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       # taz.de -- Soziale Bewegungen in Berlin: Keine Macht für Niemand
       
       > Letztendlich dreht sich alles um Macht: Erst wenn wir sie verstehen,
       > können wir ihr etwas entgegensetzen.
       
   IMG Bild: Machtausübung macht häufig unbeliebt, wie hier im Falle der Polizeiwache am Kottbusser Tor
       
       Wie entsteht Macht? Jede Person, die sich gegen die bestehenden
       Herrschaftsverhältnisse ernsthaft engagiert, kommt nicht drum herum, sich
       mit dieser Frage auseinanderzusetzen. Kapitalismus, Sexismus, Rassismus und
       noch viele weitere -ismen – irgendwo muss der ganze Mist ja seinen Ursprung
       haben. Und irgendwie muss es einen Weg geben, ihn auch wieder loszuwerden.
       
       Über die Frage der Macht haben sich schon unzählige Theoretiker:innnen
       und Philosoph:innen die Köpfe zerbrochen und viele schlaue und
       wahrscheinlich auch richtige Antworten gefunden. In klassischen
       Verständnissen wird Macht dabei immer als etwas dingliches dargestellt, was
       man bekommt, hat oder übergibt. So werden Politiker:innen durch Wahlen
       legitimiert und bekommen ein Mandat, in dessen Rahmen sie Macht ausüben
       können.
       
       Die Realität ist für viele Politiker:innen dann doch nicht so einfach.
       Trotz ihres Mandats ist Macht nicht einfach da, sondern um ihre Vorhaben
       durchzusetzen, müssen sie ständig Allianzen knüpfen und Netzwerke stärken –
       auch mit Akteuren, die nicht selten keinerlei demokratische Legitimation
       haben.
       
       ## Die Macht der Netzwerke
       
       Aktuelles Beispiel dafür ist Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD),
       [1][deren Herzensprojekt es ist, eine Polizeiwache am Kottbusser Tor] zu
       errichten. Dafür veranstaltet die Senatorin ein [2][„politisches Dinner“]
       mit dem Lobby-Verein „Berliner Wirtschaftsgespräche“. Der Eintritt kostet
       transparente und demokratische 60 Euro, moderiert wird das Ganze von der
       stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden des Vereins, Gabriele Thöne, die
       selbst mal SPD-Staatsekretärin war und nun in der freien Wirtschaft unter
       anderem [3][das umstrittene Aquarium „Coral World“ realisiert.]
       
       Der ursprüngliche Titel „Die Kotti-Wache kommt – vom
       kriminalitätsbelasteten zum lebenswerten Ort“ wurde vor kurzem geändert,
       der inhaltliche Schwerpunkt dürfte aber derselbe bleiben. Die Initiative
       [4][„Kotti für Alle“] fürchtet deswegen, mit „lebenswert“ meine Spranger
       „schicke Läden, teure Restaurants und wo vor allem diese ekelhafte Armut
       nicht auffällt“, wie es in einem [5][Aufruf der Initiative] heißt. Um die
       Lobby-Veranstaltung der Innensenatorin zu stören, veranstaltet die
       Initiative eine Kundgebung vor dem Hotel, indem das Dinner stattfindet
       (Dienstag, 24. Mai, vor dem Sheraton Berlin Grand Hotel Esplanada,
       Lützow-Ufer 15, 18:30 Uhr).
       
       Netzwerke und Allianzen sind eine Quelle der Macht, auf die nicht nur
       Politiker:innen und Unternehmer:innen gerne zurückgreifen,
       sondern seit jeher fester Bestandteil emanzipatorischer Bewegungen.
       [6][„Together in Love and Rage. Kongress für die anarcha-queerfeministische
       Revolte“] heißt zum Beispiel ein viertägiger Kongress, bei dem gemeinsam
       die Möglichkeiten und Chancen des militanten Feminismus ausgelotet werden
       sollen. Neben Inputs zur Geschichte, Theorien und internationalem
       Erfahrungsaustausch, gibt es auch viele praktische Workshops, wie
       Demotrainings und Selbstverteidigungskurse (Donnerstag, 26. Mai, 17 Uhr,
       bis Sonntag, 29. Mai., Schule für Erwachsenenbildung, Gneisenaustr. 2a).
       
       ## Dem Geld folgen
       
       Geld und Macht sind zwei Dinge, die untrennbar zusammengehören. Eine
       einfache Art, Macht zu analysieren, ist also einfach dem Geld zufolgen. So
       ist anzunehmen, dass der größte Teil des 100 Milliarden schweren
       Sondervermögens bei der Rüstungsindustrie landen wird. Die Entwicklung und
       Beschaffung neuer Waffensysteme verschlingt absurd viel Geld, allein der
       Einkauf der F-35 Tarnkappenbomber soll mindestens 4 Milliarden Euro kosten.
       Zu befürchten ist, dass die Schulden mit Kürzungen bei Sozialeistungen
       refanziert werden – wiedermal eine klassische Umverteilung von unten nach
       oben.
       
       Um den Aufrüstungsplänen etwas entgegenzusetzten, veranstaltet das Netzwerk
       Wedding eine [7][„antimilitaristische Fahrradtour“]. Während der Velo-Demo
       geht es zu den Bürostandorten der in Mitte ansässigen Rüstungskonzerne wie
       Heckler und Koch, Thyssen Krupp und Krauss-Maffei-Wegmann (Samstag, 28.
       Mai, S-Anhalter Bahnhof, 14 Uhr).
       
       23 May 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Polizeiwache-am-Kottbusser-Tor/!5843192
   DIR [2] https://www.bwg-ev.net/veranstaltung/politisches-dinner-mit-senatorin-spranger/
   DIR [3] /Coral-World-an-der-Rummelsburger-Bucht/!5850725
   DIR [4] /post/2022/05/20/kundgebung-gegen-das-politische-dinner-mit-innensenatorin-iris-spranger-am-
   DIR [5] https://kottifueralle.noblogs.org/post/2022/05/20/kundgebung-gegen-das-politische-dinner-mit-innensenatorin-iris-spranger-am-24-05/
   DIR [6] https://militanztweiter.noblogs.org/
   DIR [7] https://netzwerkwedding.noblogs.org/2022/05/kriegsprofiteure-gleich-neben-an-fahrradtour/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jonas Wahmkow
       
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