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       # taz.de -- +++ Nachrichten zum Ukraine-Krieg +++: EU sucht nach Öl-Embargo-Kompromiss
       
       > Die EU-Kommission legt einen neuen Vorschlag für ein Öl-Embargo gegen
       > Moskau vor. Selenski fordert unterdessen mehr Waffen, etwa Raketenwerfer.
       
   IMG Bild: Kundgebung gegen den Ukrainekrieg
       
       EU-Kommission legt vor Gipfeltreffen Vorschlag zu Öl-Embargo vor
       
       Im Streit über die Pläne für ein europäisches Öl-Embargo gegen Russland
       legte die EU-Kommission am Wochenende einen neuen Kompromissvorschlag vor.
       Der Entwurf sieht nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur vor,
       zunächst nur die Einfuhr von per Schiff transportiertem Öl auslaufen zu
       lassen. Über die riesige Druschba-Pipeline transportiertes Öl wäre demnach
       bis auf Weiteres von dem Embargo ausgenommen. Damit könnte Russland einen
       Teil seiner Geschäfte mit Unternehmen in der EU fortführen. Laut EU floss
       zuletzt rund ein Drittel der Gesamtliefermengen durch die
       Druschba-Pipeline. Diese versorgt Raffinerien in Ungarn, der Slowakei und
       Tschechien sowie in Polen und Deutschland.
       
       Über die Pläne für ein Einfuhrverbot für russisches Öl gibt es in der EU
       bereits seit Wochen Streit, [1][weil Ungarn bislang nicht gewillt war], das
       Projekt zu unterstützen. An diesem Montag und Dienstag dürfte der
       Kompromissvorschlag auch Thema bei einem Gipfeltreffen der Staats- und
       Regierungschefs in Brüssel sein. Bei diesem soll es um die weitere
       Unterstützung der EU für die Ukraine, aber auch um die Bemühungen gehen,
       unabhängig von russischen Energieträgern wie Gas und Öl zu werden. (dpa)
       
       ## Ukraines Präsident Selenski besucht Region Charkiw
       
       Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski macht sich in der umkämpften
       Region Charkiw ein Bild von der Zerstörung durch den Krieg. Am Sonntag im
       offiziellen Telegram-Kanal des Präsidenten verbreitete Videoaufnahmen
       zeigen Selenskyj unter anderem dabei, wie er Soldaten auszeichnet. „Ich bin
       grenzenlos stolz auf unsere Verteidiger. Jeden Tag kämpfen sie unter
       Einsatz ihres Lebens für die Freiheit der Ukraine“, sagte Selenski. (dpa)
       
       ## Militärexperte für Lieferung schwerer Waffen
       
       Um die derzeit schwierige Situation der Ukraine im Kampf um den Donbass zu
       verbessern, plädierte der Politologe und Militärexperte Carlo Masala für
       die Lieferungen schwerer Waffen. Russlands Präsident Wladimir Putin werde
       erst dann ernsthaft zu verhandeln beginnen, wenn er befürchten müsse, durch
       eine Fortführung des Krieges mehr zu verlieren als zu gewinnen, sagte
       Masala, der Professor für Internationale Politik an der Universität der
       Bundeswehr in München ist. Genau das aber sei derzeit nicht der Fall. „Man
       muss die Kosten-Nutzen-Kalkulation bei Putin verändern“, sagte Masala der
       Deutschen Presse-Agentur. (dpa)
       
       ## Serbien und Russland schließen Gas-Liefervertrag über drei Jahre ab
       
       Russland beliefert Serbien weiterhin mit Erdgas. Darauf hätten sich der
       russische Präsident Wladimir Putin und sein serbischer Amtskollege
       Alexandar Vucic in einem Telefonat verständigt, teilt das Präsidialamt in
       Moskau mit. Die beiden Länder wollten ihre Partnerschaft vertiefen. Vucic
       erklärt, Thema sei auch die Erweiterung von Gaslagern gewesen. Er und Putin
       hätten sich auf einen Liefervertrag über drei Jahre geeinigt. Über den
       Preis könne er nicht sprechen, Einzelheiten würden mit Gazprom geklärt. Der
       zehnjährige Liefervertrag mit dem russischen Energiekonzern läuft am 31.
       Mai aus.
       
       Nach russischen Angaben diskutierten Putin und Vucic auch die Lage in der
       Ukraine und im Kosovo. Dieses hat 2008 seine Unabhängigkeit von Serbien
       erklärt, was die dortige Regierung nicht anerkennt. [2][Serbien unterhält
       traditionell enge Beziehungen zu Russland] und will EU-Mitglied werden.
       Dafür ist aber eine Normalisierung des Verhältnisses zum Kosovo nötig.
       (rtr)
       
       ## Russlands Armee meldet Zerstörung ukrainischen Waffenlagers
       
       Die russischen Truppen haben nach Angaben der Regierung in Moskau ein
       großes Arsenal der ukrainischen Armee in Krywyi Rih zerstört. Raketen
       hätten das Lager getroffen, meldet die russische Nachrichtenagentur Tass
       und zitiert das Verteidigungsministerium. Krywyi Rih ist eine Großstadt im
       südlichen Zentrum der Ukraine. Zudem sei in der Region Dnipro mit
       Luftabwehrraketensystemen ein ukrainisches Kampfflugzeug vom Typ SU-25
       abgeschossen worden. (rtr)
       
       ## Russischer Botschafter in London: Kein Atomwaffeneinsatz geplant
       
       Der russische Botschafter in London, Andrei Kelin, rechnet nicht damit,
       dass sein Land in der Ukraine Atomwaffen einsetzen wird. Nach den Regeln
       des russischen Militärs sei dies nur vorgesehen, wenn Russland in seiner
       Existenz bedroht sei, sagte Kelin in einem am Sonntag ausgestrahlten
       BBC-Interview. „Das hat nichts mit der aktuellen Operation zu tun.“ Auch
       die Frage, ob er glaube, dass Präsident Wladimir Putin im Fall einer
       Ausweitung des Krieges bereit sei, einen nuklearen Angriff auf
       Großbritannien zu verüben, verneinte der Botschafter. Dieses und ähnliche
       Szenarien waren vor einigen Wochen im russischen Staatsfernsehen öffentlich
       diskutiert worden. (dpa)
       
       ## Kämpfe in der Ostukraine dauern an
       
       Die Kämpfe um die ostukrainische Stadt Sjewjerodonezk halten nach Angaben
       des ukrainischen Militärs an. Russische Einheiten hätten auch am Samstag
       ihre Angriffe auf das Gebiet der Stadt fortgesetzt, teilt der Generalstab
       der ukrainischen Streitkräfte am Sonntagmorgen auf Facebook mit: „Die
       Kämpfe gehen weiter“.
       
       Die russischen Truppen versuchten, dort Fuß zu fassen, teilte der
       ukrainische Militärexperte Oleh Schdanow der ukrainischen
       Nachrichtenagentur Unian zufolge mit. Nach Angaben des Gouverneurs von
       Luhansk, Serhij Hajdaj, ist die Stadt weiter unter ukrainischer Flagge. Er
       widersprach damit Berichten aus Russland, Sjewjerodonezk sei vollständig
       eingenommen. (rtr/dpa)
       
       ## Mehr als 350.000 Ukraine-Geflüchtete in Deutschland
       
       Wenige Tage vor Inkrafttretens des Grundsicherungs-Anspruches für
       ukrainischen Geflüchtete sind einem Zeitungsbericht zufolge in Deutschland
       352.545 ukrainische Staatsangehörige und 12.371 Drittstaatsangehörige mit
       biometrischen Daten registriert worden. Das erklärt das
       Bundesinnenministerium auf eine Anfrage der „Bild am Sonntag“ laut einem
       Vorabbericht. Laut der Bundesagentur für Arbeit haben sich Stand Freitag
       44.000 Ukrainer bei den Jobcentern Arbeitsuchend gemeldet. (rtr)
       
       ## Ukraine ruft Westen zu Waffenlieferungen auf
       
       Im Krieg gegen die russischen Invasionstruppen hat die Ukraine den Westen
       erneut mit Nachdruck zur weiteren Lieferung schwerer Waffen aufgerufen.
       
       Der Selenski-Berater [3][Mychajlo Podoljak] forderte den Westen zur
       Lieferung moderner Mehrfachraketenwerfer mit hoher Reichweite auf. „Wenn
       der Westen wirklich den Sieg der Ukraine will, ist es vielleicht Zeit, uns
       MLRS zu geben?“, fragte er auf Twitter. MLRS sind in den USA hergestellte
       Artilleriesysteme. „Es ist schwer zu kämpfen, wenn man aus einer Entfernung
       von 70 Kilometern angegriffen wird und nichts hat, womit man sich wehren
       kann“, meinte Podoljak. Die US-Regierung zieht einem Medienbericht zufolge
       in Erwägung, Mehrfachraketenwerfer in die Ukraine zu schicken.
       
       Präsidentenberater Olexij Arestowitsch sprach sich für Lieferungen von
       Raketen vom Typ Harpoon aus, mit denen Schiffe angegriffen werden können.
       Damit könnte die Ukraine die russische Blockade der Seehäfen durchbrechen,
       wurde Arestowitsch von der Agentur Unian zitiert. (dpa)
       
       ## Selenski fordert Einstufung Russlands als Terrorstaat
       
       Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenski warf Russland eine Politik des
       Terrors vor. „Ich werde die Welt immer wieder daran erinnern, dass Russland
       endlich offiziell als Terrorstaat, als Förderer des Terrorismus, anerkannt
       werden muss“, sagte Selenski in einer Videoansprache. Er wolle sich zu
       Wochenbeginn an die Teilnehmer des EU-Sondergipfels in Brüssel wenden und
       auch darüber sprechen.
       
       „Über den Terror, der heute tatsächlich die einzige Form des Handelns des
       russischen Staates gegen Europa geworden ist“, sagte der Präsident. „Terror
       auf dem Gebiet der Ukraine. Terror auf dem Energiemarkt in Europa, nicht
       nur in unserem Land. Terror auf dem Lebensmittelmarkt, und zwar weltweit.
       Und welcher Terror wird als nächstes kommen?“ Nur gemeinsam könnten die
       Europäer die Politik eines solchen Staates stoppen, betonte er. (dpa)
       
       ## Ukraine: Sanktionen nicht Grund für Nahrungsmittelkrise
       
       Die Ukraine widersprach Russland erneut mit Nachdruck, dass westliche
       Strafmaßnahmen gegen Moskau der Grund für die aktuelle mangelnde
       [4][Lebensmittelsicherheit] in der Welt seien. „Sanktionen gegen Russland
       haben nichts mit der sich abzeichnenden globalen Nahrungsmittelkrise zu
       tun“, teilte Außenminister Dmytro Kuleba per Twitter mit. „Der einzige
       Grund für Engpässe, steigende Preise und drohenden Hunger ist, dass das
       russische Militär 22 Millionen Tonnen ukrainischer Lebensmittelexporte in
       unseren Seehäfen physisch blockiert“, betonte Kuleba. Der Westen müsse
       Russland zum Ende der Blockade bringen.
       
       Erst am Samstag hatte der russische Präsident Wladimir Putin bei einem
       Telefonat mit Bundeskanzler Olaf Scholz und Frankreichs Staatschef Emmanuel
       Macron gesagt, die „fehlerhafte Wirtschafts- und Finanzpolitik der
       westlichen Staaten“ sowie die „antirussischen Sanktionen“ seien für die
       Probleme verantwortlich. Die Bundesregierung weist stets darauf hin, dass
       es keine Sanktionen gegen Lebensmittel gebe. (dpa)
       
       ## Bürgermeister von Mariupol warnt vor Infektionsrisiken
       
       Nach der Eroberung der Hafenstadt Mariupol durch russische Truppen warnte
       Bürgermeister Wadym Bojtschenko vor dem Risiko von Infektionskrankheiten.
       Kanalisation und Müllabfuhr funktionierten nicht mehr, zudem stiegen die
       Temperaturen. „Daher melden unsere Ärzte die Gefahr, die in diesem Sommer
       auftreten kann: Ausbrüche von Infektionskrankheiten wie der Ruhr und
       anderen“, sagte Bojtschenko, der selbst nicht in der Stadt ist. (dpa)
       
       ## Russland meldet erneuten Test von Hyperschallrakete Zircon
       
       Die russische Marine hat am Samstag einen weiteren Test der
       Hyperschallrakete Zircon durchgeführt. Es handelte sich vor dem Hintergrund
       des Ukraine-Kriegs um eine Demonstration der Fähigkeit des russischen
       Militärs, Ziele in großer Entfernung zu treffen.
       
       Das Verteidigungsministerium erklärte, der Marschflugkörper sei von der
       Fregatte „Admiral Gorschkow“ in der Barentssee gestartet worden und habe
       erfolgreich ein Ziel im Weißen Meer, etwa 1000 Kilometer entfernt,
       getroffen. Es hatte bereits eine Reihe von Tests der Zircon gegeben. Die
       Waffe soll in diesem Jahr offiziell in Betrieb gehen.
       
       Der russische Präsident Wladimir Putin hat erklärt, die Zircon sei in der
       Lage, neunfache Schallgeschwindigkeit zu erreichen, bei einer Reichweite
       von 1000 Kilometern. Putin hat betont, das Waffensystem werde die
       Fähigkeiten des russischen Militärs signifikant steigern.
       
       Vertreter Russlands haben behauptet, es sei unmöglich, die Zircon mit
       bestehenden Raketenabwehrsystemen abzufangen. Putin, der den Westen vor
       einer Einmischung in der Ukraine gewarnt hat, hat in der Vergangenheit auch
       davor gewarnt, dass mit der Zircon ausgestattete russische Kriegsschiffe
       Russland in die Lage versetzen könnten, „Entscheidungszentren“ innerhalb
       von Minuten anzugreifen. (ap)
       
       ## Moskauer Zeit in russisch kontrollierten Teilen Chersons
       
       In von Russland eingenommenen Städten in der Ukraine wird nach ukrainischen
       Behördenangaben teils die Anbindung an Russland vorangetrieben. Vom Kreml
       installierte Vertreter hätten mit der Ausstrahlung russischer
       Nachrichtensendungen begonnen, russische Schullehrpläne würden eingeführt
       und es würden andere Schritte unternommen, um Gebiete zu annektieren, hieß
       es. Die russische Nachrichtenagentur Ria Novosti zitierte den von Russland
       eingesetzten stellvertretenden Verwaltungschef Kirill Stremoussow in der
       ukrainischen Region [5][Cherson] am Samstag damit, dass in von Russland
       dort gehaltenen Gebieten die Moskauer Zeit eingeführt worden sei. (ap)
       
       29 May 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.ft.com/content/0c90617c-e3a7-41be-94f4-0c5515ea7bb0
   DIR [2] /Wahlen-in-Serbien/!5845910
   DIR [3] https://twitter.com/Podolyak_M?r
   DIR [4] /Hunger-durch-hohe-Lebensmittelpreise/!5853093
   DIR [5] /Krieg-in-der-Ukraine/!5855554
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Lisa Schneider
       
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