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       # taz.de -- Bericht der Europäischen Union: Verschwundene Pressefreiheit
       
       > Die EU veröffentlicht einen Report zur Pressefreiheit, in dem einige
       > Mitglieder schlecht wegkommen. Doch der verschwindet plötzlich von der
       > Homepage.
       
   IMG Bild: Kennt sich mit Pressefreiheit aus: Roberta Metsola, Präsidentin des Europäischen Parlaments
       
       Was passiert eigentlich, wenn die EU im Internet über die Lage der Presse-
       und Meinungsfreiheit in Europa informiert und dabei einige ihre
       Mitgliedstaaten eher mal schlecht wegkommen? Erraten! Das Ganze
       verschwindet heimlich still und leise wieder aus dem World Wide Web. „Wer
       sind denn da die Gegenspieler der Pressefreiheit im EU-Parlament?“, fragt
       die Mitbewohnerin. „Vielleicht sind sie für den Fehlerteufel verantwortlich
       und haben die Landingpage verschoben. Das WWW vergisst doch nie?“
       
       Doch dieses Jahr ist es einem Bericht des EU-Parlaments so ergangen – bei
       der „Situation of press freedom in the Member States“, die auf den Rankings
       und Analysen von Reporter ohne Grenzen (RSF) basierte. (Disclaimer: Ich
       habe an der diesjährigen „Nahaufnahme Deutschland“ von Reporter ohne
       Grenzen über die Situation hierzulande redaktionell mitgearbeitet.)
       
       „Die Pressefreiheit steht in der EU und weltweit unter Druck“, heißt es
       immerhin noch auf der Homepage des EU-Parlaments, das sich dort ausgiebig
       für seine Initiativen zur Unterstützung von unabhängigem Journalismus lobt.
       
       Doch der Bericht zur Situation in den Mitgliedstaaten „wurde plötzlich und
       ungerechtfertigt auf der offiziellen Parlaments-Website und aus dem
       Twitter-Account gelöscht. Ich bedaure diese inakzeptable und noch nie
       dagewesene Selbstzensur des Parlaments“, schreibt der griechische
       EU-Abgeordnete Dimitrios Papadimoulis an EU-Parlamentspräsidentin Roberta
       Metsola.
       
       Metsola kommt aus Malta (RSF-Listenplatz 78) und kennt sich daher in Sachen
       Pressefreiheit aus. 2017 wurde auf der Mittelmeerinsel die
       Investigativ-Journalistin [1][Daphne Caruana Galizia] ermordet, weil sie
       mit ihren Recherchen korrupten Regierungskreisen zu nahe gekommen war. Die
       verschleppten auch die Ermittlungen, was 2019 Labour-Premierminister Joseph
       Muscat das Amt kostete. Metsola hatte sich vehement für die konsequente
       Aufklärung des Mordes eingesetzt.
       
       Papadimoulis, Vertreter der radikalen Linken Griechenlands (RSF-Listenplatz
       108) ist übrigens nicht irgendwer, sondern einer der Vizepräsidenten des
       Europaparlaments.
       
       An die Adresse seiner Chefin schreibt er nun: „Ich bin sicher, dass alle
       nötigen Maßnahmen getroffen werden, den Bericht wieder hochzuladen. Genauso
       wichtig ist es, die Verantwortlichen für diesen nicht hinnehmbaren Vorgang
       ausfindig zu machen. Pressefreiheit und Rechtsstaatlichkeit sind
       fundamentale Prinzipien und europäische Werte, die das Parlament absichern
       muss.“ Der Brief ging auch an alle FraktionsvorsitzendeN im Europäischen
       Parlament.
       
       Vom verschwundenen Bericht ist beim Schreiben dieser Zeilen allerdings noch
       nichts zu sehen. [2][Aber immerhin gibt es einen Link auf die RSF-Rangliste
       der Pressefreiheit].
       
       27 May 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Schwester-ueber-ermordete-Journalistin/!5641635
   DIR [2] https://www.europarl.europa.eu/news/en/headlines/society/20220513STO29508/press-freedom-the-european-parliament-in-support-of-journalists
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Steffen Grimberg
       
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