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       # taz.de -- Nach den Anhörungen zum Kapitol-Sturm: Kein zweites Watergate
       
       > Trumps üble Machenschaften rund um Bidens Wahlsieg sind mittlerweile
       > belegt. Trotzdem dürfte das dem amtierenden Präsidenten kaum nützen.
       
   IMG Bild: Stellvertretende Ausschussvorsitzende Liz Cheney (2.v.l.) bei der Kapitol-Anhörung
       
       Der Einbruch im Watergate-Hotel, der zur Anklage gegen Präsident Richard
       Nixon und zu seinem Rücktritt führte, ist in diesem Juni genau 50 Jahre
       her. Bei den Kongresswahlen im darauffolgenden November konnten die
       Demokrat*innen zahlreiche Sitze hinzugewinnen.
       
       Die aktuellen Anhörungen des Untersuchungsausschusses über Trumps Rolle
       beim Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 wecken Erinnerungen an die
       Watergate-Anhörungen von 1972. Zeuge um Zeuge belegte die Machenschaften,
       mit denen [1][Trumps Lakaien] versuchten, die Wahlergebnisse in den für Joe
       Bidens Sieg entscheidenden Bundesstaaten in Zweifel zu ziehen. Sie wollten
       so viel Verwirrung stiften, dass Vizepräsident Mike Pence am Ende die
       gesamte Wahl für ungültig erklären würde.
       
       Die für die Auszählung Verantwortlichen und sogar deren Familienangehörige
       wurden bedroht, bedrängt und belästigt. Doch am Ende hatten Trumps
       Unterstützer*innen genauso wenig Erfolg wie die Einbrecher im
       Watergate. Ein Klebeband an der Tür zum Hauptquartier der Demokratischen
       Partei machte einen Sicherheitsbeamten im Watergate stutzig und ließ ihn
       die Polizei alarmieren.
       
       Aber diesmal darf man nicht auf große Zugewinne der Demokraten im November
       hoffen. Selbst [2][Republikaner*innen] haben es schwer genug – falls
       sie für die Amtsenthebung Trumps gestimmt hatten. Von den zehn, die es
       wagten, treten vier nicht mehr an. Andere erleben, wie ihre politischen
       Karrieren schon bei den Vorwahlen enden. Die Abgeordnete Liz Cheney, die
       Tochter des früheren Vizepräsidenten, ist die stellvertretende Vorsitzende
       des Untersuchungsausschusses zum 6. Januar. Sie warnt laut vor dem
       moralischen Verfall, für den der Ex-Präsident steht, und drängt ihre
       republikanischen Parteifreunde, sich einen Rest an Würde zu bewahren.
       Cheney muss sich im August der Vorwahl für ihren Kongresssitz stellen und
       wird wohl gegen eine von Trump unterstützte Kandidatin unterliegen. Aber es
       heißt, sie könnte 2024 als Unabhängige für das Weiße Haus kandidieren.
       
       Die meisten Kommentator*innen glauben nicht, dass die Anhörungen viele
       Wähler*innen umstimmen werden. Zu viele andere Themen beschäftigen sie
       derzeit, von der Schusswaffenkontrolle, die der Kongress wohl minimal
       verschärfen wird, über steigende Preise für Benzin bis zur Angst vor einer
       Rezession und Bidens Unfähigkeit, diese Probleme abzuräumen.
       
       Ein spannendes Duell erwartet man im November in [3][Pennsylvania], wo der
       aus dem TV bekannte und von Trump unterstützte Mediziner Mehmet Oz gegen
       den populären linksliberalen demokratischen Vizegouverneur John Fetterman
       für einen Sitz im Senat antritt. Auch auf Georgia werden sich erneut die
       Blicke richten. Dort hatte sich der republikanische Wahlleiter Brad
       Raffensberger in einem legendär gewordenen Telefonat Trumps Drängen
       verweigert, das Wahlergebnis zu verfälschen. Jetzt spielen die Republikaner
       dort ein besonders zynisches Spiel: Trumps Leute unterstützen den
       ehemaligen schwarzen Footballstar Herschel Walker – der ebenso konservativ
       wie politisch unerfahren ist. Der wirbt vor allem bei den Evangelikalen um
       Stimmen und nennt schwarze Familien, die ohne einen Vater auskommen müssen,
       ein „ganz, ganz großes Problem“. Dann musste er eingestehen, selbst drei
       uneheliche Kinder zu haben. Der amtierende Senator Ralph Warnock, ein
       schwarzer Pastor aus Atlanta, sammelt derweil Rekordsummen an Spenden und
       freut sich, dass sich trotz aller neu beschlossenen
       Wahlrechtseinschränkungen in Georgia noch mehr Menschen für die Wahl im
       November registriert haben.
       
       Biden wollte die Normalität in den USA wiederherstellen – und dann kam
       alles anders.
       
       Aus dem Englischen von Stefan Schaaf
       
       26 Jun 2022
       
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