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       # taz.de -- Tatort „Flash“ aus München: Der Geruch verbrannter Haare
       
       > Nach einem Femizid sind die Kommissare Leitmayr und Batic auf die
       > Erinnerungen eines dementen Therapeuten angewiesen – und beamen ihn in
       > die 80er.
       
   IMG Bild: Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) und Ivo Batic (Miroslav Nemec) ermitteln in einem anderen Jahrzehnt
       
       Einen wortwörtlichen Flashback in die guten alten 80er Jahre gibt es heute
       mit den beiden altgedienten Münchner Kommissaren Franz Leitmayr (Udo
       Wachtveitl) und Ivo Batic (Miroslav Nemec). So gut waren die 80er, das
       macht der wenig farbenfrohe, aber umso haarigere Einstieg mit einem Femizid
       am malerischen Ufer eines Flusses deutlich.
       
       Mit abgefackelten Haaren liegt die junge Frau tragisch darnieder, ein
       Mörder war damals auch schnell gefunden – der zu Gewaltfantasien neigende
       Alois Meininger (Martin Leutgeb) soll dieses Verbrechens schuldig gewesen
       sein. Allerdings ist er wieder auf freiem Fuß. Und wie könnte es anders
       sein, kaum ist der Mörder wieder in München unterwegs, wird erneut eine
       junge Frau ihrer Haare und leider auch ihres Lebens beraubt. Grund genug
       für die beiden feuerfesten Weißkopfseeadler Leitmayr und Batic, ganz tief
       in der Trickkiste zu kramen und den damaligen Therapeuten von Meiniger
       sofort erneut befragen zu wollen.
       
       Doch 30 Jahre sind auch an Norbert Prinz (Peter Franke) nicht spurlos
       vorübergegangen, sein Geist und sein akademischer Sachverstand fielen
       leider einer Demenz anheim. Und so wird noch tiefer in der kriminologischen
       Überraschungsbox gewühlt und eine bahnbrechende Idee präsentiert: Die
       ehemaligen Behandlungsräume von Herrn Prinz sollen an einem
       neuropsychologischen Zentrum unter Leitung von Professor Ralph Vonderheiden
       (André Jung) und seiner Assistentin-Geliebten Dr. Laura Lechner (Anna
       Grisebach) zum Leben erweckt werden.
       
       Dies soll bei Prinz Erinnerungen an die Behandlung von Meininger
       hervorholen und den Kommissaren somit Hinweise zum aktuellen Aufenthaltsort
       des neuerlichen Tatverdächtigen bringen. Es stellt sich unter anderem auch
       die Frage, was es mit einem Menschen macht, der sich tagtäglich die
       Gewaltfantasien von anderen Menschen anhören muss und ob es nicht sein
       kann, dass man darüber dann auch selbst ein klein bisschen die Kontrolle
       verliert und unschöne Dinge ausprobiert.
       
       Am Ende ist natürlich alles anders als gedacht, wie es sich für einen guten
       Münchner „Tatort“ gehört. Hängen bleibt aber vor allem der Geruch von
       verbranntem Haar und der Gedanke, dass es ja eigentlich ganz gut sein kann,
       demenzkranke Menschen in eine ehemals vertraute Umgebung zurückzuversetzen
       und ihnen somit wieder ein Stück Normalität und Erinnern zu geben. Ein
       Aspekt, der auch außerhalb der „Tatort“-Fiktion schön sein könnte.
       
       19 Jun 2022
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Almuth Müller
       
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