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       # taz.de -- Debatte um kostenlose Schnelltests: Doch eine Corona-Kontroverse
       
       > Gesundheitsminister Karl Lauterbach will die kostenlosen Schnelltests
       > beschränken. Kritik kommt von den Ländern und der Opposition.
       
   IMG Bild: Schluss mit kostenlosen Tests – zumindest wenn es nach dem Gesundheitsminister geht
       
       Berlin taz | Ganz so einvernehmlich, wie Gesundheitsminister Karl
       Lauterbach (SPD) sich das mit der Corona-Herbststrategie vorgestellt hat,
       wird es wohl nicht laufen. Sprach er am Dienstag noch von „ausbleibendem
       Drama“ und [1][einer „schnellen Einigung“ über die Coronaregeln], gibt es
       bereits am Mittwoch eine Kontroverse in der Ampelkoalition und mit den
       Ländern.
       
       Im Vorfeld zur Gesundheitsministerkonferenz am Mittwoch und Donnerstag
       kündigte Lauterbach an, dass er die kostenlosen und [2][anlasslosen
       Coronaschnelltests beenden wolle.] Zugang dazu sollten künftig nur
       Patient*innen mit Symptomen und ausgewählte Personengruppen erhalten.
       Die Gratistests solle es nach Plan Lauterbachs in Pflegeheimen und
       Krankenhäusern geben, für Kleinkinder, für Geflüchtete aus der Ukraine, für
       Schwangere im ersten Trimester, für Personen, die sich aus diagnostischen
       Gründen nicht impfen lassen können und für Gruppen mit „erhöhter
       Kontaktexposition“. Letzteres könnte zum Beispiel für Testungen bei
       Großveranstaltungen gelten.
       
       Kritik für diesen Plan kommt vom Koalitionspartner und von den
       Gesundheitsminister*innen der Länder sowie der Opposition. So sprach
       sich der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen für weiterhin breit
       verfügbare kostenlose Tests für die Bevölkerung aus. Ähnlich äußerte sich
       auch Sachsens Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD).
       
       NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) bemängelte den späten
       Zeitpunkt für die neuen Regelungen. Es sei ein „Unding“, dass Angestellte
       in Testzentren und Bürger*innen noch nicht wissen, wie es mit den
       kostenlosen Tests weitergehe. Die aktuelle Regelung gilt noch bis zum 29.
       Juni. Lauterbach kritisierte hingegen in der ARD, dass die Länder sich
       nicht an den Kosten für die Tests beteiligen würden.
       
       Auch die Linken-Vorsitzende Janine Wissler sieht den Vorstoß kritisch: „Man
       könnte meinen, mit steigenden Inzidenzen sinkt das gesundheitspolitische
       Kurzzeitgedächtnis. Die Abschaffung von kostenlosen Schnelltest-Angeboten
       war nachweislich ein großer Fehler des letzten Pandemiejahres. Dies jetzt
       durch eine erneut geplante Beschränkung des Zugangs zu wiederholen ist grob
       fahrlässig und der Situation nicht angemessen“, so Wissler in einer
       Pressemitteilung.
       
       ## Impfkampagne braucht neue Ausrichtung
       
       Einig sind sich Bund und Länder, dass die Impfkampagne neu ausgerichtet
       werden muss. Das schreibt auch die Union in einem Beschlusspapier zur
       Pandemie. Darin fordern sie zudem eine bessere Datenlage zur Immunität in
       Deutschland durch eine repräsentative Antikörperstudie sowie ein
       datenschutzkonformes, unbürokratisches Impfregister.
       
       Lauterbachs Plan sieht vor, „die Impflücke zu schließen und die vierte
       Impfung zu bewerben, insbesondere in der älteren Bevölkerungsgruppe.“
       Ebenfalls stärker in den Fokus rücken sollen bei der neuen Impfkampagne
       Kinder und Jugendliche. Zugelassen für eine Impfung sind in Deutschland
       aktuell alle Menschen ab fünf Jahren. Weitere Schließungen von Kitas und
       Schulen sehen die Pläne des Gesundheitsministers nicht vor.
       
       Lauterbach plant außerdem die Beschaffung von Impfstoffen, die an die
       möglichen Virusvarianten angepasst sind. Unzufrieden ist der
       Gesundheitsminister bislang mit der geringen Verwendung des Medikaments
       Paxvovid bei einer Corona-Infektion. Bislang werde dieses noch zu wenig
       eingesetzt, der eingesetzte Expertenrat arbeitet deshalb auch an einem
       Behandlungskonzept.
       
       Er berät am Mittwoch und Donnerstag mit den
       Gesundheitsminister*innen der Länder über das weitere Vorgehen in
       der Pandemie. Für den Herbst und Winter erwartet das Ministerium „gehäuftes
       Auftreten von Infektionen und Arbeitsausfällen“, aber keine schwere
       Belastung der Intensivstationen.
       
       Eine Ausweitung der Masken- und Abstandspflichten und Kontaktbeschränkungen
       schließt er nicht aus. Auch dazu wollen Bund und Länder eine Strategie
       beschließen. Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz stieg am Mittwoch auf
       488,7 von 458,5 am Vortag. Das Robert-Koch-Institut meldete 119.232
       Neuinfektionen binnen 24 Stunden. Am 30. Juli soll die wissenschaftliche
       Evaluation der bisherigen Corona-Eindämmungsmaßnahmen des
       Sachverständigenrats veröffentlicht werden.
       
       22 Jun 2022
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Linda Gerner
       
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