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       # taz.de -- Tesla fliegt aus Nachhaltigkeitsindex: Musk-Konzern in der Kritik
       
       > Punktabzug für den Autobauer Tesla wegen schlechter Arbeitsbedingungen
       > und mangelhafter CO2-Reduktion. Elon Musk versteht die Welt nicht mehr.
       
   IMG Bild: Ein Transporter mit Tesla-Fahrzeugen in Kalifornien
       
       Berlin taz | Es ist nichts Besonderes, dass Elon Musk sich auf Twitter
       echauffiert. Wenn er sich dabei aber darüber aufregt, dass sein
       Automobilkonzern Tesla aus dem Nachhaltigkeitsindex des Dow Jones geflogen
       ist, während der Ölkonzern ExxonMobil unter den Top Ten landet, wird man
       hellhörig.
       
       Am Mittwoch verkündete die Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) [1][in
       einem Blogpost], dass der einstige Branchenprimus Tesla trotz seines Ziels,
       den Übergang zu nachhaltiger Mobilität zu beschleunigen, aus dem
       Nachhaltigkeitsindex S&P 500 ESG, den fünfhundert größten als nachhaltig
       eingestuften Dow-Jones-Unternehmen gestrichen wurde. Elon Musk bezeichnete
       daraufhin die Anlagekategorie als Schwindel und warf dem Indexanbieter vor,
       seine Integrität verloren zu haben.
       
       ESG steht für Environmental, Social und Governance. Der Index umfasst die
       fünfhundert wertvollsten Unternehmen, die in den Augen der Ratingagentur
       nachhaltig und sozial wirtschaften und eine gute Unternehmensführung haben.
       Die Ursache für das Ausscheiden Teslas ist ein zu niedriger ESG-Score im
       Vergleich zur Konkurrenz. Teslas Ergebnis rutschte ins untere Viertel der
       Kategorie Automobile und Autoteile. Der ESG-Score umfasst Hunderte
       Kriterien, an denen abgelesen werden kann, wie ein Unternehmen Umwelt,
       Mitarbeiter:innen und Aktionär:innen behandelt.
       
       ## Klage gegen Tesla
       
       Gründe für den Absturz gibt es laut S&P viele. Zum einen fehle eine
       Unternehmensstrategie zur Reduktion des eigenen CO2-Fußabdrucks. Zum
       anderen sieht sich Tesla mit Vorwürfen und Klagen wegen Diskriminierung und
       schlechter Arbeitsbedingungen im Werk in Fremont konfrontiert. Eine
       kalifornische Zivilrechtsorganisation verklagte Tesla wegen [2][Hunderter
       Fälle von Rassismus], wonach Schwarzen Mitarbeiter:innen angeblich
       routinemäßig der Aufstieg im Unternehmen verwehrt wurde.
       
       Hinzu kommt die mangelhafte Aufarbeitung teils tödlicher Unfälle des
       Fahrassistenten „Autopilot“. Während der ESG-Score von Tesla über die
       letzten Jahre trotzdem relativ stabil blieb, stieg der Durchschnittswert
       vergleichbarer Unternehmen, weshalb Tesla nach unten durchgereicht wurde.
       
       Elon Musks Wut entzündete sich auch am Umstand, dass der Energiekonzern
       ExxonMobil unter den zehn bestbewerteten Unternehmen in Sachen
       Nachhaltigkeit rangiert, während Tesla es nicht einmal in den Index
       schaffte. „Was Musk nicht versteht, ist, dass Ratingagenturen nicht nur das
       Produkt bewerten, sondern auch die Unternehmensführung und
       Sozialverträglichkeit“, gibt Christian Klein, Professor für
       Finanzwirtschaft an der Uni Kassel, zu bedenken.
       
       ## Kritik an ESG-Indizes
       
       Prinzipiell sei die Kritik von Musk aber nachvollziehbar, so Klein: „Es
       gibt Tausende ESG-Fonds weltweit. Der Begriff Nachhaltigkeit ist jedoch
       nicht genau definiert, weswegen eine Bewertung immer im Auge der
       Ratingagentur liegt.“ Er plädiert deshalb für einheitliche Regeln und
       Verfahren, nach denen die Unternehmen bewertet werden. Aufgrund der
       Leitwirkung des S&P-Index sei es möglich, dass Tesla aus weiteren Listen
       gestrichen wird, meint Klein.
       
       Kritik an ESG-Finanzprodukten gibt es schon länger. Immer wieder wird den
       Fonds [3][Greenwashing vorgeworfen] „Diese Vorwürfe sind durchaus
       berechtigt,“ sagt Gregor Weiß, Finanzwirtschaftler an der Uni Leipzig: „Die
       schlechte Messbarkeit der Nachhaltigkeit von Finanzprodukten trägt
       maßgeblich dazu bei, dass dort viel Greenwashing betrieben wird.“
       
       Das Verbraucherportal [4][Faire Fonds] berichtete am Donnerstag, dass laut
       einer von ihnen durgeführten Studie nur 10 Prozent der untersuchten
       ESG-Fonds frei von Kontroversen seien. Insgesamt hat das Portal 1.081
       vermeintlich nachhaltige Fonds untersucht. Davon hatten beispielsweise über
       40 Prozent in Rüstungsunternehmen investiert.
       
       Obwohl Tesla aus dem S&P-Nachhaltigkeitsindex geflogen ist, lässt sich
       seine Vorreiterrolle in der Branche kaum bestreiten. „Es war berechtigt,
       dass Tesla so lange in den ESG-Fonds geführt wurde und das bei Tausenden
       anderen Fonds auch noch wird. Immerhin hat das Unternehmen einen wichtigen
       Beitrag zur Popularität von Elektroautos geleistet“, findet Gregor Weiß.
       „Genauso berechtigt ist es aber auch, dass Tesla jetzt aufgrund von
       Kontroversen in der Unternehmensführung und bei den Arbeitsbedingungen
       gestrichen wurde.“
       
       19 May 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.indexologyblog.com/2022/05/17/the-rebalancing-act-of-the-sp-500-esg-index/
   DIR [2] https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/tesla-rassismus-kalifornien-101.html
   DIR [3] /Proteste-gegen-Deutsche-Bank/!5855736
   DIR [4] https://www.faire-fonds.info/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Denis Pscheidl
       
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