# taz.de -- Werkstätten für Menschen mit Behinderung: Ableismus am Arbeitsplatz
> Auf Twitter trendet der Hashtag #IhrBeutetUnsAus. Menschen mit
> Behinderung üben Kritik an Werkstätten.
IMG Bild: Blick in eine „Werkstatt für behinderte Menschen“ (WfbM) der Lebenshilfe Werkstätten gGmbH
Berlin taz | „Du bist es nicht Wert, dass deine Arbeit auch als solche
anerkannt wird.“ [1][Das twitterte] User:in @Johannissaft unter dem
Hashtag IhrBeutetUnsAus. @Johannissaft hat den Hashtag ins Leben gerufen,
um auf die Unterbezahlung in Werkstätten für Menschen mit Behinderung
aufmerksam zu machen. Die Resonanz war enorm. Etliche Betroffene meldeten
sich zu Wort, um ihre Empörung über fehlende arbeitsrechtliche
Mindeststandards für Menschen mit Behinderung auf der Plattform zum
Ausdruck zu bringen.
In Artikel 27 der UN-Behindertenrechtskonvention wird das gleiche Recht auf
Arbeit für Menschen mit Behinderung festgeschrieben. Dies beinhaltet auch
das Recht auf die Möglichkeit, den Lebensunterhalt durch Arbeit zu
verdienen. In vielen Werkstätten für Menschen mit Behinderung ist dies
jedoch nicht gewährleistet. Betroffene berichten via Twitter von Löhnen in
Höhe von nur 1,35 Euro pro Stunde. User:in [2][@peacockaffair] schrieb
beispielsweise, dass er:sie zwei Jahre lang 40 Stunden pro Woche Logo- und
Namensschilder produziert hatte und dafür einen Lohn von lediglich 10 Euro
im Monat bekam.
Rechtlich ist die Unterschreitung der Mindestlohngrenze möglich, da viele
arbeitsrechtliche Schutznormen für Menschen, die in Werkstätten arbeiten,
nicht gelten. Sie werden rechtlich nicht als Arbeitnehmer:innen
angesehen. Dies soll unter anderem einen erweiterten Kündigungsschutz
gewährleisten, ermöglicht auf der anderen Seite aber eine enorme
Unterschreitung des gesetzlichen Mindestlohns.
Demeter, dm, Airbus und fritzkola – das sind nur einige Unternehmen, die
derzeit in der Kritik stehen, die Arbeitskraft von Menschen mit Behinderung
auszunutzen. Der Getränkehersteller Fritzkola antwortete in einem Tweet auf
die Anschuldigungen und rechtfertigte die Ungleichbezahlung etwa damit,
dass die Werkstätten weiterführende Leistungen wie die Förderung von
Persönlichkeitsentwicklung und Integration erbrächten. Außerdem würden
Menschen mit Behinderung staatliche Hilfen zum Lebensunterhalt erhalten und
seien deswegen nicht auf den Lohn angewiesen.
Auch die kirchlichen Träger Diakonie, Caritas und Bethel wurden in den
sozialen Medien adressiert. Angesprochen auf die Ungleichbehandlung von
Menschen mit Behinderung antworten diese oft nur, dass die Betroffenen doch
glücklich in den Werkstätten seien, heißt es auf der Plattform. [3][Die
Europaabgeordnete der Grünen, Katrin Langensiepen,] forderte einen
Mindestlohn und ein Streikrecht für in Werkstätten arbeitende Menschen. Sie
verwies auf die Haltung der EU-Kommission und des EU-Parlaments, die die
Finanzierung solcher Projekte auslaufen lassen wollen.
14 Jun 2022
## LINKS
DIR [1] https://twitter.com/Johannissaft/status/1536295043274874880
DIR [2] https://twitter.com/peacockaffair/status/1535543798817857536
DIR [3] /Europa-Politikerin-ueber-inklusive-Arbeit/!5735610
## AUTOREN
DIR Marita Fischer
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