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       # taz.de -- Migrantenkarawane zum Amerika-Gipfel: Ein Zeichen gegen ungewisses Warten
       
       > Migranten aus Lateinamerika machen sich von Südmexiko auf den Weg in die
       > USA. Dort wird beim Amerika-Gipfel ein Migrationsabkommen vereinbart.
       
   IMG Bild: Auf dem Weg zur Grenze der USA: Migranten im mexikanischen Tapachula am 6. Juni
       
       Oaxaca taz | Pünktlich zum [1][Beginn des Amerika-Gipfels in Los Angeles]
       haben sich am Montag mehrere tausend Migrant*innen und Geflüchtete aus
       der südmexikanischen Grenzstadt Tapachula gemeinsam auf den Weg Richtung
       Norden gemacht. Mit dem Zeitpunkt wollen die an der Karawane Beteiligten
       ein Zeichen setzen.
       
       „Heute sagen wir den Staats- und Regierungschef der USA und aller Länder,
       die auf dem Amerika-Gipfel zusammenkommen, dass die migrierenden Frauen,
       Kinder und Familien nicht das Tauschmittel ideologischer und politischer
       Interessen sind“, erklärte Luís García Villagrán vom örtlichen
       Menschenrechtszentrum Dignificación Humana. Auf dem Spitzentreffen an der
       US-Westküste soll ein Migrationsabkommen vereinbart werden.
       
       „Migranten sind keine Kriminellen, sondern internationale Arbeiter“, riefen
       die Menschen, als sie in der Karawane loszogen. Die meisten stammen aus
       Venezuela, andere aus Mittelamerika, Haiti und Kuba.
       
       Viele von ihnen warten schon seit Monaten in Tapachula nahe der
       guatemaltekischen Grenze darauf, dass ihre Dokumente bearbeitet werden und
       sie legal Richtung USA weiterreisen können. Weder bei der für Flüchtlinge
       zuständigen Stelle Comar noch bei der staatlichen Migrationsbehörde INM
       bekommen sie einigermaßen zeitnah einen Termin.
       
       ## Migrant*innen müssen auf der Straße leben
       
       Das führt zu einer humanitären Krise in Tapachula. Schon jetzt befänden
       sich 45.000 Migrant*innen und Geflüchtete in der Stadt, erklärt
       Villagrán. Viele von ihnen lebten auf der Straße, in Parks oder Plätzen und
       müssten vom Betteln leben.
       
       Irineo Mujica von der Organisation Pueblos Sin Fronteras, die seit mehreren
       Jahren solche Karawanen mitorganisiert, sprach von etwa 5.000 Menschen, die
       sich trotz heftiger Regenfälle an dem Marsch beteiligen. Nach Tagen des
       Betrugs und der falschen Versprechungen, Kontrollen und Repressalien hätten
       sie sich auf den Weg gemacht, so Mujica.
       
       Bevor die Menschen loszogen, hatten sie bei der Staatlichen Ombudsstelle
       für Menschenrechte (CNDH) Einschüchterungsversuche und Diskriminierungen
       angezeigt. So seien sie in Medien und sozialen Netzwerken als Invasoren,
       Mörder, Prostituierte oder Diebe beschimpft worden.
       
       Deshalb forderten sie von der CNDH, Schutzmaßnahmen auf der Route
       einzuleiten. Zugleich müsse sichergestellt werden, dass die Nationalgarde
       nicht gegen den Marsch vorgehe.
       
       ## Furcht vor Angriffen von Nationalgarde auf Karawane
       
       Viele der Karawanen, die sich in den letzten Jahren auf den Weg Richtung
       USA gemacht haben, wurden von dieser militärisch organisierten Einheit
       angegriffen und aufgelöst. Die Regierung des Präsidenten Andrés Manuel
       Lopez Obrador habe sich, kritisiert Mujica, „gegenüber den Vereinigten
       Staaten dazu [2][verpflichtet, die Migration im Süden des Landes
       aufzuhalten“]. Das werde mit heftigen Einsätzen und Tausenden von
       Nationalgardisten als Mauer der Eindämmung umgesetzt.
       
       Auch Human Rights Watch (HRW) kritisierte, dass „das Delegieren der
       US-Migrationspolitik an Mexiko zu schwerem Missbrauch geführt hat“. Die
       Menschenrechtsorganisation forderte die Staats- und Regierungschefs im
       Vorfeld des Amerika-Gipfels dazu auf, dafür zu sorgen, dass dem
       gewalttätigen Vorgehen gegen Migrant*innen an der mexikanischen
       Südgrenze beendet werde. Das Treffen sei eine Chance, ein regionales
       Migrationsabkommen zu vereinbaren, das der Politik der harten Hand ein Ende
       setze und die Menschenrechte in den Vordergrund stelle, erklärte Tyler
       Mattiace von HRW.
       
       Wie handlungsfähig der Gipfel sein wird, ist jedoch unklar. Mehrere
       lateinamerikanische Staatschefs hatten ihr Kommen wegen politischer
       Widersprüche mit der US-Regierung abgesagt. So auch der mexikanische
       Präsident López Obrador. Er kritisiert, dass Washington sich weigert,
       Vertreter*innen aus Nicaragua, Venezuela und Kuba zu dem Spitzentreffen
       einzuladen.
       
       7 Jun 2022
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Wolf-Dieter Vogel
       
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