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       # taz.de -- Rechtes Gedankengut bei Naturschützern: Ökos mit Anfälligkeit für rechts
       
       > Spielen rechtsextreme Positionen bei Naturschützern eine Rolle? Eine
       > Befragung an Studiengängen zu Umwelt- und Naturschutz liefert eine
       > Antwort.
       
   IMG Bild: Studie: „Problematische Einstellungstendenzen“ unter Studierenden etwa der Wald- und Forstwirtschaft
       
       Berlin taz | Rechtsextreme und rechtspopulistische Akteur*innen und
       Positionen sind auch in sogenannten grünen Berufen zu finden. An den
       entsprechenden Hochschulen gibt es sie unter den Studierenden wie auch
       unter den Lehrenden. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die die
       [1][Fachstelle Radikalisierungsprävention und Engagement im Naturschutz
       (FARN)] in Kooperation mit dem Institut für Diversity und Nachhaltigkeit
       (diversu e. V.) gemacht hat und an diesem Montag vorstellen will. Sie lag
       der taz vorab vor.
       
       Erstmals befragten die Forscher*innen gezielt Studierende von
       Studiengängen wie Wald- und Forstwirtschaft, nachhaltiges Wirtschaften oder
       Landschafts- und Naturschutz. In die Arbeit ein gingen Antworten von 804
       Studierenden an 34 Hochschulen. Dabei seien „problematische
       Einstellungstendenzen deutlich geworden, die sehr ernst zu nehmen und nicht
       zu verharmlosen sind“, sagt Lukas Nicolaisen, Leiter von FARN.
       
       [2][Allianzen von ökologisch Bewussten und rechtsextrem Bewegten] gibt es
       nicht erst seit den Protesten gegen die Pandemiemaßnahmen.
       Naturschutzverbände bemühen sich immer wieder um Distanz.
       
       Knapp 30 Prozent der für die Studie Befragten wussten um rechtsextreme
       und/oder rechtspopulistische Akteur*innen an ihren Einrichtungen. Sie
       berichteten von teils gewalttätigen Stör- und Sabotageversuchen einzelner
       Personen oder Gruppierungen des neurechten Spektrums, die der Identitären
       Bewegung, der Jungen Alternative für Deutschland und einschlägigen
       Burschenschaften zuzurechnen seien.
       
       ## Rechte interessieren sich für Umwelt- und Heimatschutz
       
       Zuletzt hat sich dieses Spektrum verstärkt für Umwelt-, Tier-, Heimat- und
       sogenannten Volksschutz eingesetzt. Seit 2020 erscheint aus der Szene
       heraus die Zeitschrift für Naturschutz Die Kehre. In einem Interview mit
       dieser führt etwa der thüringische AfD-Landtagsfraktionsvorsitzen-de Björn
       Höcke aus, dass es ein „Treppenwitz und Unglück zugleich“ sei, „dass
       ausgerechnet“ die Grünen das „Thema Natur- und Umweltschutz restlos
       gekapert“ hätten.
       
       Die rechten Ressentiments sind keine rein studentische Angelegenheit.
       Positive Bezüge würden ebenso von Dozierenden und Gastdozierenden aus dem
       rechtsesoterischen Milieu forciert, heißt es in der Studie. 15 Prozent der
       Befragten gaben an, „im Studium mit menschenfeindlichen und extrem rechten
       Positionen“ konfrontiert zu sein. Die Hälfte der Äußerungen kämen von
       Studierenden, gut 30 Prozent von Dozierenden. Vorderste Motive seien
       verschiedene Formen von Rassismus in Kombination mit der Annahme einer
       „Überbevölkerung“ und sozialdarwinistischen Positionen.
       
       Bei Fragen zu ihrer eigenen Einstellung zeigten die Befragten eine starke
       Ambivalenz. 55 Prozent stimmten eher oder voll und ganz zu, dass
       Hauptursache für viele Umweltprobleme eine Überbevölkerung sei. 30 Prozent
       fanden eher oder voll und ganz, dass Verhütungskampagnen in ärmeren Ländern
       mit hohen Geburtenraten eine gute Maßnahme für globalen Umweltschutz seien.
       Die Einschätzung, dass Menschen, Tiere und Pflanzen gleichwertig seien und
       so behandelt werden sollten, teilten 70 Prozent. Mehr als die Hälfte
       meinte, die Natur zeige, was für Menschen und das Zusammenleben richtig
       sei.
       
       Hier sehen FARN und diversu e. V. Diskussionsbedarf. Die „Annahme, es gäbe
       dem gesellschaftlichen Zusammenleben und den Menschen zugrunde liegende
       ursprüngliche Gesetzmäßigkeiten, die maßgeblich von der Natur vorgegeben
       seien und aus der sich spezifische Wahrheiten ableiten ließen“, sei dem
       Rechtsextremismus „inhärent“, heißt es.
       
       ## Fehleinschätzung
       
       In der Studie verorteten sich 85 Prozent der Befragten „überwiegend links
       der sogenannten Mitte“, knapp 95 Prozent waren der Meinung,
       „Herausforderungen der Umweltkrise dürfen nicht zu einem Abbau von
       demokratischen Strukturen führen, und bei der Bewältigung von
       Umweltproblemen sollen Positionen von Minderheiten und strukturell
       benachteiligten Menschen mehr Beachtung“ finden. 31 Prozent sagten, es sei
       ihnen egal, warum sich Menschen für Umweltbelange einsetzten. Den „Einsatz
       von extrem Rechten für den Natur- und Umweltschutz“ halten 61 Prozent „für
       Taktik“.
       
       Eine Fehleinschätzung, glauben die Forscher*innen, die daher stammen
       könne, dass die Lehre rechte Positionen der ökologischen Vordenker kaum
       reflektiere. Christine Katz von diversu e. V. betont: „Die Umfrage macht
       sichtbar, dass – und zum Teil welche – Anknüpfungspunkte für
       antidemokratisch, populistisch und rechtsideologisch gefärbte Positionen in
       vermeintlich wertneutralen, faktenbasierten natur- und
       umweltwissenschaftsbezogenen ‚grünen‘ Studiengängen bestehen“. Es fehle an
       einer Auseinandersetzung über die Entstehung, Strukturierung und
       Verfasstheit westlicher wissenschaftlicher Erkenntnis und ihrer
       Institutionen. Damit benennt sie gleich mögliche Konsequenzen.
       
       12 Jun 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.nf-farn.de/
   DIR [2] /Naturschutz-von-rechts/!5538811
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Speit
       
       ## TAGS
       
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