# taz.de -- Obstsalat im Gasthaus: Klimakiller Obstsalat
> Obstsalat ist ein Superhit des Hotelfrühstück-Angebots. Dabei ist es ein
> Gericht ohne Konzept – und ein Klimakiller noch dazu.
IMG Bild: Klimakiller Obstalat
Auf unserer Frühstückskarte steht das Gericht eher im Kleingedruckten, aber
das bringt auch nichts: Obstsalat ist einfach der Renner! Er wird sogar
öfter geordert als die Aufschnittplatte.
Dabei habe ich gar kein Verhältnis zu Obstsalat. Für mich ist er genauso
wie Gemüsepfanne: ein Gericht aus der Beliebigkeit heraus, ohne Konzept.
Ich finde immer irgendwas darin, das ich nicht mag. Kiwistücke etwa oder
angedötschte Erdbeeren. Bei Cranberrys bin ich sofort weg, Granatapfelkerne
dagegen sind nicht schlecht. Und schließlich: Wenn es ein Konzept gäbe,
müsste es dann nicht auch Apfel-, Erdbeer- oder Pfirsichsalat geben? Gibt
es aber nicht. Also!
Obstsalatesser tangieren solche Überlegungen nicht. Ich weiß das, ich habe
angefangen, sie zu befragen. Es ist nicht der Geschmack. Sie genießen, dass
das Obst bereits geputzt, aus der Form gebracht und mundgerecht geschnitten
ist. Kann ich verstehen: Ich schnippele fast eine Dreiviertelstunde, wenn
alle neun Zimmer belegt sind. Warum bitte gibt es noch keine
Aufschnittmaschine für Obst?
Würde sich wahrscheinlich bezahlt machen bei der Nachfrage. Meine Erfahrung
nach zwei Monaten Gasthausbetrieb: Nur Brandenburger haben kein Faible für
den Obstmischmasch, dafür trinken sie dreimal so viel Kaffee wie der Rest
der Republik.
## Entkernen um 6 Uhr morgens
Und ich? Ich habe jetzt den Salat! Weil ich einfach nicht nachgedacht habe,
als wir das Gasthaus übernahmen. Schon vorher gab es Obstsalat, der
Kühlschrank war voll mit Früchten, und etwas Kontinuität kann ja nie
schaden, oder? Zwischenzeitlich bin ich dazu übergegangen, boshaft „Tutti
Frutti“ zu sagen, wenn ich um 6 Uhr morgens beginne, Äpfel, Orangen und
Kiwis zu putzen, zu schälen, zu entkernen und kleinzuschneiden.
Schlimmer ist aber: Der Obstsalat ist ein Internationalist. Die Kiwis
kommen aus Neuseeland, Trauben aus Indien oder Chile, die [1][Orangen aus
Spanien], Himbeeren und Pfirsiche aus Marokko, Bananen und Ananas aus Costa
Rica. Das meiste ist Flugobst. Seit Kurzem ist unser Gasthof auf einem
Hotelportal als „nachhaltig“ gelistet. Ehrlich: Obstsalat auf der
Frühstückskarte und diese Bezeichnung – das ist doch ein Widerspruch in
sich.
Jetzt allerdings beginnt die Zeit, da stimmt das nicht. Da kann ich mich
regional bedienen. Die Kirschen sind reif, noch gibt es Erdbeeren, an den
Sträuchern im Garten hängen prall die Stachelbeeren, die Johannisbeeren
bekommen auch schon Farbe. Lageräpfel finde ich immer, die Melonen, die
ich angepflanzt habe, entwickeln sich gut.
Bis September sollte die Lage für die Gäste unproblematisch sein. Und zum
Abschluss, da freue ich mich schon drauf, werde ich alles in den Mixer
werfen und zu Smoothie verarbeiten. Und auf die Speisekarte schreibe ich:
„Obstsalat, flüssig“.
3 Jul 2022
## LINKS
DIR [1] /Anbau-von-Zitrusfruechten-und-Mandeln/!5793108
## AUTOREN
DIR Jörn Kabisch
## TAGS
DIR Kolumne Der Wirt
DIR Gastronomie
DIR Obst
DIR Hotel
DIR Bayern
DIR Gastronomie
DIR Kolumne Der Wirt
DIR Kolumne Der Wirt
DIR Schwerpunkt klimaland
DIR Obst
## ARTIKEL ZUM THEMA
DIR Bayerische Biergarten-Spezialität: Steckerlfisch, lecker und frisch
Dank seines Wirtshauses entdeckt unser Autor kulinarische
Kindheitserinnerungen wieder. Und bereitet sie auf einem drei Meter langen
Grill selber zu.
DIR Zeitmanagement als Gastwirt: Auch Wirte kennen Murphys Gesetz
Gastwirtschafts- und Landwirtschaftsbetriebe haben einiges gemeinsam. Und
doch gibt es Unterschiede. Etwa der, dass Tiere keine Bewertungen abgeben.
DIR Wasserknappheit in Franken: Regenquartett beim Frühschoppen
Das Wasser ist knapp, auch in Franken, wo unser Autor einen Gasthof
betreibt. Glücklich ist da, wer einen eigenen Brunnen unterm Gemüsegarten
hat.
DIR Geschichten der Gäste: Sie ist Holmes, ich nur Watson
Seit unser Autor weiß, dass jede Zimmerfrau eine forensische Detektivin
ist, wird er seinen Müll nie wieder im Hotel liegen lassen.
DIR Wie man Wirt wird: Eine Rote Karte nach nur 13 Minuten
Unser Autor hängt den Journalistenberuf an den Nagel und will als Gastwirt
in Franken neu anfangen. Der Weg dahin führt ihn ins Gesundheitsamt.
DIR Obstanbau im Klimawandel: „Vergiss die Ernte“
Das größte deutsche Süßkirschen-Anbaugebiet liegt in der Fränkischen
Schweiz. Doch der Klimawandel könnte das Aus für die Kirschbäume bedeuten.
DIR Bananen-Kleinbauern in Ecuador: „Uns steht das Wasser bis zum Hals“
Wegen Dumpingpreisen und gestiegenen Kosten fürchten Bananen-Kleinbauern
eine Pleitewelle. Ein Pilotprojekt für faire Löhne soll helfen.