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       # taz.de -- Saubere Energie für den Breitensport: Eine visionäre Vereinsautonomie
       
       > Hohe Betriebskosten bedrohen den Breitensport. Der TSC Eintracht Dortmund
       > will seinen Energiebedarf bald selbst decken und ist vorbereitet.
       
   IMG Bild: Nachhaltige Vereinsarbeit beim TSC Eintracht Dortmund zwischen Autostraßen und Parkplätzen
       
       Wenn Dirk Hansmeier morgens um halb sechs die Eingangstore des Dortmunder
       Sportvereins TSC Eintracht aufschließt, huschen seine Augen im
       Schnelldurchgang über das gut 40.000 Quadratmeter große Gelände. Ist alles
       heil? Gab’s Vandalismus? Ist irgendwo eine rasche Reparatur vonnöten? Erst
       dann gesellt sich der Leiter Sportstättenmanagement des TSC Eintracht zu
       seinen bereits wartenden zwei Kollegen. „Hausmeister“ nannte man Leute wie
       Hansmeier einst – beim TSC Eintracht ist das etwas anders. Wie so vieles.
       Verglichen mit anderen Breitensportvereinen der Republik.
       
       Der Verein aus Dortmund-Mitte der [1][mit seinen aktuell rund 7.800
       Mitgliedern einer der größten in Deutschland] ist, investiert seit Jahren
       in zahlreiche Klima- und Energiesparprojekte. Schon 2009 wurde das erste
       Blockheizkraftwerk mit Gasbrennwerttechnik und Solarthermie in Betrieb
       genommen, anschließend wurden Stück für Stück die rund 300 riesigen Lampen
       der vier vereinseigenen Dreifachturnhallen und des Fitnessstudios auf LED
       getauscht. 2010 und 2020 wurden die Flutlichtmasten der Außenanlagen
       umgerüstet.
       
       Das Wasserprojekt startete man 2017: Auf dem gesamten Außengelände, der
       einen mit Kork verfüllten Fußballkunstrasenplatz, mehrere Hockeyfelder,
       Kleinspielfelder sowie ein Beachvolleyball-Areal und einen Actionspielplatz
       umfasst, wird der Niederschlag mittels eines Drainage- und Leitungssystem
       gesammelt und für die Bewässerung wiederverwendet. „Wir können damit zum
       Beispiel zwei Wochen lang ohne Niederschlag überstehen, ohne Frischwasser
       von außen zuführen zu müssen“, sagt Alexander Kiel. Der 43-Jährige ist ein
       „Urgestein“ des Vereins und das „Hirn“ hinter den Energiesparkonzepten des
       TSC Eintracht. Nach einem Praktikum 2003 blieb der studierte Betriebswirt
       im Verein, wurde 2012 Geschäftsführer. Heute ist er zudem
       Vorstands-Vorsitzender und hauptamtlich angestellt. „Diesen Betrieb hier am
       Laufen zu halten – das ist eine Mammutaufgabe“, sagt er.
       
       Die größte Herausforderung für den Verein: eine möglichst kostengünstige
       Beheizung der Hallen. „An diesem Thema arbeiten wir schon seit 15 Jahren.
       Damals hat es noch kaum jemanden interessiert. Heute [2][sind die
       Energiekosten] das Thema überhaupt“, sagt Kiel. Nach dem zweiten
       Blockheizkraftwerk, das 2017 in Betrieb genommen wurde, ist vor der
       ersten richtig großen Photovoltaikanlage. Die „70-Kilowatt-Peak“-Anlage
       nimmt der Verein gerade in Betrieb. Auf dem Dach der Stadiontribüne
       wurden in den letzten Wochen über eine Länge von 90 Metern zwei
       übereinanderlappend montierte Reihen Solarpaneele installiert. „Die
       senkrechten Wände der Tribüne werden in den nächsten Wochen auch noch
       bestückt“, sagt Kiel.
       
       ## 100.000 Euro Ersparnis
       
       Das Ziel: „Wir hatten uns vor einiger Zeit vorgenommen, 2023 – im Jahr
       unseres 175-jährigen Vereinsjubiläums – [3][ein Nullenergiehaus-Standing]
       zu haben. Sprich: Wir wollten dann so viel Energie selbst produzieren, wie
       wir verbrauchen.“ Und, wird das Ziel erreicht? „Nein“, sagt Kiel, „die
       Energietechnik ist einfach noch nicht weit genug, um das zu schaffen.“ Sie
       sind ungeduldig beim TSC, zumal das nächste Projekt schon in den
       Startlöchern steckt: Erdwärme. „An der südlichen Ecke unseres Geländes
       könnten die Bohrer gut hinfahren“, sagt Kiel: „Hier können Leitungen in die
       Erde gebracht werden, und wenn die entsprechenden geologischen Ergebnisse
       vorliegen, würden wir hier entsprechende Bohrungen vornehmen.“
       
       Die nackten Zahlen des fortschrittlichen Vereins können sich dennoch
       bereits sehen lassen: Rund 100.000 Euro Kosten fielen 2021 für Strom und
       Gas an. Das ist etwa halb so viel wie vor den Energiesparmaßnahmen. Gerade
       in diesen Tagen, da die Energiekosten quasi täglich steigen, könnten die
       eingeleiteten Maßnahmen lebensrettend sein. „Wir gehen davon aus, dass sich
       die Energiekosten für Sportvereine wie den unseren im nächsten Jahr noch
       einmal verdoppeln“, sagt der Eintracht-Geschäftsführer. Nicht nur
       Sportvereine bibbern vor den kommenden Energiekostenabrechnungen. „Ohne
       unsere getroffenen Maßnahmen würden wir das nicht überleben“, sagt Kiel.
       
       Solange der Verein aber noch Energie von außen dazukaufen muss, kommt auch
       der TSC nicht ohne eine [4][an die Inflationsrate gekoppelte Steigerung]
       der Mitgliedsbeiträge aus. Bei der nächsten Versammlung wird Kiel seine
       Leute von einer erneuten Erhöhung überzeugen müssen. „Zum Glück ist der
       Großteil unserer Mitglieder für das Thema sensibilisiert und hat
       Verständnis“, sagt Kiel.
       
       Was für ihn noch wichtiger ist: Seine Leute sind von den Energiespar- und
       Umweltmaßnahmen überzeugt und helfen tatkräftig mit. Es gibt viele im
       Verein, die sozusagen Patenschaften für kleine Einsparprojekte und
       Maßnahmen übernehmen. „Die kommen dann euphorisch zu mir in die
       Geschäftsstelle und berichten davon, wie und wo sie wieder Energiekosten
       für unseren Verein einsparen konnten.“
       
       17 Jun 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://de.wikipedia.org/wiki/TSC_Eintracht_Dortmund
   DIR [2] /Ski-Nordisch-in-Thueringen/!5104231
   DIR [3] /Strom-aus-Muell-und-Sonne/!5521770
   DIR [4] /Ampel-Streit-ums-Klimageld/!5855076
       
       ## AUTOREN
       
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