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       # taz.de -- Inflationsbonus-Plan: Lohnpolitik geht Scholz nichts an
       
       > Eine Einmalzahlung für Beschäftigte ist keine schlechte Idee. Doch sie
       > ist Sache der Tarifpartner. Scholz bringt sie nur wegen Lindner ein.
       
   IMG Bild: Tarifpolitik ist nicht Sache des Kanzlers
       
       Olaf Scholz regiert. Aber der Bundeskanzler regiert auch hinein – aktuell
       in die Lohnpolitik, die nicht primär ihn etwas angeht, sondern die
       Firmenverbände und Gewerkschaften. Deren Spitzen lehnen Scholz’ neuen
       Vorschlag deshalb auch ab. Die Zurückweisung ist zwar folgerichtig, aber
       zur Wahrheit gehört auch: Die Idee der steuerfreien Einmalzahlung an die
       Beschäftigten hat durchaus Vorteile.
       
       Das Kanzleramt strebt offenbar an, mit Arbeitgebern und Gewerkschaften eine
       Vereinbarung zu schließen. Diese sollen sich auf Tariferhöhungen einigen,
       die deutlich unter der Inflationsrate liegen. Während die Inflation 5 oder
       6 Prozent erreichen könnte, erhielten die Beschäftigen im kommenden Jahr
       beispielsweise nur 3 Prozent mehr Lohn. Zusätzlich soll es steuerfreie
       Einmalzahlungen von vielleicht 800 Euro pro Kopf geben, die nicht in den
       Tarif eingerechnet werden.
       
       Die Logik des Plans: Er kann dämpfend auf die Inflation wirken. Die
       Tarifanhebung, die jeweils die Basis für die Erhöhungen der kommenden Jahre
       darstellt, fiele so gering aus, dass sie nicht zu einer dauerhaften
       [1][Lohn-Preis-Spirale] beitrüge. Höhere Löhne führten also nicht zu
       weiteren Preissteigerungen. Moderate Lohnabschlüsse schützen außerdem die
       Unternehmen, die unter den galoppierenden Energiekosten leiden. Mit den
       Einmalzahlungen erhielten die Beschäftigten aber trotzdem eine
       Unterstützung, um mit den hohen Gas-, Benzin- und Strompreisen
       zurechtzukommen.
       
       Allerdings sind auch die Nachteile von Scholz’ Vorhaben nicht zu übersehen.
       Vor allem muss man sich darüber im Klaren sein, dass es sich bei den
       Einmalzahlungen vermutlich nicht um einen Bonus zugunsten der Beschäftigten
       handelt. [2][In der Summe aus geringer Tariferhöhung und Einmalzahlung
       erhalten sie wahrscheinlich weniger, als wenn IG Metall und Verdi ihre
       volle Kraft auf die Straße bringen, um den Ausgleich der Inflation
       durchzusetzen].
       
       Zudem müssen viele Arbeitenden auf die Einmalzahlung verzichten, weil deren
       Firmen nicht tarifgebunden sind. Und drittens kommen breite
       Bevölkerungsgruppen nicht in den Genuss, die ebenfalls unter den
       Energiepreisen leiden – Rentnerinnen und Rentner, Haushalte, die staatliche
       Unterstützung wie Grundsicherung erhalten, Studierende.
       
       Deshalb sollte die Regierung Menschen mit niedrigen Einkommen einen
       wirklichen Bonus auszahlen. Dieser Inflationsausgleich dürfte allerdings
       seine Grenze in der [3][Schuldenbremse finden, die FDP-Finanzminister
       Christian Lindner 2023 unbedingt wieder einhalten will]. Der Spielraum im
       Bundeshaushalt verringert sich damit drastisch. Deshalb wählt Scholz den
       holprigen Umweg der Tarifvereinbarung.
       
       27 Jun 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Tarifverhandlungen-2022/!5854135
   DIR [2] /Volkswirt-ueber-Inflation-und-Uebergewinne/!5857726
   DIR [3] https://www.zdf.de/nachrichten/politik/lindner-bundeswehr-ukraine-krieg-russland-100.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hannes Koch
       
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