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       # taz.de -- Zahlensalat im Klimawandel: Kenn dein Limit beim 2-Prozentigen!
       
       > Mit Zahlen haben es ja viele nicht so. Das kann zu ökologisch absolut
       > unwertvollen Ergebnissen führen. Manchmal ist es aber auch direkt
       > visionär.
       
   IMG Bild: Zwei Grad? Zwei Prozent? Wird schon passen?
       
       Berlin taz | Ich stehe in der Küche mit beiden Händen im Teig und wundere
       mich. Im Radio läuft ein Bericht aus dem schönen Davos: Beim
       Weltwirtschaftsforum, so heißt es, habe die Internationale Energieagentur
       geraten, im nächsten Winter einfach die Heizung runterdrehen, um Russland
       für seinen Angriff auf die Ukraine zu bestrafen.
       
       „Wenn wir in diesem Winter die Heizungstemperatur in Europa um zwei Prozent
       reduzieren, haben wir so viel Gas gespart, wie durch Nord Stream 1 fließt“,
       heißt es. Hmm. Moment mal. Zwei Prozent? Gemeint ist doch wohl eher: zwei
       Grad.
       
       Da ist es wieder, das Zwei-Grad-Ziel. Das ist ja auch [1][der heilige Gral
       im Klimaschutz], eine konkrete Zahl, mit der man politische Forderungen
       begründet: nicht mehr als zwei Grad Erderhitzung. Für ein so konkretes Ziel
       beim internationalen Artenschutz würden die Käfer und Kopffüßler der ganzen
       Welt ihre linken Fangarme opfern.
       
       Trotzdem zeigt sich auch bei diesen zwei Grad oft genug dieselbe
       Schnurzigkeit gegenüber Daten und Zahlen wie heute im Radio. Also mal
       abgesehen davon, dass das Zwei-Grad-Ziel genau genommen gar kein Ziel ist,
       sondern eine Grenze. Wir wollen sie ja nicht erreichen, sondern möglichst
       „deutlich darunter bleiben“, wie es im Pariser Klimaabkommen heißt.
       
       ## Wie war das noch mal: mehr oder weniger als zwei Grad?
       
       Selbst bei UmweltministerInnen ist gern mal vom Zwei-Prozent-Ziel die Rede,
       wenn der Redenschreiber gepennt hat. Na klar, das gibt es ja auch sonst
       überall: Zwei Prozent der Landfläche [2][brauchen wir für den Wind].
       Deutschland macht zwei Prozent der globalen Emissionen aus. Die Linke holt
       zwei Prozent in NRW. Und die Nato will auch zwei Prozent für Rüstung.
       
       Legendär auch die Mathe-Schwäche bei der Klimakonferenz im katarischen Doha
       2012: Große Plakate vor Ort [3][forderten „>2 degrees!“], also „über zwei
       Grad!“. Das beschrieb leider die Realität, nicht den Anspruch.
       
       Selbst Fachleute sind nicht gefeit: Auch Angela Merkel, Doktorin der
       Physik, redete ab und zu von „erneuerbarer Energie“, wenn nur „erneuerbarer
       Strom“ gemeint war.
       
       Mein Lieblingsunsinn ist allerdings: „Wir haben im vergangenen Jahr zu viel
       CO2 verbraucht“, was man gelegentlich von Halbexperten hört. Also stoßen
       wir das Zeug gar nicht mehr aus, sondern verfuttern es schon? Schön wär’s!
       
       Da rate ich zur Abwechslung mal zum totalen Überkonsum: Verbraucht,
       verschenkt, vergeudet, verschleudert so viel von dem Klimagift wie irgend
       möglich! Leistet euch zwei Promille, zwei Prozent, Faktor Zweihundert.
       Hauptsache: Weg mit dem Zeug! Das ist mal ein Versprecher, auf dem wir
       aufbauen können.
       
       28 May 2022
       
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