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       # taz.de -- Johnson-Nachfolge bei den Tories: Zwischen Patrioten und Liberalen
       
       > Bei den britischen Konservativen laufen sich die Politiker:innen für
       > Johnsons Nachfolge warm. Die Bandbreite der Kandidat:innen ist groß.
       
   IMG Bild: Boris Johnson zwischen Ex-Gesundheitsminister Sajid Javid (l.) und Ex-Finanzminister Rishi Sunak
       
       London taz | Mit der [1][Krise um Boris Johnson] stellt sich auch die
       Frage, wer ihm [2][im Falle eines Rücktritts] oder einer Absetzung als
       Premierminister nachfolgen könnte. Als Hauptkandidat hierfür galt bislang
       Ex-Finanzminister Rishi Sunak. Viele Brit:innen rechnen ihm die
       staatlichen Hilfen hoch an, mit denen er das Land und die Menschen
       wirtschaftlich durch die Coronapandemie führte.
       
       Doch zuletzt litt sein Ansehen, weil staatliche Nothilfen an viele
       Unternehmen ohne ausreichende Prüfung ausgezahlt wurden. Schätzungen
       zufolge versickerten auf diese Weise knapp 5 Milliarden Euro an
       Steuergeldern in fiktiven Firmen. In der Kritik stand auch Sunaks Ehefrau
       Akshata Murty. Sie ist Tochter einer der reichsten Milliardäre Indiens und
       entrichtete jahrelang wegen ihrer steuerlichen Registrierung im Ausland in
       Großbritannien keine Steuern. Inzwischen hat sie sich entschuldigt und
       Fälligkeiten nachgezahlt. Sunak gilt als konservativ und wirtschaftsliberal
       und wird mit der Politik niedriger Steuern in der Tradition von Margaret
       Thatcher in Verbindung gebracht. Er wäre der erste Premier indischer
       Abstammung und erste Premier of Colour in der Geschichte des Vereinigten
       Königreichs.
       
       Zwei weitere Figuren, die als Nachfolger für Johnson gehandelt werden,
       würden mit ihren Biografien Geschichte schreiben: Nadhim Zahawi, der nun
       die Nachfolge Sunaks als Finanzminister angetreten hat, und Sajid Javid,
       der zurückgetretene Gesundheitsminister. Beide Politiker gelten als
       durchsetzungsstark. Zahawi mag allerdings ein paar Punkte verloren haben,
       weil er weiterhin treu an Johnsons Seite steht.
       
       Tom Tugendhat, der derzeitige Vorsitzende des parlamentarischen Ausschusses
       für Auslandspolitik, ist ein weiterer Anwärter. Der ehemalige
       Oberstleutnant der britischen Territorialarmee gilt als kritische, seriöse,
       aber auch moderatere Stimme in konservativen Rängen, der es nicht scheute,
       Johnson offen zu kritisieren.
       
       ## Auch erzkonservative Figuren werden gehandelt
       
       Jeremy Hunt, der ehemalige Gesundheitsminister, der sich einst gegen
       Johnson um das Amt des Parteivorsitzenden bewarb, macht seit Langem keinen
       Hehl aus seinen Ambitionen. Hunt spricht viel von Verantwortung und
       darüber, dass er aus seiner Zeit als Gesundheitsminister gelernt habe.
       Allerdings hängt ihm der mangelhafte Zustand des britischen
       Gesundheitssystems nach, in dem er auch wegen fehlender Schutzkleidung für
       Pflegekräfte und Ärzt:innen in der Kritik stand.
       
       Ben Wallace, der derzeitige Verteidigungsminister, hat aufgrund seiner
       Haltung zur Nato und Ukraine großes Ansehen in konservativen Kreisen
       erhalten und verkörpert für Torys die Vision eines strategisch wichtigen
       Großbritanniens in der Weltpolitik.
       
       Die derzeitige Außenministerin Liz Truss wäre eine erzkonservative
       Nachfolgerin Johnsons. Allerdings stand sie bisher loyal an der Seite des
       Premiers. Eine weitere potenzielle Nachfolgerin wäre die Ministerin für
       internationalen Handel, Penny Mordaunt, deren Vater einst im britischen
       Fallschirmjägerregiment diente. Sie hatte Downing Street trotz ihrer
       ministeriellen Aufgabe kritisiert. Sie gilt als patriotisch-nationalistisch
       eingestellt.
       
       6 Jul 2022
       
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