# taz.de -- Neues Gesetz im US-Staat Oklahoma: Abtreibungen fast unmöglich
> Oklahoma verabschiedet ein Gesetz, das Abtreibungen ab Empfängnis
> verbietet, mit nur wenigen Ausnahmen. Der Gouverneur muss noch
> unterschreiben.
IMG Bild: Radikaler Abtreibungsgegner: Kevin Sitt, Gouverneur von Oklahoma
New York taz | 26 Kräuter hängen von der riesigen blauen USA-Karte
herunter: Je eine Pflanze pro Bundesstaat, der künftig die
Abtreibungsrechte einschränken könnte, hat das Kollektiv „How to Perform an
Abortion“ („Wie man einen Schwangerschaftsabbruch durchführt“) auf der
Kunstmesse Frieze in New York gepflanzt. Auch auf der Fläche von Oklahoma
grünt es üppig.
Am Donnerstag hat das Parlament des nordöstlich von Texas liegenden
Bundesstaates ein Gesetz verabschiedet, das die derzeit geltenden
Einschränkungen in den Schatten stellt: Es handelt sich um ein fast
komplettes Verbot von Abtreibungen ab dem Zeitpunkt der Befruchtung,
berichten US-Medien.
Demnach sind nur wenige Ausnahmen vorgesehen, etwa um in medizinischen
Notfällen das Leben der Schwangeren zu retten oder bei einer der Polizei
gemeldeten Vergewaltigung. Der [1][Gesetzentwurf] definiert ein
„ungeborenes Kind“ als menschlichen Fötus oder Embryo in jedem Stadium der
Schwangerschaft von der Befruchtung bis zur Geburt.
Der [2][republikanische Gouverneur Kevin Stitt] hat das Gesetz noch nicht
unterschrieben. Das ist aber zu erwarten, da er angekündigt hat, alle
Initiativen gegen Schwangerschaftsabbrüche zu unterzeichnen, die auf seinen
Schreibtisch kommen. So hatte er Anfang Mai erst ein Gesetz unterschrieben,
das ähnlich dem texanischen „Herzschlag-Gesetz“ eine Abtreibung nach circa
6 Wochen verbieten würde.
Eigentlich schützt das [3][Grundsatzurteil „Roe v. Wade“] aus dem Jahr 1973
US-weit das Recht von Frauen, einen Schwangerschaftsabbruch in Anspruch
nehmen zu können – und zwar bis zu dem Zeitpunkt, an dem der Fötus
außerhalb des schwangeren Körpers lebensfähig wäre. Das ist etwa ab der 24.
Woche der Fall.
## Restriktive Gesetze in den Startlöchern
Doch das Urteil steht derzeit unter Beschuss: Nach einem geleakten
Urteilsentwurf gibt es am Supreme Court eine Mehrheit dafür, „Roe v. Wade“
zu kippen. Eine offizielle Entscheidung wird für Juni erwartet. Für den
möglichen Fall von „Roe v. Wade“ haben viele republikanisch regierte
Bundesstaaten schon restriktive Anti-Abtreibungsgesetzgebungen
verabschiedet, die dann in Kraft treten würden – sogenannte „trigger laws“.
Das neue Gesetz in Oklahoma ermöglicht schon jetzt allen Privatpersonen,
die Menschen zu verklagen, die Hilfe oder Beihilfe für Abbrüche leisten –
etwa Ärzt*innen oder womöglich sogar Menschen, die Abtreibungswillige zur
Klinik fahren. Damit umgeht der Staat die durch „Roe v. Wade“ zugesicherte
Abtreibungsfreiheit – weil es nicht der Staat ist, der die Gesetzgebung
durchsetzt, sondern Bürger*innen.
Sobald Gouverneur Stitt also unterschrieben hat, tritt das neue
Abtreibungsverbot in Kraft. Wie die [4][Nachrichtenagentur ap] berichtete,
würden die letzten beiden verbleibenden, unabhängigen Abtreibungskliniken
in Oklahoma nach Angaben ihres Anwalts dann ihre Dienste einstellen. Zwei
weitere Kliniken hatten bereits nach dem Sechs-Wochen-Verbot von Anfang Mai
ihre Abtreibungsleistungen aufgegeben.
Die Präsidentin der Gesundheitsorganisation Planned Parenthood, Alexis
McGill Johnson, kündigte ein juristisches Vorgehen gegen das Gesetz an:
Planned Parenthood und ihre Mitstreiter*innen „sind bereits vor
Gericht, um dieses und andere Verbote zu blockieren – und werden alles in
diesen Kampf einbringen, was wir haben“.
20 May 2022
## LINKS
DIR [1] https://legiscan.com/OK/text/HB4327/2022
DIR [2] https://twitter.com/GovStitt
DIR [3] /Abtreibungsrecht-in-den-USA/!5851890
DIR [4] https://apnews.com/article/abortion-us-supreme-court-politics-texas-legislature-a43f7f21c1b8e07a383b120d1bdbc695
## AUTOREN
DIR Eva Oer
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