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       # taz.de -- Hamburger Immobilienwirtschaft: Hoffen auf Lob und Rendite
       
       > Beim Immobilienforum Hamburg trafen sich die lokalen Branchenspitzen. Der
       > Auftritt des Planers des umstrittenen Holstenareals überraschte sogar
       > sie.
       
   IMG Bild: War auch Thema des diesjährigen Hamburger Immobilienforums: Das Holstenareal
       
       Hamburg taz | Es war ein bizarrer Auftritt in feinster Umgebung. Hoch über
       Hamburgs Dächern sprach Thomas Fründt am Montagvormittag über eines der in
       Hamburg größten, aber auch umstrittensten Wohnungsbauprojekte – das
       [1][Holstenquartier]. Beim 8. Immobilienforum Hamburg im Vier-Sterne-Hotel
       „Hafen Hamburg“ durfte der Bereichsleiter Development der Consus AG vor den
       Spitzen der lokalen Immobilienwirtschaft berichten, wie das Unternehmen den
       Stand der Planung betrachtet.
       
       Seine Botschaft trug er mit einer großen Portion Selbstbewusstsein im
       verglasten Elbkuppel-Saal vor: Consus stehe doch ganz ungeduldig bereit,
       das Quartier endlich voranzubringen; nur die Stadt müsse in die Pötte
       kommen. „Wir sind unterschriftsreif“, sagte Fründt im Hinblick auf den
       städtebaulichen Vertrag, den die Stadt vorerst nicht unterschreiben will.
       
       Auf dem früheren Areal der Holsten-Brauerei will Consus, Tochter der
       offenbar [2][taumelnden Adler AG], rund 1.300 Wohnungen bauen. Alle offenen
       Fragen schienen spätestens seit Mitte 2021 geklärt, als sich das
       Immobilienunternehmen mit dem zuständigen Bezirksamt Altona grundsätzlich
       auf die Bebauung geeinigt hatte.
       
       Seitdem wurden zwar bereits erste Abrissarbeiten begonnen. Doch seit Anfang
       des Jahres wachsen die Zweifel, ob der Mutterkonzern Adler nicht kurz vor
       der Pleite steht. Vorläufiger Höhepunkt ist, dass jüngst das Bezirksamt
       Altona klar machte, den notwendigen städtebaulichen Vertrag nicht
       unterzeichnen zu wollen, solange das Unternehmen keine gesicherte
       Finanzierung vorlegt. Und die Finanzbehörde bestätigte daraufhin, dass sie
       mit dem Eigentümer auch über einen Rückkauf verhandelt.
       
       ## Das Wort „Enteignen“ sorgt für kindisches Gelächter
       
       Davon wollte Fründt am Montag nichts wissen. „Wir werden das Ding bauen“,
       frohlockte er in rheinischem Dialekt. Ohnehin habe in den vergangenen
       Wochen „viel Unsinn“ in den Zeitungen über die Zukunft des Areals
       gestanden. „Wir sind schon viel weiter, als behauptet wird.“ Seine
       Strategie war deutlich: jeglichen Eindruck wegwischen, dass etwas nicht
       nach Plan laufe. Und so solle doch bitte nicht so viel über die
       Finanzsituation des Mutterkonzerns gesprochen werden, sondern stattdessen
       lieber über das Projekt.
       
       Das tat Fründt bei seinem Vortrag dann auch: Ökologisch und inklusiv werde
       das Quartier. Geplant seien auch Infrastrukturen, die das Unternehmen der
       Stadt zur Verfügung stelle. „Wir schenken der Stadt Gebäude“, sagte Fründt
       im Hinblick auf drei Kitas und Sporthallen, deren Bau eingeplant sind.
       Nicht nur dafür, sondern auch für die anspruchsvolle Architektur der
       einzelnen Gebäude seien lobende Worte seitens der Stadt durchaus
       angebracht. Genauso übrigens für das Schaffen günstiger Räumlichkeiten für
       kleinere Handwerksbetriebe, befand er. Sogar unter den im Saal sitzenden
       Immobilienspitzen sorgten seine Worte für versteinerte Mienen.
       
       Im Gespräch mit der taz verdeutlichte Fründt, dass ein Verkauf der
       Immobilie nicht zur Debatte stehe. Dabei ließ am vergangenen Wochenende der
       Hamburger Unternehmer Dieter Becken über die [3][Hamburger Morgenpost]
       verlautbaren, dass er das Holstenareal gerne kaufen wolle. „Ich baue da 600
       Sozialwohnungen“, versprach der Gründer der Immobiliengruppe Becken. Was
       von seinem Vorstoß zu halten ist, bleibt zunächst unklar. Becken war einer
       der Treiber zum Bau der Elbphilharmonie, außerdem saß er mehrere Jahre im
       Aufsichtsrat des Hamburger SV. Sein Immobilien- und Investmentunternehmen
       entwickelt bundesweit Wohn- und Büroflächen im Wert von mehreren hundert
       Millionen Euro.
       
       Beim Immobilienforum war nicht nur Fründts Auftritt überraschend: Da
       deklinierten die rund 120 Immobilienvertreter:innen im Laufe des Tages
       durch, wie sich jetzt noch Miet- und Verkaufserlöse steigern lassen. Mit
       einem Schmunzeln diskutierten sie dafür auch kurz die Frage, ob es
       angesichts des Kriegs in der Ukraine nicht auch ein Äquivalent zum
       Tankrabatt für die Immobilienwirtschaft brauche – mit der beschlossenen
       Leitzinserhöhung werde die Finanzierung von Immobilienprojekten schließlich
       nicht leichter.
       
       Und da forderten Redner:innen ein Demonstrationsverbot an Samstagen für
       die Hamburger Innenstadt, weil die regelhafte Ausübung des Grundrechts das
       Geschäft der Warenhäuser torpediere. Während diese Forderung auf ernste
       Gesichter im Publikum stieß, sorgte das Wort „Enteignen“ für kindisches
       Gelächter im Saal, als hätte jemand einen anzüglichen Witz gemacht. Für
       derlei Ideen gab es am Montag keinerlei ernsthaftes Interesse.
       
       13 Jun 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Holstenquartier-kommt-nicht-voran/!5844553
   DIR [2] /Bauprojekte-in-Warteschleife/!5852056
   DIR [3] https://www.mopo.de/hamburg/dieser-hamburger-investor-will-das-holsten-quartier-retten/?reduced=true
       
       ## AUTOREN
       
   DIR André Zuschlag
       
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       Konsortium.