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       # taz.de -- Bundestag stimmt für Erhöhung: 12 Euro Mindestlohn kommt
       
       > Der Bundestag hat ein zentrales Versprechen der Ampel beschlossen: Zum 1.
       > Oktober steigt der Mindestlohn auf 12 Euro. Doch die Zweifel wachsen, ob
       > das reicht.
       
   IMG Bild: Versprochen ist versprochen: Bundesarbeitsminister Heil am 3. Juni im Bundestag
       
       Berlin rtr | Der gesetzliche Mindestlohn in Deutschland steigt am 1.
       Oktober auf 12 Euro. Das beschloss der Bundestag am Freitag in Berlin. Das
       [1][Mindestlohngesetz von Arbeitsminister Hubertus Heil] (SPD) wurde mit
       den Stimmen der Koalition und der Linken verabschiedet. Die
       Unionsabgeordneten und die AfD enthielten sich. Derzeit liegt der
       Mindestlohn bei 9,82 Euro brutto. Zum 1. Juli steigt er turnusmäßig auf
       10,45 Euro. Zugleich steigt die Grenze für Minijobs im Oktober von 450 auf
       520 Euro.
       
       Der Gesetzentwurf geht von heute etwa 6,2 Millionen Arbeitnehmerinnen und
       Arbeitnehmern mit einem Stundenlohn unter 12 Euro aus. Frauen sowie
       Menschen in Ostdeutschland sollen überproportional von der Anhebung
       profitieren, wie Heil in der Debatte sagte. Für viele sei die Lohnerhöhung
       wohl der größte Lohnsprung in ihrem Leben. Heil sagte, ohne Olaf Scholz als
       Kanzler würde der Mindestlohn nicht erhöht. Der SPD-Politiker hatte die
       Anhebung der Lohnuntergrenze zu einem Kernversprechen des
       Bundestagswahlkampfs gemacht.
       
       Mehrere Rednerinnen und Redner warnten davor, dass die gegenwärtige
       Preisexplosion viele Menschen existenziell bedrohe. Die
       Linken-Haushaltsexpertin Gesine Lötzsch sagte: „Eigentlich müssten es jetzt
       schon 13 Euro sein.“ Nötig sei ein weiteres Entlastungspaket. Heil verwies
       auf die Entlastungen für Menschen mit normalem und geringem Einkommen, die
       die Koalition auf den Weg bringe. Der Grünen-Sozialexperte Andreas
       Audretsch sagte, Menschen in Vollzeit dürften am Ende des Tages nicht von
       Armut bedroht sein. Die Mindestlohnsteigerung erhöhe zudem die Kaufkraft.
       
       Der CDU-Sozialexperte Hermann Gröhe warf der Koalition chaotisches
       Stimmengewirr vor, wenn es darum gehe, die enormen Preissteigerungen
       einzudämmen. Wenn weitere Preissprünge zugelassen würden, nütze auch ein
       höherer Mindestlohn wenig. Die Nichtzustimmung der Union begründete Gröhe
       damit, dass sie die Hand nicht für die „Entmündigung der Sozialpartner“
       reichen wolle.
       
       ## „Viele müssen sich die Frage stellen, ob das Geld reicht“
       
       Die SPD-Abgeordnete Dagmar Schmidt räumte ein: „Viele müssen sich die Frage
       stellen, ob das Geld noch für Obst, die Reise zur Oma, den Schulausflug
       reicht.“ Die Koalition werde die Inflation weiter bekämpfen. Zudem warb
       Schmidt für das „soziale Klimageld“, eine geplante Einmalzahlung pro Jahr,
       die Heil für 2023 angekündigt hatte. Die Mindestlohnerhöhung nannte Schmidt
       einen „Akt der Notwehr gegen sinkende Tarifbindung“.
       
       Der AfD-Abgeordnete Norbert Kleinwächter sagte, dass viele ausländische
       Arbeitskräfte in Deutschland die Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt
       beförderten und das Lohnniveau drückten. „Ein gesunder Markt bräuchte
       keinen Mindestlohn, er hat nämlich Regeln, und er hat Grenzen.“
       
       Der FDP-Sozialexperte Pascal Kober lobte [2][die Anhebung der
       Minijobgrenze]. Minijobberinnen und -jobber würden helfen, wenn es etwa um
       volle Regale im Supermarkt zu jeder Tageszeit oder Bedienung im Restaurant
       noch am Abend gehe. Mit der Erhöhung der Minijobgrenze werde zudem dem
       Fachkräftemangel in kleinem Umfang etwas entgegengesetzt.
       
       Der Arbeitgeberverband BDA kritisierte die Mindestlohnerhöhung bereits im
       Vorfeld. „Uns geht es nicht um die Höhe des Mindestlohns“, sagte der
       Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger der „Welt“ (Freitag). „Die
       Bundesregierung hält sich nicht an die Absprachen, die wir 2015 vereinbart
       haben, als mit Einführung des gesetzlichen Mindestlohns die
       Mindestlohnkommission gegründet wurde.“ Der Verband lehnt ab, dass der
       Erhöhungsschritt nun einmalig an der Kommission aus Arbeitgebern und
       Gewerkschaften vorbei gegangen werden soll.
       
       Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) kritisierte die Anhebung der
       Minijobgrenze.
       
       3 Jun 2022
       
       ## LINKS
       
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