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       # taz.de -- Kostet die Elphi-Plaza bald fünf Euro?: Ausblick für alle!
       
       > Wird der Blick von der Elbphilharmonie kostenpflichtig, dann ist das
       > Kaufmannslogik. Die aber darf nie unwidersprochen gelten – nicht mal in
       > Hamburg.
       
   IMG Bild: Beliebte Plattform: Die Aussicht von der Plaza der Elbphilharmonie könnte bald Eintritt kosten
       
       Kaum ein Satz ist so gerne bemüht worden wie der, dass sie ein „Haus für
       alle“ werden sollte. Zwar kam [1][die Elbphilharmonie] deutlich später als
       versprochen. Auch gekostet hat sie ein Vielfaches der Summen, mit denen
       einst ein Erster Bürgermeister um Zustimmung buhlen ging. Aber [2][dann
       stand es ja doch,] das Konzerthaus für alle: mindestens für jene, die Musik
       interessiert und die an Eintrittskarten gelangen.
       
       „Das ist unser Balkon, frei zugänglich für jedermann und jede Frau“, so hat
       es Olaf Scholz gesagt, damals gerade Erster Bürgermeister, als er 2016 die
       „Plaza“ der Elbphilharmonie eröffnete. Diese Aussichtsfläche mit ihrem
       gerne „spektakulär“ genannten Blick über die Stadt kann seither auch
       nutzen, wen kein Klassik-Weltstar lockt, kein Jazz, und kein
       Indierockkonzert im Rahmen des örtlichen „Reeperbahnfestivals“.
       
       Ja, es wird gar nicht mal so wenige Menschen geben, deren Elphi-Erfahrung
       sich eben darauf beschränkt: rauffahren und runtergucken. Damals, 2016
       beschlossen die Abgeordneten in der Hamburgischen Bürgerschaft
       mehrheitlich, dass die Plaza ein Jahr lang kostenlos zugänglich sein würde;
       dieses Angebot nahmen prompt 4,5 Millionen Menschen an, der Kultursenator
       sprach von übertroffenen Erwartungen.
       
       Nicht, dass Elphi-Intendant Christoph Lieben-Seutter nicht dann und wann
       schon die Diskussionswasser getestet hätte: Anfang 2018 etwa, als jenes
       erste Jahr um war, ging die Kunde: Ganz bald kostet er Eintritt, unser
       aller Balkon, denn die Alternative wäre ja, aus Steuereinnahmen zu
       subventionieren, also auch mit dem Geld derer, die nie einen Fuß auf die
       schmucke Elphi-Rolltreppe setzen würden. Und das wäre doch voll unfair,
       oder?
       
       ## Die Kosten steigen, Hamburg braucht Geld
       
       Es kam anders: „Geschafft haben wir mittlerweile fünf Jahre ohne Eintritt,
       die wirtschaftliche Lage war gut“, so schrieb dieser Tage die Kulturbehörde
       [3][in ihrem Newsletter „Kurzer Dienstweg“]. Aber auch, dass es damit bald
       vorbei sein dürfte: Demnach steigen „die Kosten für den Betrieb der
       Elbphilharmonie“, was im Wesentlichen meint: dieser vermaledeite
       Mindestlohn.
       
       Um – wiederum – nicht alle Steuerzahlenden zu belangen, überlegt die
       städtische Betriebsgesellschaft also wieder, „ob ein Eintritt sinnvoll
       ist“. Darüber nicht amüsiert ist die derzeitige Bürgerschaftsopposition.
       „Unverschämt“ hat der Linken-Abgeordnete Norbert Hackbusch die Pläne
       bezeichnet.
       
       ## Welche Rechnung wäre fair?
       
       Anders etwa das Hamburger Abendblatt, das allerdings auch Medienpartner des
       Hauses ist; das mag mache Sichtweise beeinflussen, ob den ehrwürdigen
       Kolleg*innen das nun bewusst ist oder nicht. [4][Dort verfiel man in ein
       anderes Wir-gegen-die]: Wenn wir Hamburger*innen doch schon so viel
       bezahlt haben für unser Schmuckstück, fragte jetzt die stellvertretende
       Lokal(!)chefin: „müssen wir es deshalb allen Touristinnen kostenlos zeigen?
       Nein!“
       
       Natürlich darf mensch es so sehen, dass zwei oder auch fünf Euro für diesen
       Ausblick nicht zu viel verlangt wären: So viel kostet die Turmbesteigung ja
       auch [5][im ehemaligen Hamburger Wahrzeichen], der Hauptkirche St.
       Michaelis. Aber ist diese Finanzierung deshalb besser als eine
       (überschaubare) Anhebung der Saalmieten und also der Konzertkartenpreise?
       
       Wer, sagen wir: 169,90 Euro in die Hand nimmt, wenn jetzt am Sonntag das
       Gewandhausorchester spielt: Bliebe dessen Platz in der besten Kategorie
       wirklich leer, wenn er stattdessen 172,50 Euro kosten würde? Und hieße eine
       eintrittspflichtige Plaza überhaupt, dass kein städtisches, kein
       staatliches Geld mehr in der Elphi landet? Damit aber steht und fällt jedes
       auf (Pseudo-)Fairness hinauswollende Argument.
       
       ## „Elphi für alle“ hat auch symbolischen Wert
       
       Zahlen sind wichtig bei solchen Diskussionen, aber nicht alle relevanten
       liegen auch für alle sichtbar auf dem Tisch. Und manche kennt schlicht gar
       niemand: Wie viele der Plaza-Schaulustigen sind denn Hamburger*innen, wie
       viele Tourist*innen? Wisse man nicht, so die Kulturbehörde [6][auf
       Nachfrage des NDR].
       
       Neben der – zugegeben: durchaus ortsüblichen – Kaufmanns-Logik sollten die
       Verantwortlichen eine vielleicht als symbolisch abzutuende Dimension nicht
       ganz außer Acht lassen: Dass Hamburg sich eine Elphi leistet, müssen auch
       die akzeptabel finden und mittragen, die dort keine Konzerte wahrnehmen –
       aber vielleicht gerne mal den schönen Ausblick.
       
       27 May 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Elbphilharmonie/!t5040996
   DIR [2] /Fuenf-Jahre-Elbphilharmonie/!5824940
   DIR [3] https://www.hamburg.de/bkm/newsletter-kurzer-dienstweg/13921456/archiv-kurzer-dienstweg/
   DIR [4] https://www.abendblatt.de/meinung/article235457847/eintritt-fuer-die-elbphilharmonie-plaza-ja-bitte-fuenf-euro-hamburg-kommentar.html
   DIR [5] /!5475702/
   DIR [6] https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Besuch-der-Elbphilharmonie-Plaza-koennte-bald-Eintritt-kosten,elbphilharmonie2932.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Alexander Diehl
       
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