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       # taz.de -- Religionsstreit in Indien: Ärger um Propheten-Schmähung
       
       > Eine hindunationalistische Politikerin hat eine abfällige Bemerkung über
       > den Propheten Mohammed gemacht. Nun gerät Indiens Regierung unter Druck.
       
   IMG Bild: „Verhaftet Nupur Sharma!“: Muslimischer Protest gegen die BJP-Politikerin in Mumbai am Montag
       
       Mumbai taz | Für viele Muslim:innen gibt es eine rote Linie, die in
       Indien gerne als sogenannte Lakshman Rekha bezeichnet wird. Wortwörtlich
       ist es die Linie, die der Hindu-Krieger Lakshman zog und die nicht
       übertreten werden soll. Diese Grenze hat die [1][hindunationalistische]
       Politikerin Nupur Sharma nun für viele überschritten, als sie sich bei
       einer TV-Debatte über einen andauernden Moschee-Streit in Nordindien
       abfällig über den Propheten Mohammed äußerte. Sie griff das Narrativ auf,
       dass der Prophet eine Minderjährige geheiratet und mit ihr Verkehr hatte,
       was ihr nun mächtig Ärger und Empörung beschert.
       
       Damit verletze sie nicht nur die Gefühle der Muslime, sondern schaffe auch
       Feindschaft zwischen verschiedenen Gesellschaftsschichten, äußerte sich der
       muslimische Oppositionspolitiker Asaduddin Owaisi. In seiner
       Polizeibeschwerde hieß es, Sharma habe „beleidigende, falsche und
       verletzende“ Worte verwendet.
       
       Spätestens seit Sonntag sieht sich Neu-Delhi aufgrund der Aussagen der nun
       suspendierten BJP-Politikerin mit wachsendem diplomatischen Druck
       konfrontiert. Länder in der Golfregion, darunter der Iran, brachten ihre
       Besorgnis über den wachsenden „Extremismus und Hass“ zum Ausdruck. Katar
       und Kuwait bestellten die indischen Botschafter ein und forderten von
       Neu-Delhi eine „öffentliche Entschuldigung“ für die „islamfeindlichen“
       Äußerungen.
       
       Die Kontroverse vertiefte sich, als Vizepräsident Venkaiah Naidu zu Besuch
       nach Katar aufbrach. Der iranische Protest kam drei Tage vor dem Besuch des
       iranischen Außenministers in Delhi.
       
       ## Regierung spielt ‚Guter Bulle – böser Bulle‘
       
       Das indische Außenministerium distanzierte sich von den Äußerungen, nachdem
       die Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC), Katar, Kuwait und
       Pakistan diese scharf verurteilt hatten. Weitere muslimische Länder wie
       Saudi-Arabien zeigten sich empört.
       
       Die OIC, der 57 Staaten angehören, kommentierte scharf und nannte es einen
       „Übergriff eines offiziellen Mitglieds der regierenden Partei Indiens
       (BJP)“ und brachten die Äußerungen in Verbindung mit dem Hijab-Verbot an
       Bildungseinrichtungen in bestimmten indischen Bundesstaaten, Gewalt gegen
       Minderheiten und Zerstörung ihres Eigentums.
       
       Nupur Sharma sagte, es war nicht ihre Absicht, Gefühle zu verletzen. Die
       BJP suspendierte sie am Sonntag für sechs Jahre. Die Absolventin der London
       School of Economics sagt auch, dass sie nun bedroht werde. Dafür
       mitverantwortlich machte sie einen indischen Journalisten, der einen
       Videoclip ihrer Aussage aus der TV-Debatte im Netz teilte.
       
       „Die BJP hat nach Protesten aus Katar zwei Sprecher suspendiert. Das ist
       das, was die Amerikaner eine ‚Guter Bulle – böser Bulle‘-Routine nennen.
       Zuerst bringen sie ihre Leute dazu, unausstehlich zu sein. Dann geht man
       unter Druck gegen sie vor, um gemäßigt zu erscheinen,“ schimpft der
       indische Kongresspolitiker Jairam Ramesh.
       
       7 Jun 2022
       
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