# taz.de -- Neuer EVP-Chef Manfred Weber: Die Agenda setzen andere
> Seit Merkels Abgang haben die Konservativen in der EU nicht mehr viel zu
> melden. Der neue EVP-Chef Weber soll das nun richten. Keine leichte
> Aufgabe.
IMG Bild: Manfred Weber (EVP) während einer Sitzung im Plenarsaal des Europäischen Parlaments
Es ist noch gar nicht so lange her, da zog die Europäische Volkspartei
(EVP) alle Strippen in der EU. Ohne die EVP und ihre illustren Politiker –
von [1][Elmar Brok] bis Hans-Gert Pöttering, von Helmut Kohl bis [2][Angela
Merkel] – ging gar nichts in Brüssel. Doch seit dem Abgang von Merkel sind
die Schwarzen in der Versenkung verschwunden.
Nur ein halbes Dutzend EU-Länder werden noch von Christdemokraten und
Konservativen regiert, das größte ist Österreich. Das sagt eigentlich alles
über den atemberaubenden Machtverlust der EVP. Bei den EU-Gipfeln, wo einst
Merkel den Ton angab, hat die europäische Parteienfamilie nichts mehr zu
melden. Die Agenda setzen andere.
Mit ihrem Parteikongress in Rotterdam versuchen die Konservativen nun, den
Trend umzukehren und wieder in die Offensive zu kommen. Am Dienstagabend
haben sie [3][Manfred Weber (CSU) zu ihrem neuen Vorsitzenden] gekürt. Der
Europapolitiker aus Bayern wurde mit 89 Prozent der Stimmen zum Nachfolger
des Polen Donald Tusk gewählt.
## Manfred Weber ist ein Parteisoldat
Ein Signal des Aufbruchs ist das allerdings nicht. Weber ist ein
weltoffener und – für bayerische Verhältnisse – erstaunlich liberaler
Politiker. Doch das Format von Tusk, der immerhin Regierungschef war, hat
er nicht. Weber hängt immer noch seiner Niederlage bei der Europawahl 2019
nach. Er ist kein Gewinner-Typ, eher ein braver Parteisoldat.
Dass er die EVP wieder zu alter Größe führen kann, ist unwahrscheinlich.
Das konservative Parteienbündnis lebt von seinen nationalen Führern, ein
zweiter Kohl oder eine neue Merkel ist nicht in Sicht. Webers wichtigster
Verbündeter ist der griechische Ministerpräsident [4][Kyriakos Mitsotakis],
doch der spielt auf EU-Ebene allenfalls in der 2. Liga.
## Bei Russland-Themen kann die EVP noch punkten
Klar, die EVP hat auch noch Ursula von der Leyen. Die CDU-Politikerin hat
es immerhin an die Spitze der EU-Kommission geschafft – also in das Amt,
das Weber gerne erobert hätte. Doch auch ihr Stern sinkt. Beim EU-Gipfel
Anfang dieser Woche wurde sie wegen ihrer miserablen Vorbereitung des
Ölembargos gegen Russland angegriffen.
Dabei ist Russland das einzige Thema, mit dem die EVP derzeit trumpfen
kann. Der russische Angriffskrieg in der Ukraine schweißt die Konservativen
zusammen; endlich haben sie wieder ein – schon im Kalten Krieg bewährtes –
Feindbild. Doch das reicht nicht, um Wahlen zu gewinnen. Die Europawahl
2024 wird zur Zitterpartie für die EVP.
1 Jun 2022
## LINKS
DIR [1] /Affaeren-in-der-EU/!5565054
DIR [2] /Schwerpunkt-Angela-Merkel/!t5007702
DIR [3] https://www.tagesschau.de/ausland/evp-weber-105.html
DIR [4] /Nach-den-Wahlen-in-Griechenland/!5605900
## AUTOREN
DIR Eric Bonse
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