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       # taz.de -- Grundsatzrede zur China-Politik der USA: China bleibt größte Herausforderung
       
       > US-Außenminister Blinken sieht in China trotz des russischen Krieges in
       > der Ukraine die langfristig größte Hausforderung der internationalen
       > Ordnung.
       
   IMG Bild: US-Außenminister Blinken vor seiner China-Rede an der Uni in Washington
       
       Berlin taz | Die Volksrepublik China ist laut US-Außenminister Antony
       Blinken das einzige Land, „das sowohl die Absicht hat, die internationale
       Ordnung umzugestalten, als auch zunehmend die wirtschaftliche,
       diplomatische, militärische und technologische Macht, um dies zu tun.“
       Deshalb würde sich die US-Regierung trotz Putins Krieg in der Ukraine auf
       die von China ausgehende langfristige Herausforderung für die
       internationale Ordnung konzentrieren. Dafür spreche auch Chinas
       diplomatische Unterstützung für den russischen Angriffskrieg, sagte Biden
       in einer bereits länger erwarteten [1][Grundsatzrede].
       
       Er hatte die China-Politik der Biden-Regierung ursprünglich schon vor der
       Asien-Reise des US-Präsidenten skizzieren wollen, die am Dienstag dieser
       Woche endete. Doch sorgte eine Covid-Erkrankung des Außenministers für eine
       Verschiebung.
       
       Laut Washingtons Chefdiplomaten habe in den letzten Jahrzehnten kein Land
       so sehr von der regelbasierten internationalen Weltordnung profitiert wie
       China. „Aber statt seine Macht dafür zu nutzen, diese Regeln, Abkommen,
       Prinzipien und Institutionen zu stärken, die zu seinem eigenen Erfolg
       beigetragen haben, sodass auch andere Staaten davon profitieren können,
       untergräbt Peking diese.“
       
       Weil die USA sich nicht drauf verlassen könnten, dass Peking seinen Kurs
       ändere, wollten sie ihrerseits dessen „strategische Umgebung formen, um die
       eigene Vision eines offenen und inklusiven internationalen Systems
       voranzutreiben.“
       
       ## „Militärischen Vorsprung der USA absichern“
       
       Blinken sprach sogar explizit davon, dass es darum gehe, den militärischen
       Vorsprung der USA abzusichern und den Wettbewerb mit China in
       Schlüsselbereichen zu gewinnen. Zweifellos wollen die USA ihre durch Chinas
       Aufstieg herausgeforderte globale Hegemonie behalten, auch wenn Blinken
       relativiert: Die USA wollten mit China kooperieren, wo möglich (etwa bei
       Klima und Energie), und streiten, wo dies nötig sei.
       
       Washington wolle aber weder die Herrschaft der Kommunistischen Partei in
       China stürzen noch dessen politisches System untergraben und strebe auch
       keinen neuen Kalten Krieg oder eine Isolation Chinas an, so Blinken.
       
       Laut dem US-Außenminister sei China unter der Herrschaft von Präsident Xi
       Jinping innenpolitisch repressiver und außenpolitisch aggressiver geworden.
       In seiner Rede an der George Washington Universität in der US-Hauptstadt
       bezeichnete Blinken die Unterdrückung der muslimischen Minderheit der
       Uiguren in Chinas nordwestlicher Provinz [2][erneut als Genozid],
       kritisierte aber auch Pekings Politik in Tibet und Hongkong.
       
       ## Engere Beziehungen zu Verbündeten suchen
       
       Die China-Politik der US-Regierung basiert laut Blinken auf drei
       Prinzipien: „Investieren, Verbünden und Konkurrieren“. Mit den
       Investitionen sind von den USA in den letzten Jahrzehnten vernachlässigte
       Hausaufgaben gemeint, also Investitionen in die eigene Infrastruktur,
       Wettbewerbsfähigeit, Forschung, Innovation wie auch Demokratie in den USA
       selbst.
       
       Dieser Punkt ist das größte Eingeständnis, dass die wachsende
       Herausforderung durch China in den letzten Jahren auch auf viele eigene
       Fehler der USA zurückgeht. Zugleich dürften hier viele Maßnahmen von den
       Republikanern blockiert werden.
       
       In der Frage von Verbündeten verwies Blinken auf multilaterale Formate, die
       bei Präsident [3][Bidens gerade beendeter Asienreise] Thema waren wie das
       informelle Quad-Bündnis mit Japan, Indien und Australien. Auch das vom
       Präsidenten proklamierte Indo-Pazifische Rahmenabkommen für Wohlstand
       (IPEF) zählt dazu. Damit soll Chinas Herausforderung in der Region nach
       Jahren des dortigen US-Rückzugs wirtschaftlich gekontert werden. Beobachter
       bezweifeln allerdings, ob dies ausreicht.
       
       Im Umgang mit Taiwan gebe es keine Kursänderung, so Blinken. Damit zitierte
       er [4][Präsident Joe Biden], nachdem dieser mit wiederholten Äußerungen zur
       Bereitschaft der USA, die international isolierte Inselrepublik auch
       militärisch zu verteidigen, für Verwirrung gesorgt hatte.
       
       Beim Thema Investitionen wie dem Bemühen um Bündnispartner werden auch die
       größten Unterschiede zur Vorgängerregierung von Donald Trump deutlich. Denn
       die hatte sich nicht für multilaterale Formate interessiert und durch ihren
       Rückzug Chinas Einflussmöglichkeiten nur weiter vergrößert.
       
       Zum Punkt Konkurrieren betonte Blinken, dass künftig im Verhältnis zu China
       stärker auf Gleichbehandlung geachtet und wirtschaftliche Abhängigkeiten
       vermieden werden sollten. Zugleich sprach er sich deutlich gegen
       anti-chinesischen und anti-asiatischen Rassismus in den USA aus.
       Chinesische Studierende seien in den USA willkommen und eine Bereicherung
       des Landes, so Blinken.
       
       ## Retourkutsche aus China
       
       China kritisierte Blinkens Rede wie erwartet. Die USA verbreiteten falsche
       Informationen und übertrieben die Bedrohung durch China, hieß es aus
       Peking. Außenamtssprecher Wang Wenbin warf den USA am Freitag ferner vor,
       sich in Chinas innere Angelegenheiten einzumischen und dessen Innen- und
       Außenpolitik zu diskreditieren.
       
       „Der Zweck ist, Chinas Entwicklung einzudämmen und zu unterdrücken und die
       Vorherrschaft und Macht der USA zu wahren“, sagte Wang in Peking der
       Presse. Die „regelbasierte internationale Ordnung“ sei nichts anderes als
       ein Regelwerk, das die USA und eine Handvoll anderer Länder formuliert
       hätten. Peking dürfte sich durch die Rede in seinem Argwohn gegenüber den
       USA bestätigt fühlen.
       
       27 May 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.state.gov/the-administrations-approach-to-the-peoples-republic-of-china/
   DIR [2] /Zwangsarbeit-in-Xinjiang/!5820356
   DIR [3] /Quad-Gipfel-in-Tokio/!5853657
   DIR [4] /Bei-Angriff-der-Volksrepublik-China/!5856234
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sven Hansen
       
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