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       # taz.de -- Euro pari zum Dollar: Tiefster Stand seit 20 Jahren
       
       > Ein Euro ist genauso viel Wert wie ein US-Dollar – und die Talfahrt
       > könnte weitergehen. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
       
   IMG Bild: Metall wirkt immer noch wertvoller als Papier. Doch in diesem Fall hier täuscht der Eindruck
       
       Spüren Verbraucherinnen und Verbraucher etwas vom Wertverlust des Euro? 
       
       Die Abwertung wirkt sich nur in wenigen Fällen direkt auf die Verbraucher
       aus. So bekommen zum Beispiel Urlauber, die in die USA reisen, beim
       Umtausch weniger Dollar als noch vor einem Jahr. Für einen Euro gibt es
       aktuell etwa einen Dollar in der Wechselstube. Die Ferien in Amerika werden
       also teurer. Indirekt spüren die Konsumenten die Folgen allerdings auch
       hierzulande. Denn für die Einfuhr von Waren, die in US-Dollar abgerechnet
       werden, müssen deutsche Unternehmen mehr Euro bezahlen. Das ist zum
       [1][Beispiel beim Erdöl der Fall]. Diese höheren Kosten geben die
       Importeure an ihre Kunden weiter. So steigen tendenziell der Spritpreis an
       der Zapfsäule oder die Preise für Produkte, die auf der Basis von Öl
       hergestellt werden.
       
       Warum sinkt der Eurokurs? 
       
       Dafür gibt es vor allem zwei Gründe. So bekämpft die amerikanische
       Notenbank Fed die starke Inflation in den USA durch kräftige
       Zinserhöhungen. Investoren erhalten dadurch für Anlagen in Amerika höhere
       Zinsen als in Europa. Deshalb ziehen Anleger ihr Geld hier ab und legen es
       in Übersee wieder an. Das steigert die Nachfrage nach Dollar und als Folge
       davon legt der Kurs der Währung zu.
       
       Ein weiterer Grund ist die unsichere politische und wirtschaftliche
       Entwicklung in Europa. Angesichts des Krieges und der explodierenden
       Energiekosten droht Rezession. Da bringen Investoren ihr Kapital verstärkt
       im vermeintlich sicheren Hafen USA unter. „Da fällt es auch nicht ins
       Gewicht, dass die US-Wirtschaft selbst mit einem Bein schon in der
       Rezession steckt“, stellen die Analysten der Landesbank Baden-Württemberg
       (LBBW) fest.
       
       Gab es so eine Entwicklung schon einmal? 
       
       Schwankungen bei Wechselkursen sind normal. Sie hängen von vielen Faktoren
       ab, wie Inflation, Konjunkturentwicklung oder auch von politischen Krisen.
       Der Euro hat sich dabei nach einer anfänglichen Schwächeperiode nach seiner
       Einführung 1999 als sehr stabil erwiesen. Zunächst ging es mit dem Wert
       damals kräftig bergab.
       
       Den Tiefstand erreichte der Wechselkurs zum Dollar im Oktober 2000, als man
       für einen Euro nur 0,83 US-Dollar bekam. Aber es ging auch zeitweise in die
       andere Richtung. 2008 erreichte der Wert seinen bisherigen Höhepunkt, als
       für einen Euro 1,60 Dollar bezahlt wurden, also fast doppelt so viel.
       Selbst wenn die Abwertung anhält, ist der Euro momentan noch weit von
       seinen historischen Tiefstständen entfernt.
       
       Hat die Abwertung auch Vorteile? 
       
       In einer exportorientierten Wirtschaft wird eine Abwertung der eigenen
       Währung unter normalen Umständen gerne gesehen. Denn die Ausfuhren der
       Unternehmen gewinnen an Wettbewerbsfähigkeit. Die Produkte und
       Dienstleistungen verbilligen sich für ausländische Käufer. Die Nachfrage
       danach steigt dann an. So lässt sich durch eine bewusste herbeigeführte
       Abwertung der Währung die heimische Konjunktur ankurbeln. Die Zeiten sind
       jedoch aktuell nicht normal. Gestörte Lieferketten, der Krieg in der
       Ukraine sowie die dadurch explodierenden Energiekosten belasten die
       Wirtschaft. Das zeigt sich unter anderem am Außenhandelsdefizit, das
       Deutschland im Mai erstmals seit langer Zeit wieder verzeichnet hat.
       
       Droht jetzt eine neue Euro-Krise? 
       
       Die aktuelle Abwertung hat mit der [2][Euro-Krise nach 2008] nichts gemein.
       Damals drohte die hohe Verschuldung von Euro-Ländern, insbesondere der
       Griechen, die Währungsgemeinschaft zu gefährden. Eine ähnliche Gefahr
       befürchten Pessimisten in diesen Tagen zwar auch. Denn die Europäische
       Zentralbank (EZB) wird die Zinsen zur Bekämpfung der Inflation anheben.
       Dann müssten hoch verschuldete Länder wie Italien mehr Zinsen für ihre
       Kredite bezahlen. Doch das hat mit der aktuellen Wechselkursentwicklung
       nichts zu tun.
       
       Wie geht es weiter? 
       
       Da sind sich die Experten uneins. Mit einem weiteren Wertverfall deutlich
       unter die Parität ist zu rechnen. Eine aktuelle Analyse der LBBW zeigt das
       Ausmaß der Unsicherheit: „Nach unserer Prognose wird die EZB in den
       kommenden Monaten mehrere Leitzinserhöhungen größeren Ausmaßes vollziehen“,
       schreiben die Analysten. Dies dürfte eine Erholung des Euro gegenüber dem
       US-Dollar bewirken. „Sollte es jedoch tatsächlich zu einem Ausfall der
       russischen Gaslieferungen kommen, werde dies auch unser Prognosebild
       komplett verändern.“
       
       12 Jul 2022
       
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   DIR Wolfgang Mulke
       
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