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       # taz.de -- Blick ins Universum: Astronomie für den Hafen
       
       > Die Bergedorfer Sternwarte hat lange die exakte Zeit für Hamburg
       > geliefert. Und in der NS-Zeit diente sie auaschließlich Kriegszwecken.
       
   IMG Bild: Technikdenkmal als Ort aktueller Forschung: Neobarocker Kuppelbau der Bergedorfer Sternwarte
       
       Hamburg taz | Genau da, wo heute Hamburgs [1][Elbphilharmonie] prangt: Da
       war im 19. Jahrhundert, prominent auf dem damaligen „Kaiserspeicher“, der
       „Zeitball“ platziert. Es war ein Gerüst, von dem täglich um zwölf Uhr ein
       schwarzer Ball herunterfiel. Dann konnten die Kapitäne der auslaufenden
       Schiffe ihre Uhr stellen, was wichtig war für die Navigation.
       
       Das Ganze war ein Vorläufer der telefonischen Zeitansage. Etliche
       Präzisionsuhren waren damals über die Stadt verteilt, allesamt gesteuert
       von der Sternwarte. Dort errechnete man anhand [2][astronomischer
       Messungen] die Stern- und daraus die Erdzeit.
       
       Und ohne den Nutzen für den Hafen hätte es wohl noch länger gedauert, bis
       Hamburgs Senat den Bau einer öffentlichen Sternwarte genehmigte.
       Jahrhundertelang war es das Privatvergnügen von Hobbyastronomen wie dem
       Zimmermann Johann Beyer gewesen, der schon in den 1720er-Jahren eine
       private Sternwarte am Baumwall betrieb.
       
       Seit 1802 kämpfte dann der Unternehmer und Spritzenmeister Johann Georg
       Repsold darum, seine private Sternwarte durch eine städtische zu ersetzen.
       Genehmigt wurde der Neubau 1821 – einerseits, weil das konkurrierende
       dänische Altona jetzt eine hatte. Zum anderen hatte sich Repsold mit
       Hamburgs Admiralität verbündet, die ihre Navigationsschule erweitern und
       mit in die neue Sternwarte ziehen wollte. So kam es auch; 1825 eröffnete
       der Neubau am Stintfang oberhalb des Hafens und übermittelte Hamburg
       seither die Zeit.
       
       ## Industrialisierung vernebelte die Sicht
       
       Allerdings brachte die Industrialisierung immer mehr Licht und Qualm in die
       Innenstadt, und man [3][sah die Sterne] nicht mehr richtig. Weshalb man
       1912 im [4][außerhalb gelegenen] Bergedorf die auf einer Anhöhe die heutige
       Sternwarte eröffnete, mit neobarocken Kuppelbauten und einer Bibliothek.
       
       Drum herum ein idyllischer Park. Eine ideale Atmosphäre für die
       ForscherInnen des Fachbereichs Physik der Universität Hamburg, zu der die
       Sternwarte seit 1968 gehört. Und dass die AstonomInnen in einem technischen
       Denkmal mit hochkarätigen historischen Instrumenten arbeiten, ist ein
       Alleinstellungsmerkmal der Sternwarte, die nun schon zum zweiten Mal auf
       der Bewerbungsliste für das Unesco-Weltkulturerbe steht.
       
       Doch allen Lob der Grundlagenforschung zum Trotz: Während des Zweiten
       Weltkriegs diente die Sternwarte einzig dem Militär. Der Marine
       unterstellt, beobachtete man die Sonnenaktivität, die Radiowellen und
       Funkverkehr beeinflussen, den des „Feindes“ stören kann.
       
       Heute steht – neben öffentlichen Führungen – wieder
       [5][Grundlagenforschung] auf der Agenda: Mit Kosmologie, Exoplaneten und
       außergalaktischer Astrophysik befassen sich die Forscher oder, wie Jochen
       Liske, mit der Entstehung von Galaxien. Und auch wenn sich Liske nicht als
       Theoretiker bezeichnet, sondern als beobachtenden Astronom: Durch eins der
       alten Teleskope schaut er nur noch gelegentlich mit Kollegen zum Vergnügen.
       Denn seine Forschungsdaten generieren moderne Teleskope in aller Welt auf
       Computerbefehl hin. Da kann man gar nicht mehr durchschauen.
       
       26 Jun 2022
       
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