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       # taz.de -- Bremer Senat: SPD-Basis schießt Senatorin ab
       
       > Die Bremerhavener Senatorin Claudia Schilling ist nicht für die
       > Bürgerschaftswahl nominiert worden. Die SPD will sie dennoch im Bremer
       > Senat halten.
       
   IMG Bild: Diese Basis! Claudia Schilling hat's nicht leicht mit ihrer Bremerhavener SPD
       
       Bremen taz | Die [1][Bremerhavener Senatorin Claudia Schilling] (SPD) ist
       in diesen Tagen äußerst wortkarg. Seitdem ihr eigener Ortsverein sie nicht
       für die Bremer Bürgerschaftswahl in gut einem Jahr aufgestellt hat, gibt es
       viele, die ihr Fragen stellen möchten. Sie lässt aber nur eine knappe
       Antwort verbreiten. „Kritik an meiner Arbeit als Senatorin wurde bei der
       Nominierung nicht geäußert“, heißt es in der Pressemitteilung, „die
       Ursachen scheinen also an anderer Stelle zu liegen“.
       
       Der Mangel an Kommunikationsfähigkeit ist der Kern dessen, was ihr
       vorgehalten wird. Sie sei zu wenig präsent an der Basis, hat der
       Ortsvereinsvorsitzende Sergej Strelow erklärt. „Wahrscheinlich hat sie zu
       wenig Würstchen auf dem Sommerfest des Ortsvereins verkauft“, spotten
       Kritiker der sozialdemokratischen Politikstruktur. Von 120 Mitgliedern des
       Ortsvereins waren – inklusive Senatorin – 16 bei der entscheidenden
       Versammlung, und sie bekam nur sieben Stimmen.
       
       Offenkundig nimmt die Senatorin die Parteibasis nicht ernst, sonst hätte
       sie vielleicht vorab ein Gespräch mit dem Ortsvereinsvorsitzenden geführt.
       Hinzu kommt, dass mit dessen Frau Ina Strelow und Jörg Zager zwei weitere
       Mitglieder darauf hoffen, einen guten Platz auf der Bremerhavener SPD-Liste
       zu bekommen. Eine Konkurrentin weniger erhöht ihre Chancen.
       
       Der SPD-Unterbezirksvorsitzende Martin Günthner hat eilig erklärt, dass
       auch er das Votum nicht so ernst nehmen und der Senatorin eine Mandatierung
       durch eine andere Basis-Einheit beschaffen will: die Bremerhavener
       Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen. Die stelle ihre Kandidatin
       am Mittwoch auf, sagte die Vorsitzende Sabrina Czak. Schilling werde wohl
       kommen, um anzutreten.
       
       ## Sorgen um Arbeitsplätze
       
       Wer von den in Bremerhaven nominierten KandidatInnen einen sicheren
       Listenplatz bekommt, das entscheidet der Unterbezirksvorstand. Insofern
       könnte man Günthners Ankündigung, für Schilling ein anderes Votum zu
       besorgen, als Vorentscheidung dafür betrachten, dass Schilling auch nach
       der Bürgerschaftswahl Senatorin bleibt.
       
       Denn in der ungeschriebenen politischen Kultur der bremischen SPD gilt als
       ehernes Gesetz, dass ein Mitglied des Senats seinen Wohnsitz in Bremerhaven
       haben muss. Und nach Lage des Geschlechter-Proporzes müsste es eine Frau
       sein. Falls Ex-Wirtschaftssenator Günthner selbst Ambitionen hätte, in die
       hauptberufliche Politik zurückzukehren, hätte er da eine Hürde zu nehmen.
       
       Kritik an der Politik der Senatorin hat es vielleicht nicht in der Sitzung
       des Ortsvereins gegeben, das bedeutet aber nicht, dass sie als erfolgreiche
       Politikerin gelten kann. Es gibt in Bremerhaven Sorgen um Arbeitsplätze in
       der Autoverladung und wegen der – gerade erst auf Eis gelegten – Fusion der
       Containerhafen-Betriebe von Eurogate und Hamburger HHLA.
       
       In beiden Themen hat Schilling vermutlich keine administrative Kompetenz –
       auch wenn sie, gemäß der SPD-Tradition, als Bremerhavenerin den
       [2][Fachbereich Häfen] verantwortet, weil dort die Containerschiffe
       anlegen. Man würde von ihr deshalb zumindest erwarten, dass sie die
       Interessen Bremerhavens und der dortigen Hafenarbeiter kommunikativ
       vertritt.
       
       Dass Schilling das Justizressort dazubekam, liegt angesichts ihrer
       beruflichen Qualifikation nahe und wird im Ressort, das lange nur vom
       Bürgermeister mitregiert wurde, offenbar wertgeschätzt. Es ist zu hören,
       Schilling – [3][von Beruf Richterin] – sei hier sehr engagiert, vielleicht
       mehr als es zwingend Aufgabe einer politischen Repräsentantin wäre.
       
       Die beiden kleinen Ressort-Abteilungen waren aber zu wenig. So wurde der
       Wissenschaftsbereich aus der langjährigen Bindung an das Bildungsressort
       herausgelöst und nach Bremerhaven gegeben. Dass sich Schilling auf diesem
       Feld nicht profilieren konnte, überraschte kaum.
       
       5 Jul 2022
       
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