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       # taz.de -- 29-Euro-Ticket gefordert: Grüne für ÖPNV-Preiserhöhung
       
       > Die Berliner Grünen schlagen ein 29-Euro-Ticket vor. Das 9-Euro-Ticket
       > werten sie als Erfolg. Der VDV sieht’s weniger positiv.
       
   IMG Bild: Gewohntes Bild im 9-Euro-Ticket-Sommer: Volle Bahnsteige und überfüllte Regionalzüge
       
       Berlin taz | Während der CDU-Chef Friedrich Merz zur Edelhochzeit des
       Finanzministers mit seinem Privatflugzeug nach Sylt flog, quetschten sich
       Normalsterbliche zu Ferienbeginn in überfüllte Regionalzüge der
       Verkehrsverbünde. In denen ist es seit Einführung des 9-Euro-Tickets auch
       in Berlin und Brandenburg wegen Überfüllung sogar zu Polizeieinsätzen
       gekommen. Und die Fahrradmitnahme war wie vergangenes Wochenende zu
       Stoßzeiten komplett untersagt.
       
       Klar ist: Das als Ausgleich für Preissteigerungen von der Ampelregierung
       geschaffene 9-Euro-Ticket ist eine [1][populäre Maßnahme]. Ebenso offenbart
       das Angebot die Schwachstellen des ÖPNVs: vernachlässigter Ausbau,
       Überlastung, Verspätungen, Mangel an Personal und Fahrzeugen.
       
       Die Berliner Grünen sprechen unterm Strich neben einer Entlastung für die
       Bürger*innen von einem „erfolgreichen Test“, wie Oda Hassepaß aus dem
       Abgeordnetenhaus der taz sagte. Sie fordert, aus dem befristeten
       9-Euro-Ticket ein dauerhaftes 29-Euro-Ticket zu machen. Nach ihren
       Berechnungen sei dies durch einen erwartbaren Zuwachs an Nutzer*innen
       finanzierbar.
       
       „Das Ticket soll deutschlandweit im Nahverkehr gültig sein, damit es kein
       Tarifchaos gibt. Das 9-Euro-Ticket kommt gut an und ist einfach – diesen
       Moment verstreichen zu lassen und kein Anschlusskonzept für die Menschen
       anzubieten, wäre ein massiver Rückschritt.“ Höhere Kosten von 29 Euro
       würden bei der Gegenfinanzierung helfen, so Hassepaß.
       
       ## Querfinanzierung zulasten des Autos
       
       Zudem brauche es weitere Investitionen in den ÖPNV durch Querfinanzierungen
       durch andere Prioritätensetzungen in der Verkehrspolitik: Etwa höhere
       Parkgebühren, Abschaffung von Dienstwagen-Subventionen, den Wegfall der
       E-Auto-Prämie und Einführung von Citymauts. Die [2][grüne Verkehrssenatorin
       Bettina Jarasch] bekräftigte die Forderungen: Auch sie erwarte vom Bund
       dauerhaft vergünstigte Nahverkehrsangebote nach dem 9-Euro-Ticket.
       
       Erste Auswertungen legen unterdessen nahe, dass das bis Ende August
       befristete Billig-Monatsticket den Verkehr von der Straße auf die Schiene
       nur in leichtem Umfang verlagert hat, wie das [3][Statistische Bundesamt
       festgestellt] hat. Auch der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV)
       sowie die Bahn haben [4][in einer Befragung festgestellt], dass nur 6
       Prozent von anderen Verkehrsmitteln auf die Bahn umgestiegen seien, die
       Hälfte davon vom Auto. Immerhin soll das Ticket auch [5][für etwas weniger
       Stau in den Städten] gesorgt haben.
       
       Die Nachfrage ist indes ungebrochen groß: Rund [6][31 Millionen Menschen]
       (Berlin: über 1,7 Millionen) nutzen das 9-Euro-Ticket im Juni, und laut der
       VDV-Befragung ist die Nachfrage für den Juli ähnlich. In Berlin wurden
       zudem bei gleich vielen Kontrollen nur ein Sechstel so viele
       [7][Schwarzfahrende erwischt].
       
       Ebenso zeigt sich: Viele Fahrten mit dem 9-Euro-Ticket sind zusätzliche
       Fahrten. So sagt der VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff zwar, dass es
       „sehr erfreulich“ sei, dass ein Fünftel der Käufer*innen angebe, den
       ÖPNV zuvor nicht genutzt zu haben. Allerdings sei jede vierte Fahrt ohne
       das Ticket gar nicht erst unternommen worden, so Wolff: „Diese deutliche
       Erhöhung der Nachfrage ist mit Blick auf den Klimaschutz und die
       Belastungen des Systems kritisch zu hinterfragen.“ Der VDV mahnt daher
       zunächst die Kompensation von Preisanstiegen bei etwa Energiekosten an –
       „sonst drohen deutliche Tarifsteigerungen“ oder gar Einschränkungen von
       Linienangeboten.
       
       Das 9-Euro-Ticket wird insgesamt mit 2,5 Milliarde Euro subventioniert.
       Auch Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) nannte es einen „fulminanten
       Erfolg“, den man im Herbst zunächst mal auswerten wolle.
       
       Länger in der Diskussion sind bereits Jahres-Abotickets für 365 Euro, das
       in Berlin schon länger von der SPD versprochen wurde. Die Linke fordert gar
       einen kostenlosen ÖPNV. Der würde rund 15 Milliarden Euro jährlich kosten.
       Zum Vergleich: Die kürzlich beschlossene umfassende Aufrüstung der
       Bundeswehr durch ein sogenanntes Sondervermögen sollte 100 Milliarden Euro
       betragen.
       
       11 Jul 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.rnd.de/politik/9-euro-ticket-89-prozent-der-nutzerinnen-und-nutzer-loben-das-angebot-3KAAVNCWQFCJHO4ZYMNT3G5YDA.html
   DIR [2] https://plus.tagesspiegel.de/berlin/wie-weiter-nach-dem-9-euro-ticket-berliner-grune-fordern-bundesweiten-29-euro-fahrschein-534195.html
   DIR [3] https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2022/07/PD22_284_12.html
   DIR [4] https://www.vdv.de/presse.aspx?id=be711bba-5926-48df-b541-74851878036f&mode=detail&coriander=V3_32814925-f70c-0752-186c-d47c068a308f
   DIR [5] https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/neun-euro-ticket-verkauf-stau-101.html
   DIR [6] https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/was-nach-9-euro-ticket-101.html)
   DIR [7] https://www.berliner-zeitung.de/news/9-euro-ticket-in-berlin-deutlich-weniger-schwarzfahrer-erwischt-li.243388
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gareth Joswig
       
       ## TAGS
       
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