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       # taz.de -- Spaltung im Profigolf: Putten in Disneyland
       
       > Die Spaltung der Golfwelt erhitzt die Gemüter. Der Grund: abgehalfterte
       > Profis, die sich der saudischen LIV-Serie angeschlossen haben.
       
   IMG Bild: Senior mit Riecher: Auch Phil Mickelson verlässt die PGA-Tour und schließt sich der LIV-Serie an
       
       Die Spaltung der Golfwelt erhitzt die Gemüter. Da fanden jetzt die US Open
       statt, aber viel mehr als über Überraschungssieger Matthew Fitzpatrick
       wurde über die Abtrünnigen geredet; die sich von der neuen Konkurrenz haben
       wegkaufen lassen in eine Disneyland-Turnierserie, die ein saudischer
       Staatsfonds finanziert mit Bergen an Petrodollars.
       
       Sie spielen jetzt auf der [1][LIV Saudi League]; LIV steht dabei großkotzig
       für römisch 54, das wäre das Ergebnis, wenn man an jeder der 18 Bahnen ein
       Birdie spielen würde (noch nie passiert). Für die Geldgeber aus dem Land
       der Kashoggi-Mörderbande ist das der billige Versuch von Imagewashing: Wir,
       die großen Sportförderer. Für die Eingekauften ist es ein dicker Deal.
       Zweistellige Millionensummen nur als Antrittsgelder sind belegt. Tiger
       Woods, der weltwichtigste Profi, hätte, bestätigt, mehrere Hundert
       Millionen Antrittsgeld bekommen. Nur für ein Ja. Woods sagte Nein.
       
       Die Empörung im Traditionsgolf ist groß – und bigott: Profigolf ist
       ohnehin [2][verseucht von wachsenden Geldmengen]. Jetzt aber zeigen die
       Superreichen den Reichen, welch arme Würstchen sie sind. Nur noch zweite
       Liga, trotz Sponsoren wie Rolex, die man bislang für potent hielt. Das
       schmerzt die Seele vehement. Und immer neue Namen machen die Runde, wer
       wohl noch abspringt. Die Stimmung ist entsprechend mies.
       
       Die sich prostituierenden Profis werden mit Geld zugeschissen, gleichzeitig
       ist der sportliche Wert der LIV Series gering. Das erste Turnier in London
       im Juni war ein albernes Getue mit Fanfaren und Show. Immerhin bekamen die
       ZuschauerInnen, soweit bekannt, als Kulissenkombattanten keine Gagen.
       
       ## Abwertung des Ryder-Cups
       
       Auffällig, dass zu den neuen Freunden der Scheichs zumeist Leute gehören,
       die die größten sportlichen Ziele lange erreicht haben: Sergio García,
       Charl Schwartzel, Dustin Johnson, Patrick Reed oder der
       Besonders-weit-Schläger Bryson DeChambeau, alles frühere Major-Sieger wie
       auch Broeks Koepka. Der wechselte diese Woche die Seiten, nach langem
       Leugnen. Die vier Letztgenannten können sich weitere Ryder-Cup-Auftritte
       für die USA abschminken. Der Ryder Cup ist das gefeierte Highlight im
       Golfsport – und manchen Spielern offenbar plötzlich egal. Damit werten sie
       das spektakuläre Teamduell USA–Europa massiv für alle ab.
       
       Das alte Establishment hat die Abtrünnigen von der US-PGA-Tour
       ausgeschlossen – und ist ansonsten ohnmächtig. Auch die europäische
       Golftour will mit Sperren reagieren. Das große Jubiläum der British Open
       (150. Austragung seit 1860) im Juli im traditionsbesoffenen St. Andrews in
       Schottland aber dürfen die Fahnenflüchtigen mitspielen, wie es am Mittwoch
       hieß. Die Gralshüter des Golfs glauben bockig, ihr heiliges Erbe sei
       gewichtiger als jede Verseuchung mit Ölkohle: „Offenheit ist ein
       wesentlicher Bestandteil unseres Ethos und unserer einzigartigen
       Anziehungskraft.“ Bislang stimmte das auch.
       
       Auch Martin Kaymer ist zum Saudi-Jünger geworden: der typische Fall eines
       Spielers, der in jungen Jahren große Erfolge hatte (zwei Major-Titel),
       seitdem aber nur noch mühsam Mitläufer war. Als solch ein Mitläufer hat man
       immer noch sein Auskommen, vor allem durch üppige Sponsorendeals: Kaymer
       etwa verkauft seinen Körper als Ausstellungsfläche für einen
       Herrenausstatter (eigene Modelinie). Jetzt formuliert er über die
       Saudi-Serie Eigentore wie: „Ich glaube an die Menschen dahinter.“ Leute wie
       Kaymer ärgern sich möglicherweise über unzumutbar steigende Kerosinpreise
       für ihre Privatjets.
       
       Das erste Saudi-Turnier hat jemand gewonnen. Und der Letzte bekam auch noch
       120.000 Dollar Loser-Preisgeld. Im Juli geht es nach Bedminster, New
       Jersey; das ist Donald Trumps Heimatplatz.
       
       24 Jun 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.livgolf.com/
   DIR [2] https://www.pgatour.com/stats/stat.014.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernd Müllender
       
       ## TAGS
       
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