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       # taz.de -- Antrag auf Gleichbehandlung in Bädern: Oben ohne für alle
       
       > Die SPD Hamburg hat einen Antrag gestellt, Frauen und Nicht-Binäre sollen
       > ohne Oberbekleidung ins Schwimmbad dürfen. In Göttingen geht das –
       > teilweise.
       
   IMG Bild: Immer öfter erfolgreich: Protest gegen Ungleichbehandlung im Schwimmbad, hier 2021 in Augsburg
       
       Hamburg taz | Noch sind es nur wenige Schwimmbäder, in denen alle
       Geschlechter auch ohne Oberbekleidung planschen dürfen. Doch gerade im
       Norden treiben Kommunen der Reihe nach den Wandel voran: Für Frauen und
       nicht-binäre Personen sollen künftig keine anderen Regeln gelten als für
       Männer. So will die SPD-Fraktion in der Hamburger Bezirksversammlung
       Eimsbüttel kommende Woche einen Antrag einbringen, der den Weg für das
       Baden ohne Oberbekleidung bereitet.
       
       „Für viele Menschen auch in Eimsbüttel ist das schlicht und einfach eine
       Frage der Gleichberechtigung“, sagt Paulina Reineke-Rügge, die für die SPD
       in der Bezirksversammlung sitzt. Sollte der Antrag durchkommen, dürfte bald
       in den städtischen Schwimmbädern in Hamburg das Schwimmen mit blanker Brust
       allen erlaubt sein.
       
       Bislang ist das nicht der Fall. Wer vom Personal als Frau identifiziert
       wird, muss beim Verzichten auf Oberbekleidung mit einem Rauswurf aus dem
       Schwimmbad rechnen. So geschah es im vergangenen Jahr in Göttingen: Mina
       Berger (Name von der Redaktion geändert) hatte beim Schwimmen im
       Badeparadies Eiswiese ihr Oberteil ausgezogen – [1][und wurde von
       Bademeistern deshalb rausgeworfen.]
       
       Berger möchte sich keinem Geschlecht zuordnen und beschwerte sich
       anschließend beim Geschäftsführer der städtischen Betreibergesellschaft.
       Der verteidigte zunächst die Entscheidung der Bademeister. Doch da war
       schon in Göttingen, aber auch bundesweit eine Debatte über die bisherige
       Praxis entstanden. Das Bündnis „Gleiche Brust für alle“ hatte in mehreren
       Städten zu Protesten aufgerufen.
       
       ## Badeordnung ändern
       
       Die Eimsbütteler Bezirksabgeordnete Reineke-Rügge bezieht sich in ihrem
       Antrag explizit auf diesen Vorfall. „Dass im Jahr 2022 solche Unterschiede
       zwischen den Geschlechtern gemacht werden, ist nicht mehr zeitgemäß“, sagt
       sie. Mit dem Antrag soll „zum Zweck der Gleichstellung von Frauen sowie
       nichtbinären Menschen in den Hamburger bzw. Eimsbütteler Schwimmbädern
       allen Besucherinnen und Besuchern der Aufenthalt im Schwimmbereich mit
       freiem Oberkörper“ ermöglicht werden.
       
       Klar ist, dass dafür die Haus- und Badeordnungen in Hamburgs Schwimmbädern
       geändert werden müssen. Beim städtischen Schwimmbadbetreiber Bäderland
       Hamburg, der 27 Hallen- und Freibäder unterhält, heißt es bislang: „Die
       Nutzer haben alles zu unterlassen, was den guten Sitten sowie dem
       Aufrechterhalten der Sicherheit, Ruhe und Ordnung zuwiderläuft.“
       
       In vielen anderen Schwimmbädern ist angeordnet, dass „angemessene Kleidung“
       beim Schwimmen zu tragen sei. Diese schwammigen Formulierungen sollen nach
       dem Willen Reineke-Rügges in Hamburg dann der Vergangenheit angehören: „Wir
       wollen mit unserem Antrag deshalb Klarheit schaffen, damit Besucher:innen
       und Bäder sich künftig an eindeutigen und vor allem zeitgemäßen Regeln
       orientieren können“, sagt Reineke-Rügge.
       
       Sollte es soweit kommen, würde die Regelung in Hamburg sogar weiter gehen
       als in [2][Göttingen]: Nach dem geschilderten Vorfall entschied der
       Stadtrat, dass alle Geschlechter seit dem 1. Mai dieses Jahres auf
       Oberkörperbekleidung verzichten können – allerdings nur an den Wochenenden.
       
       ## Auch Hannover will Regeln ändern
       
       Das wiederum geht schon deutlich weiter als im Rest der Republik. In
       [3][Berlin], Düsseldorf und München etwa ist es zwar teilweise möglich, mit
       freiem Oberkörper herumzulaufen oder in der Sonne zu liegen – für
       Schwimmbäder gibt es allerdings noch keine derartige Entscheidung.
       Ausnahmen sind einzelne, privat betriebene Freibäder, wie etwa das
       Strandbad Jungfernheide in Berlin.
       
       In Hannover deutet sich seit wenigen Tagen an, dass eine ähnliche Regelung
       wie in Göttingen und für Hamburg anvisiert wird: Zumindest haben die
       Ratsfraktionen von SPD, Grünen und auch CDU klargestellt, dass sie sich
       hinter einen Antrag der gemeinsamen Fraktion von Volt und Die Partei
       stellen werden. Auch sie wollen die städtische Badeordnung dahingehend
       ändern, dass der Aufenthalt im Nassbereich nicht mehr nur „in der üblichen
       Badebekleidung (Badeanzug, Badehose, Badeshorts, Bikini, Burkini und
       Tankini)“ erlaubt ist.
       
       Sollte sich für den Eimsbütteler Antrag eine Mehrheit in der
       Bezirksversammlung finden – was als wahrscheinlich gilt –, könnte es aber
       noch dauern, ehe die Schwimmbadbetreiber tatsächlich die Gleichbehandlung
       vollziehen. Bindend wäre der SPD-Antrag für sie nicht.
       
       21 Jun 2022
       
       ## LINKS
       
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