ist vergessen“ für eine Gedenktafel, um den
       sozialchauvinistischen und faschistischen Mord im Viertel präsent zu machen
       und dafür zu sorgen, dass er ein Teil der Bucher Geschichte wird und dass
       Dieter Eich nicht in Vergessenheit gerät. Zum diesjährigen Todestag wird
       nun endlich eine Gedenktafel für ihn errichtet, [8][die feierlich
       eingeweiht wird, um anschließend allen Opfern und Betroffen rechter Gewalt
       zu gedenken] (Dienstag 24. Mai, 17 Uhr, Walter-Friedrich-Straße 52,
       Pankow).
       
       18 May 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://nmts.noblogs.org/post/2022/05/12/niemand-muss-taeter-sein/
   DIR [2] /Vergewaltigungsvorwurf-gegen-Mockridge/!5791214
   DIR [3] /Folgen-von-Ko-Tropfen/!5846419
   DIR [4] https://keineshowfuertaeter.noblogs.org/de/berlin-19-05/
   DIR [5] /Besetztes-Wohnheim-in-Berlin/!5851385
   DIR [6] /Verhandlung-um-Habersaathstrasse/!5849247
   DIR [7] /Todesopfer-rechter-Gewalt-in-Berlin/!5505587
   DIR [8] https://antifa-nordost.org/13003/erinnern-an-dieter-eich-einweihung-der-gedenktafel/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Marie Frank
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt #metoo
   DIR taz Plan
   DIR Kolumne Bewegung
   DIR Sexualisierte Gewalt
   DIR Spekulation
   DIR Kolumne Red Flag
   DIR Berlin-Mitte
   DIR Schwerpunkt #metoo
   DIR Amadeu-Antonio-Stiftung
       
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       Die Comedian Joyce Ilg hat einen Witz über K.-o.-Tropfen gemacht. Gerade
       als Betroffene stellt sich die Frage, wieso jemand über so etwas lachen
       will.
       
   DIR Todesopfer rechter Gewalt in Berlin: Vorwärts gegen das Vergessen
       
       Die Zahl der Todesopfer rechter Gewalt in Berlin ist nach oben korrigiert.
       Einer der Fälle: der Mord an Dieter Eich im Stadtteil Buch.