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       # taz.de -- Reaktionen auf dänische Volksabstimmung: Perfektes Timing der Regierung
       
       > Die Zustimmung der DänInnen beim Referendum dürfte auch
       > Ministerpräsidentin Frederiksen Auftrieb geben. Das vermutet die dänische
       > Presse.
       
   IMG Bild: So viel Zustimmung zu einer EU-Frage wie diesmal gab es in Dänemark noch nie
       
       Stockholm taz | 66,9 Prozent Ja, 33,1 Prozent Nein. In keiner der bislang
       neun derartigen Volksabstimmungen haben die DänInnen mit so großer Mehrheit
       [1][Ja zu einer EU-Frage] gesagt. Nach 30 Jahren ist damit eine der vier
       Ausnahmen vom Maastricht-Abkommen gefallen, Kopenhagen kann sich in Zukunft
       an der gemeinsamen Verteidigungspolitik der EU beteiligen.
       
       „Tak Dänemark“, danke Dänemark, kommentiert die liberale Tageszeitung
       Politiken am Donnerstag den Ausgang der Volksabstimmung auf ihrer
       Titelseite. Mit dem Ergebnis des Referendums könnten sich die DänInnen
       darüber freuen, dass wir „den europäischen Mitbürgern die uneingeschränkte
       Solidarität und Tatkraft zu zeigen, die eine unsichere Welt braucht“. Der
       [2][Verteidigungsvorbehalt] stamme aus einer Zeit der „Friedenseuphorie
       nach dem Mauerfall und der Auflösung der Sowjetunion, wo niemand für
       möglich gehalten hatte, dass der altmodische Angriffskrieg auf europäischem
       Boden wieder Realität werden würde“.
       
       Nun werde Dänemark neue Möglichkeiten haben, einen aktiven Beitrag zur
       europäischen Verteidigungs- und Sicherheitspolitik in einer veränderten
       Welt zu leisten: „Putin glaubte, er könne Spaltung in Europas Ländern säen.
       Stattdessen hat er eine erneuerte und gestärkte Einheit geschaffen.“
       
       Sowohl das Timing als auch die Argumentation der dänischen Regierung sei
       perfekt gewesen, meint die linke Tageszeitung Information. Frederiksen habe
       den durch Russlands Invasion in der Ukraine veranlassten Meinungsumschwung
       in der Bevölkerung hin zum Wunsch nach mehr Sicherheit für ein Ja zur
       Teilnahme an der gemeinsamen EU-Sicherheits- und Verteidigungpolitik
       umpolen können, obwohl der Krieg in der Ukraine mit diesem dänischen
       Vorbehalt eigentlich nichts zu tun hatte. Ihr Argument, Dänemark sei zu
       klein um alleine abseits zu stehen und man müsse solidarisch sein, habe
       auch die bislang große Zahl der Zweifelnden auf die Ja-Seite ziehen können.
       
       ## Widerstand gegen die EU jetzt fast nur noch bei Rechten
       
       Wenn das Ergebnis ein „Sieg für internationale Zusammenarbeit und eine
       Niederlage für nationale Skepsis“ gewesen sei, kommentiert die Zeitung am
       Donnerstag, dann allerdings noch „kein Sieg für ein europäischeres
       Dänemark: Aber es öffnet die Möglichkeit dorthin“. Nach wie vor gebe es
       noch einen recht starken EU-Widerstand in Dänemark. Sei dieser bislang aber
       gleichermaßen links wie rechts verankert gewesen, sei er nun vorwiegend nur
       noch im rechten Parteienspektrum zu finden.
       
       Wobei gerade Ministerpräsidentin Frederiksen in den letzten Jahren diese
       EU-Skepsis noch angefeuert habe, erinnert die konservative Berlingske
       Tidende. Auf mehreren Politikfeldern habe sich Dänemark durch Alleingänge
       [3][ins Abseits gestellt]. Nun sei es an der Zeit, dass „wir uns von dem
       klischeehaften Missbrauch der EU als politischem Punchingball
       verabschieden“: „Wir brauchen Politiker, die in der Lage sind, eine
       sachliche Debatte darüber zu führen, wie Dänemark zur europäischen
       Zusammenarbeit beitragen soll.“
       
       Ebenso wie andere Medien rechnet auch Berlingske damit, dass der „riesige
       Sieg“ bei der Volksabstimmung den zuletzt [4][gefallenen Sympathiewerten]
       Frederiksens zugute kommen dürfte, was für sie ein perfekter Auftakt zu
       einer Parlamentswahl sein könnte. In Dänemark kann eine Wahl von der
       Regierung zu einem ihr passend erscheinenden Zeitpunkt auch vor Ende der
       Legislaturperiode ausgeschrieben werden: Es wird bereits mit einem
       Wahltermin im Herbst spekuliert.
       
       Das Referendum über den Verteidigungsvorbehalt war nur ein Teil des
       „nationalen sicherheitspolitischen Kompromisses“, den die
       sozialdemokratische Minderheitsregierung Anfang März einerseits mit ihren
       parlamentarischen Zusammenarbeitspartnern, den Linksliberalen und
       Linkssozialisten, andererseits aber auch mit den beiden Oppositionsparteien
       Venstre und Konservative Volkspartei geschlossen hatte.
       
       Ein anderer Bestandteil ist eine kräftige Aufstockung des Militärhaushalts,
       dessen Umfang in zehn Jahren auf einen Anteil von zwei Prozent des
       Bruttosozialprodukts anwachsen soll. Die gemeinsame Entwicklung neuer
       Waffensysteme und Rüstungsprojekte mit Teilnahme auch dänischer Unternehmen
       werde nun erste praktische Konsequenz des Votums vom Mittwoch sein,
       kündigte der dänische Verteidigungsminister Morten Bødskov an.
       
       2 Jun 2022
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Reinhard Wolff
       
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