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       # taz.de -- Weingüter stellen auf Ökobetrieb um: Der Tropfen wird Bio
       
       > Drei Topweingüter im Kaiserstuhl wollen ihre Rebflächen künftig
       > ökologisch bewirtschaften. Zuvor verzeichneten Winzer hohe
       > Ertragseinbußen.
       
   IMG Bild: Bald im großen Stil Bio: Weinlese am Kaiserstuhl
       
       Berlin taz | Gleich drei renommierte Weingüter im Kaiserstuhl stellen ihre
       Rebflächen auf [1][ökologischen Anbau] um. Die Weingüter Bernhard Huber in
       Malterdingen, Franz Keller in Oberbergen und Konrad Salwey in Oberrotweil
       wollen den Schritt zum zertifizierten Biobetrieb wagen. Somit werden auf
       einen Schlag rund 100 Hektar Weinberge ökologisch bewirtschaftet und
       zertifiziert. Aber nicht nur die relativ große Fläche ist bemerkenswert.
       Herausragend ist vor allem die Qualität der drei Weingüter, die von allen
       Weinführern zu den Topadressen in Deutschland gezählt werden und auch
       international einen Namen haben.
       
       Dass die drei Betriebe Hand in Hand auf Bio umstellen, hat einen einfachen
       Grund: Die Winzer sind gut befreundet und haben diesen Schritt gemeinsam
       diskutiert. Offenbar haben sie sich auch vom Extremjahr 2021 nicht
       abschrecken lassen. Das vergangene Jahr war mit dem feuchtwarmen Sommer und
       einem ungewöhnlich starken Pilzbefall von falschem Mehltau gerade für
       Biobetriebe äußerst herausfordernd.
       
       Einige badische Winzer mussten Ertragseinbußen von 50 Prozent und mehr
       verkraften. Das Weinmagazin Vinum titelte provokant: „Bio – war’s das?“
       Doch Rückumstellungen auf konventionellen Anbau inklusive chemischer Keule
       waren trotz der empfindlichen Einbußen selten. Ecovin, der größte
       Bioweinbauverband, registrierte nur einen einzigen Betrieb, der zum
       konventionellen Anbau zurückkehrte.
       
       Die Motive, die die drei Kaiserstühler Betriebe für die Umstellung angeben,
       sind ähnlich: Verantwortung für Mensch und Natur übernehmen. Konrad Salwey
       denkt dabei auch an sich selbst, denn er wohnt „mitten in den Reben“.
       Pestizidwolken sind da vermutlich nicht so angenehm. Da Salwey in seinen
       Weinbergen schon länger naturnah gearbeitet hat, scheint die
       Biozertifizierung für ihn der nächste logische Schritt zu sein. „Wir wollen
       die Herausforderung jetzt annehmen.“ Ein Plus für Salwey: Schwester
       Franziska produziert in ihrem Betrieb schon länger ökologisch, da kann er
       von ihren Erfahrungen profitieren.
       
       Friedrich Keller, Chef des Weinguts Franz Keller, sieht einen langen
       Prozess der Annäherung an Bio. Nachdem auf Herbizide und Kunstdünger
       bereits verzichtet wurde, „mussten wir es jetzt einfach machen, für unsere
       Mitarbeiter und für uns selbst“. Das Biosiegel stehe dafür, „dass wir es
       wirklich ernst meinen“, so Keller. Einige der Zulieferer – das Weingut
       Keller kauft auch Trauben auf – sind allerdings nicht mitgezogen, was zur
       Trennung führte. Keller will die Bio-Umstellung nicht an die große Glocke
       hängen, er sei sich allerdings bewusst, dass die drei Betriebe damit auch
       für andere Weingüter die Türe aufstoßen.
       
       Und was sagt Julian Huber? Der derzeit in den Weinführern höchstbewertete
       deutsche Weinmacher war wegen einer besonders kritischen Phase der
       Rebenblüte im Weinberg „am Traktor festgewachsen“, wie sein Sekretariat
       erklärte und nicht zu sprechen. Bleibt zu hoffen, dass ihm der
       arbeitsintensive Bioanbau künftig dennoch etwas Zeit lässt.
       
       Gegenwärtig werden in Deutschland nach Angaben des Deutschen Weininstituts
       9.600 Hektar Rebfläche (Stand 2020) von 921 Biowinzern ökologisch
       bewirtschaftet, das entspricht rund 10 Prozent der Gesamtfläche. Die
       ökologischen Reben bringen im Schnitt etwas weniger Ertrag bei leicht
       höherem Arbeitsaufwand.
       
       Interessant ist das Konsumverhalten. Anders als Biolebensmittel werden
       Bioweine seltener gezielt nachgefragt, wie eine Studie der Hochschule
       Geisenheim – „Herausforderungen der Öko-Weinbranche“ – ergab. Etwa die
       Hälfte der Einkäufe von Bioweinen geschieht unbewusst, die Konsumierenden
       haben die Biozertifizierung entweder gar nicht bemerkt oder sie ist ihnen
       egal. Da Weinetiketten für viele Käufer*innen ohnehin verwirrend sind,
       wird womöglich weniger auf das Biozeichen geachtet, das meist aufs
       Rückenetikett gedruckt wird. Zudem gibt es etliche zertifizierte Betriebe,
       die ganz auf das Biozeichen verzichten. Biolebensmittel werden stärker aus
       gesundheitlichen Gründen gekauft, während beim Biowein der Genuss im
       Vordergrund steht.
       
       17 Jun 2022
       
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