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       # taz.de -- Vor Gericht gegen den Klimawandel: Ulf verklagt Volkswagen
       
       > VW trage Mitschuld an der Erderhitzung, argumentiert ein Landwirt. Er
       > will den Konzern zum Klimaschutz verpflichten lassen.
       
   IMG Bild: Ulf Allhoff-Cramer auf dem Gelände seines Hofs nahe Detmold
       
       Berlin taz | Im Sommer 2018 wurde die [1][Klimakrise] für Ulf
       Allhoff-Cramer persönlich. Die Acker des Bio-Bauern, der seinen Hof bei
       Detmold hat, waren braun. Vertrocknet. „Die Tiere hatten nichts zu fressen
       und wir mussten denen im Sommer was von dem zu fressen geben, was
       eigentlich für den Winter gedacht war“, berichtet Allhoff-Cramer in einem
       Video der Umwelt-NGO Greenpeace. „Dass dann noch zwei Dürrejahre kommen,
       das war einfach unvorstellbar für uns“, sagt der Bauer. „Aber so war es.“
       
       Das Video heißt „Warum verklagst du Volkswagen, Ulf?“. Denn genau das macht
       Allhoff-Cramer, zusammen mit drei anderen Personen und unterstützt von
       Greenpeace. Er will den Autokonzern als einen der großen
       Klimawandel-Verursacher zur Verantwortung ziehen. Am Freitag beginnt das
       Verfahren vor dem Landgericht Detmold.
       
       Die Kläger:innen wollen, dass Volkswagen juristisch zum Klimaschutz
       verpflichtet wird, wie es bei Staaten wie den Niederlanden und auch
       [2][Deutschland schon der Fall] war. Sie argumentieren unter anderem mit
       einer Studie, die Greenpeace selbst einmal durchgeführt hat, nach der der
       CO2-Fußabdruck von VW in etwa dem von Australien entspreche – einem der
       ganz großen Verschmutzer unter den Staaten. Konkret soll der Autobauer bis
       2029 nur noch maximal ein Viertel seiner verkauften Autos mit
       Verbrennungsmotoren ausrüsten dürfen. Und danach, ab 2030, soll damit ganz
       Schluss sein. Die Emissionen des Konzerns sollen bis dahin um 65 Prozent im
       Vergleich zu 2018 sinken.
       
       VW habe „spätestens seit 1983“ von der Klimakrise und der Bedeutung der
       Autos dafür gewusst, meint Greenpeace mit Verweis auf eigene Recherchen.
       Statt das Geschäftsmodell daraufhin zu ändern, habe der Konzern dann in der
       Öffentlichkeit Zweifel an der Klimaschädlichkeit von Autos gesät und
       Klimaschutz in der Branche aktiv verhindert, kritisiert die NGO.
       
       „Diese Fehlentscheidungen des Konzerns stehen für das langjährige Versagen
       der deutschen Wirtschaft im Klimaschutz“, meint der deutsche
       Greenpeace-Geschäftsführer Martin Kaiser, der auch einer der
       Kläger:innen ist. „Bei VW ist dies besonders skandalös, weil der Konzern
       seine Macht als größter europäischer Autohersteller gegen die Politik und
       das Allgemeinwohl eingesetzt hat.“
       
       ## Den genauen Grund für Dürren zu finden ist kompliziert
       
       Bei Volkswagen sieht man das anders. „In einer freiheitlich-demokratischen
       Rechtsordnung sind die wesentlichen Entscheidungen durch den Gesetzgeber zu
       treffen“, heißt es bei VW. Klagen gegen „einzelne herausgegriffene
       Unternehmen“ seien angesichts der Komplexität des Klimaschutzes ungeeignet.
       Das Unternehmen glaubt nicht an einen Erfolg der Klage und will die
       Abweisung beantragen.
       
       [3][Während es zum Beispiel bei Hitzewellen ganz deutlich ist, dass sie
       durch die Klimakrise praktisch überall häufiger und intensiver werden], ist
       die Lage bei Dürren komplizierter. Nicht nur die Niederschlagsmenge spielt
       eine Rolle. Wie viel Wasser letztlich im Boden oder in Gewässern bleibt,
       hat auch mit anderen Faktoren wie der Temperatur und damit einhergehender
       Verdunstung sowie der Bodenbeschaffenheit zu tun.
       
       Nicht überall auf der Welt werden Dürren zunehmen. An manchen Orten wird es
       sogar nasser. Für Landwirt:innen ist natürlich auch das ein Problem. In
       Europa ist laut Weltklimarat bisher besonders der Mittelmeerraum zunehmend
       von Dürren betroffen. Auch in Mitteleuropa könnten sie jedoch in Zukunft
       bei fortschreitender Erderhitzung häufiger werden.
       
       „Wir Bäuer:innen, hier und überall auf der Welt, spüren die Folgen der
       Erderhitzung an allen Ecken und Kanten“, sagt Allhoff-Cramer, der hofft,
       dass sein Sohn seinen Hof irgendwann übernehmen kann. „Sie ist
       existenzbedrohend für uns.“
       
       19 May 2022
       
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