# taz.de -- Schulsenatorin in der Kritik: Es gibt Besseres zu tun
> Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD) wird heftig attackiert.
> Manches ist substanzlos, anderes könnte gefährlich werden. Ein
> Wochenkommentar.
IMG Bild: Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD) wird für ihre Amtsführung kritisiert
Militärische Metaphern sind eigentlich niemals schön, schon gar nicht in
Kriegszeiten wie diesen. Aber wenn man diese Woche mit Blick auf die
Berliner Bildungspolitik mal Revue passieren lässt, dann ist man schon
versucht zu sagen: Das waren echt heftige Angriffe, derer sich
[1][Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD)] erwehren musste. Manche
davon wurden sehr laut vorgetragen, waren aber eigentlich substanzlos.
Andere blieben eher ein Störfeuer im Hintergrund – könnten der Senatorin
aber durchaus noch gefährlich werden.
Zunächst also die prominenteste Attacke diese Woche: Die oppositionelle CDU
hatte dem Parlament am Donnerstag [2][einen Missbilligungsantrag von Busses
Amtsführung] angetragen. Der Antrag wurde, erwartungsgemäß, abgelehnt. Denn
natürlich kann die rot-grün-rote Koalition nach gerade mal einem halben
Jahr in die neue Legislatur hinein kein Interesse daran haben, eine
Senatorin zu verlieren und unnötig Unruhe im Bündnis zu stiften – dass
Busses Performance auch innerhalb der Koalition nicht unbedingt alle
überzeugt, spielt dafür keine Rolle.
Dass dieser Missbilligungsantrag lediglich ein reiner Showprozess war,
wusste sogar die ebenfalls oppositionelle FDP: Die CDU gehe einen Schritt
zu weit, und das auch noch zu früh, sagte ihr bildungspolitischer Sprecher
Paul Fresdorf.
Da muss sich also eher die CDU die Frage gefallen lassen: Was sollte das?
Schon klar, dass man in der Politik ein dickes Fell haben muss. Und es ist
natürlich auch die Rolle der Opposition, Korrektiv zu sein für das Handeln
der Regierung. Und doch: Wer jemand anderem, in dem Fall der
Schulsenatorin, Verantwortungslosigkeit vorwirft, ihr Engagement und eine
Vision abspricht, sollte besser wissen, ob es einem höheren Ziel dient,
diese Person fertig zu machen – zum Beispiel, weil man Schaden vom Amt
abwenden will.
## Harte Worte
Ansonsten sind das einfach harte Worte, die sowohl persönlich verletzen wie
sie auch in der öffentlichene Wahrnehmung verhallen. Und die
CDU-Abgeordneten hätten die Zeit vielleicht besser nutzen können, um ein
paar kluge Anfragen an die Bildungsverwaltung zu stellen.
Denn Fragen kann man ja durchaus zuhauf haben an die Bildungssenatorin
Busse: Wie will sie zum Beispiel [3][die Bauprozesse bei den Schulneubauten
endlich beschleunigen], wo will sie priorisieren – gerade auch unter dem
Eindruck der Inflation bei den Baukosten und der Schulplatznot, die immer
mehr auch die weiterführenden Schulen betrifft? Dieses Jahr konnte erstmals
auf den Schulbescheiden, die zu Wochenbeginn in den Briefkästen der
künftigen Siebtklässler*innen lagen, [4][nicht mehr allen Kindern eine
Schule zugewiesen werden]. Sie bekamen einen Blanko-Bescheid und wissen
noch nicht, wohin es nach den Sommerferien geht.
Man kann sich auch fragen, wie der Lehrkräftemangel eigentlich in den
kommenden Schuljahren gemanagt werden soll, denn die [5][zum Sommer
fehlenden 1.000 Pädagog*innen] werden nicht das Ende der Entwicklung
sein: Die Schüler*innenzahlen werden noch steigen, die Unis werden
nicht so schnell so viel mehr ausbilden, und die Verbeamtung wird
angesichts des bundesweiten Fachkräftemangels kein Befreiuungsschlag sein.
Vielleicht doch Sport- und Kunstunterricht an Vereine und Kunstschulen
auslagern, wie es die Grünen vorschlagen? Warum nicht – Sport ist zwar
wichtig, aber ob jemand die demütigende Erfahrung machen muss, im
Geräteturnen ein „mangelhaft“ zu bekommen, sei ohnehin mal dahingestellt.
Vielleicht könnte man da Schule auch mal „anders denken“, wie es so schön
heißt.
## Bleibendes Fragezeichen
Und noch ein Fragezeichen, das bleibt: Die Diskussion um
Diskriminierungsvorwürfe gegen die Senatorin will einfach nicht so recht
verstummen. Diese Woche twitterte ein GEW-Personalrat, es würden sich immer
noch Eltern und Lehrkräfte aus Busses alter Schule mit Beschwerden an ihn
wenden.
Busse hat vor ihrem Amtsantritt viele Jahre lang eine
Brennpunkt-Grundschule in Neukölln geleitet – und sich öffentlich durchaus
abwertend über arabische Familien geäußert („Wir sind arabisiert.“). Sie
hat sich von ihren Formulierungen distanziert. Und doch bleibt da ein
schales Gefühl, wenn sich der AfD-Abgeordnete am Donnerstag im Parlament
darüber freut, dass die Diskriminierungsvorwürfe ausdrücklich nicht
Bestandteil des Missbilligungsantrag der CDU seien. So könne die AfD
ruhigen Gewissens zustimmen. Da hat die Senatorin durchaus gefährliche
Fürsprecher gefunden.
Einen ganzen Arbeitstag lang hat Busse im Parlament verbracht. Dabei hat
sie eigentlich Dringenderes zu tun. Bleibt zu hoffen, alle Beteiligten,
einschließlich der CDU, können sich nun auch darauf konzentrieren.
11 Jun 2022
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## AUTOREN
DIR Anna Klöpper
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