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       # taz.de -- Putins Einnahmen durch Öl und Gas: Russland dreht den Hahn nicht zu
       
       > Mit fossilen Rohstoffen hat Russland seit Kriegsbeginn 93 Milliarden Euro
       > eingenommen. Darum bekommt auch Deutschland weiter Gas aus Russland.
       
   IMG Bild: Bringt Russland Milliardeneinnahmen: Der Gashahn nach Deutschland bleibt offen
       
       Berlin taz | Es klang fast schon logisch, dass Russland auch bald
       Deutschland den Hahn zudrehen würde. Polen, Bulgarien, Finnland, Dänemark,
       die Niederlande, Shell bekommen ja bereits kein Gas aus dem Krieg führenden
       Land mehr. Als [1][Bundesnetzagenturchef Klaus Müller] am Montag twitterte,
       „im Sommer“ werde Nord Stream 1 „gewartet, da wird es wohl keine
       Einspeicherung geben“, klang das nach einem Aus für die derzeit wichtigste
       Quelle russischen Erdgases. Und damit nach einem Winter, in dem das Gas
       nicht für alle reichen würde.
       
       Über die gut 1.200 Kilometer lange Ostseepipeline Nord Stream 1 schickte
       Gazprom nämlich zuletzt [2][gut 70 Prozent seines für Europa gedachten
       Gases], rund 1,2 Milliarden Kubikmeter pro Woche. In diesem Zeitraum
       verbraucht Deutschland im Schnitt 1,6 Milliarden Kubikmeter. Kurze Zeit
       später gab Müller allerdings [3][Entwarnung]: Es handele sich um eine
       jährliche Wartung, die „dauert in der Regel etwa zwei Wochen“.
       
       Gazprom stellte wenig später auf seiner [4][Homepage] klar, dass für die
       Wartung vom 11. bis 21. Juli abgeschaltet werde. Nord Stream 1 läuft
       weitgehend parallel zu Nord Stream 2. Diese Pipeline ist zwar fertiggebaut,
       die Genehmigung infolge des Angriffs Russlands auf die Ukraine allerdings
       auf Eis gelegt.
       
       Warum der Kreml weiter Gas in den Westen schickt, zeigt eine Analyse des in
       Finnland ansässigen Centre for Research on Energy and Clean Air
       ([5][CREA]). Danach hat Russland in den ersten hundert Tagen des Krieges
       gegen die Ukraine satte 93 Milliarden Euro aus dem Export fossiler
       Brennstoffe eingenommen – trotz Sanktionen und Bemühungen des Westens,
       darauf zu verzichten.
       
       ## EU mit Abstand größter Abnehmer
       
       Laut dem Bericht ist die EU mit Abstand größter Abnehmer russischen Gases
       und Erdöls, 61 Prozent der fossilen Exporte Russlands entfielen auf die
       EU-Staaten. Dies entspricht Einnahmen in Höhe von 57 Milliarden Euro.
       
       Unter den Einzelstaaten war China mit 12,6 Milliarden Euro Einnahmen
       wichtigster Kunde vor Deutschland (12,1 Milliarden) und Italien (7,8
       Milliarden). 46 Milliarden Euro der russischen Einnahmen stammen aus dem
       Verkauf von Rohöl, gefolgt von Gas in Pipelines mit 24 Milliarden Euro. Der
       Rest kommt aus dem Verkauf von Erdölprodukten, verflüssigtem Erdgas (LNG)
       und Kohle. Russisches Gas ist bislang nicht von Sanktionen betroffen.
       
       Obwohl die Importe im Mai zurückgegangen sind und Russland seine
       Bodenschätze weltweit zu Dumpingpreisen verkauft, profitiert der Kreml von
       den weltweit stark ansteigenden Energiepreisen. Während Polen, Finnland und
       die baltischen Staaten ihre Importe seit Kriegsbeginn reduziert haben,
       haben China, Indien und Frankreich ihre Einkäufe erhöht.
       
       13 Jun 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://twitter.com/Klaus_Mueller/status/1536238037348270082
   DIR [2] https://www.bruegel.org/publications/datasets/european-natural-gas-imports/
   DIR [3] https://twitter.com/Klaus_Mueller/status/1536277027208122368
   DIR [4] https://www.nord-stream.info/pim/
   DIR [5] https://energyandcleanair.org/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Kai Schöneberg
       
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