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       # taz.de -- Nach den Wahlen in Australien: Neustart in Canberra
       
       > Die Menschen in Australien haben die konservative Morrison-Regierung
       > abgewählt – zu Recht. Die Wende birgt die Hoffnung auf eine neue
       > Klimapolitik.
       
   IMG Bild: Nach zehn Jahren zurück an der Macht: Australiens Labor-Partei unter Anthony Albanese
       
       Eine Vendetta der Mehrzahl der in Australien dominanten Medien des Konzerns
       von Rupert Murdoch gegen [1][Anthony Albanese] – oftmals in Koordination
       mit der konservativen Regierung – hatte die Wahlchancen der Labor-Partei in
       den letzten Wochen zunehmend schwinden lassen. Ohne diese Manipulation des
       Wahlprozesses durch den greisen Medienzaren hätten die Sozialdemokraten
       wohl eigenständig eine Mehrheit im Parlament bilden können.
       
       Stattdessen werden sie sich möglicherweise auf Unabhängige und Grüne
       verlassen müssen, um regieren zu können. Ein Vorgänger Albaneses hatte
       Murdoch einst als „Gefahr für die Demokratie“ bezeichnet. Doch der Wunsch
       des Volkes nach einem Richtungswechsel war stärker als der Klammergriff des
       Amerikaners an der öffentlichen Meinung. Denn die Signale, dass das Land
       unter den Konservativen in eine gefährliche Zukunft marschierte, waren
       immer offensichtlicher geworden.
       
       Besonders beim Thema Klimaschutz. Trotz zerstörender Überflutungen,
       tödlicher Waldbrände und dem nun als praktisch sicher geltenden Sterben des
       Great Barrier Reef beharrte Noch-Premier [2][Scott Morrison] auf der
       Erweiterung der klimazerstörerischen, aber lukrativen Kohleindustrie.
       Einige Mitglieder der alten Regierung sind ihr in einer Weise verbunden,
       die in anderen Ländern wohl als korrupt bezeichnet würde.
       
       Dass immer mehr Australierinnen und Australier anfingen, das von der
       Morrison-Regierung gesponnene Netz von Lügen und Halbwahrheiten zu
       hinterfragen – etwa, dass Kohle durch CO2-Absaugungstechnologie in großem
       Umfang „sauber“ gemacht und damit weiter exportiert werden könne –, trug
       maßgeblich zum Wahlausgang bei.
       
       Selbst der konservativste Wähler hat ein offenes Ohr für – laut Morrison –
       „linke“ Wissenschaftler, wenn er einmal die Flammen eines herannahenden
       [3][Buschfeuerinfernos] mit dem Gartenschlauch bekämpfen musste. Experten
       warnen seit Jahren vor dem Zusammenhang zwischen immer häufigeren
       „Jahrhundertkatastrophen“ und globaler Erhitzung. Die Regierung dagegen
       verbot ihren Wissenschaftlern zeitweise sogar, das Wort Klimawandel auch
       nur zu erwähnen.
       
       Das Wahlresultat bedeutet aber nicht, dass sich Australien begeistert Labor
       zuwandte. Im Gegenteil. Der Wahlanteil der Sozialdemokraten landesweit ist
       mäßig. Immer mehr Australierinnen und Australier können sich nicht mehr mit
       den Großparteien identifizieren. Vielmehr werden mehrere parteipolitisch
       unabhängige Frauen in Canberra einziehen.
       
       Unterstützt von Tausenden Freiwilligen hatten sie sich Klimaschutz auf die
       Fahne geschrieben und so in mehreren bisher erzkonservativen Wahlkreisen
       Parlamentarier vom Sockel gestoßen. Bürgerpolitik statt Parteienideologie.
       Anthony Albanese sollte auf den Wunsch der Wählerinnen und Wähler
       reagieren.
       
       22 May 2022
       
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