URI: 
       # taz.de -- Verlängerung von AKW-Laufzeiten: AKW Isar 2 hätte Potenzial
       
       > Laut dem Tüv Süd könnten die Brennelemente im bayerischen Reaktor Isar 2
       > noch 2023 Strom erzeugen. Aber wie steht es um seine Sicherheit?
       
   IMG Bild: Der Reaktor Isar 2 hat noch Reserven für 80 Tage
       
       Freiburg taz | Das Atomkraftwerk Isar 2, das zum Jahresende vom Netz gehen
       soll, verfügt offenbar über den gesetzlich festgelegten Abschalttermin
       hinaus noch über eine Brennstoffreserve. Zu diesem Ergebnis kommt der Tüv
       Süd in einer Analyse im Auftrag des Bayerischen Umweltministeriums. Bislang
       war man in der politischen Debatte stets davon ausgegangen, [1][dass die
       Brennelemente aller drei noch laufenden Reaktoren in Deutschland – neben
       Isar 2 sind das Emsland und Neckarwestheim 2 – zum Abschalttermin am
       Jahresende jeweils aufgebraucht sind].
       
       Nun korrigieren die Gutachter: Im Fall des Blocks Isar 2 bestünden noch
       Reserven für weitere 80 Tage. Ein entsprechendes Schreiben des Tüv Süd an
       das Ministerium wurde in diesen Tagen bekannt. Darin heißt es, der
       Reaktorkern werde selbst bei weiterhin vollem Kraftwerksbetrieb am
       Jahresende noch immer über „Reaktivitätsreserven“ von 2,2 Milliarden
       Kilowattstunden verfügen. Anschließend könne man die Brennelemente im
       Reaktor sogar noch umgruppieren. Auf diese Weise ließen sich laut Tüv bis
       August weitere 2,96 Milliarden Kilowattstunden erzeugen, ohne dass dafür
       neuer Brennstoff beschafft werden müsste.
       
       Hintergrund der Tüv-Analyse ist die Debatte um Laufzeitverlängerungen
       aufgrund der Gasverknappung. Die Bundesregierung hatte argumentiert, dass
       eine Verschiebung des Ausstiegs schon alleine [2][wegen fehlender
       Brennelemente] keine Option sei, weil deren Beschaffung in der Regel 18 bis
       24 Monate Vorlauf benötige. Der Tüv Süd hält indes nicht nur die
       vorübergehende Weiternutzung der bestehenden Brennelemente für möglich,
       sondern geht auch davon aus, dass bereits innerhalb von zwölf Monaten
       frische Brennelemente beschafft werden könnten.
       
       Das Bundesumweltministerium (BMUV) verweist in einem aktuellen Schreiben an
       das bayerische Umweltministerium darauf, dass eine Laufzeitverlängerung
       [3][„nur einen sehr begrenzten Beitrag zur Versorgungssicherheit“] leisten
       könne, und dies zudem nur „zu sehr hohen wirtschaftlichen Kosten sowie
       rechtlichen und technischen Unwägbarkeiten“. Zudem hätten auch die
       Betreiber der Reaktoren gegenüber den Ministerien „darauf hingewiesen, dass
       eine Laufzeitverlängerung für sie nur sinnvoll sei, wenn entweder die
       Prüftiefe der grundlegenden Sicherheitsanalyse verringert würde oder auf
       weitreichende Nachrüstungsmaßnahmen, die sich im Zuge der
       Sicherheitsüberprüfung ergeben könnten, verzichtet würde“.
       
       ## Sicherheitsprüfung sowieso überfällig
       
       Wiederholt hatte das BMUV betont, dass alle Wartungstermine der drei noch
       verbliebenen Reaktoren auf den geplanten Abschalttermin hin abgestimmt
       worden seien. Isar 2 war zuletzt im Oktober 2021 in der üblicherweise
       jährlich stattfindenden Revision, die also auch bei einer nur geringen
       Laufzeitverlängerung überfällig wäre.
       
       Hinzu kommt, dass die umfangreiche Sicherheitsüberprüfung, die nach
       internationalen Standards alle zehn Jahre erforderlich ist, für Isar 2 im
       Normalfall bis Ende 2019 fällig gewesen wäre. Aufgrund des absehbaren Endes
       des Reaktors hielt die Atomaufsicht eine Verlängerung des Zeitraums um drei
       Jahre für vertretbar. Nun aber sei eine weitere Streckung
       sicherheitstechnisch nicht mehr akzeptabel. Zumal laut dem aktuellen
       Schreiben des BMUV „alle betrieblichen und personellen Planungen der
       Unternehmen auf das Ende des Leistungsbetriebs und die Einleitung des
       Abbaus eingestellt“ seien. Es könne „nicht geleugnet werden, dass eine
       Laufzeitverlängerung über das generelle Risiko des Leistungsbetriebs eines
       Atomkraftwerks hinaus zusätzliche Risiken beinhaltet“.
       
       28 Jun 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Laufzeitverlaengerung-von-Atomkraftwerken/!5859775
   DIR [2] /Lieferungen-von-Gronau-in-die-Ukraine/!5840693
   DIR [3] /Wirtschaftsweise-ueber-Energiekrise/!5859604
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernward Janzing
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
   DIR Atomausstieg
   DIR Energie
   DIR Schwerpunkt Atomkraft
   DIR Anti-Atom-Bewegung
   DIR Schwerpunkt Atomkraft
   DIR Anti-Atom-Bewegung
   DIR Energiesparen
   DIR Robert Habeck
   DIR IG
   DIR Schwerpunkt Atomkraft
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Schweizer Endlagerfrage: Strahlender Müll
       
       Darauf, wo die Schweiz ihre radioaktiven Abfälle lagert, hat Deutschland
       keinen Einfluss. Für das nahegelegene Hohentengen ist das Pech.
       
   DIR Debatte um AKW-Abschaltungen: Fatales Signal an die Wirtschaft
       
       Wie weit AKWs eine Rolle für die Stromversorgung spielen, ist nicht
       entscheidend. Jetzt geht es darum, die allgemeine Verunsicherung zu
       begrenzen.
       
   DIR Längere Laufzeiten für Atomkraftwerke: Mehr Kompromisse wagen
       
       Trotz Energiekrise schließen die Grünen längere Laufzeiten für
       Atomkraftwerke aus. Doch ihre Prinzipientreue ist nicht souverän, sondern
       stur.
       
   DIR Forscher übers Energiesparen: „Heizperiode um vier Wochen kürzen“
       
       Mit Energiesparen könnte Deutschland seinen Verbrauch um bis zu 15 Prozent
       senken, sagt Immanuel Stieß. Zum Beispiel mit W-Lan statt mobilen Daten.
       
   DIR Aktivierung der zweiten Gas-Warnstufe: Wir, die Energieverschwender
       
       Wirtschaftsminister Habeck erklärt Erdgas zu einem knappen Gut. Nun rächt
       sich, dass Kunden und Industrie nie ernsthaft Energie gespart haben.
       
   DIR Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken: Und täglich grüßt das AKW
       
       Viele Politiker*innen versuchen gerade, sich mit der Forderung zu
       profilieren. Die Debatte über längere Atomlaufzeiten ist Zeitverschwendung.
       
   DIR Diskussion um Laufzeitverlängerungen: SPD kritisiert Scheindebatte
       
       Der Vizefraktionschef und Energieexperte der SPD, Matthias Miersch erteilt
       den Unionsforderungen eine Abfuhr.