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       # taz.de -- US-Präsident auf Besuch: Nahost-Nato plus Israel
       
       > Biden will sich für „tiefere Sicherheitskooperationen“ zwischen Israel
       > und den arabischen Staaten einsetzen. Konkrete Visionen hat er auch
       > dabei.
       
   IMG Bild: Joe Biden spricht bei seiner Ankunft in Israel auf dem Flugplatz „Ben Gurion“ in Tel Aviv
       
       Zürich taz | Als Abdullah II. auf einem schwarz gepolsterten Stuhl vor der
       Reporterin des US-amerikanischen Senders [1][CNBC] saß und sagte, er würde
       eine „Nahost-Nato“ befürworten, hallten seine Worte in der arabischen
       Presse nach – und weit darüber hinaus. Die Aussage des jordanischen Königs
       war besonders brisant, weil wenige Tage zuvor Israels Verteidigungsminister
       Benny Ganz erklärt hatte, es bestehe bereits eine Luftverteidigungsallianz
       zwischen Israel und „regionalen Verbündeten“, die schon mal iranische
       Attacken durchkreuzt habe. Steht da also eine arabisch-israelische
       militärische Zusammenarbeit im Raum?
       
       Laut exklusivem Bericht des [2][Wall Street Journal] haben sich bereits im
       März Armeevertreter von Israel, Saudi-Arabien, Katar, Jordanien und
       weiteren arabischen Ländern im Badeort Scharm El-Scheich, Ägypten, unter
       US-Führung getroffen. Das Ziel: sich gegen eventuelle Drohnen- und
       Raketenangriffe Irans zu koordinieren.
       
       Die Idee einer militärischen Allianz unter arabischen Ländern ist gar nicht
       mal neu. Im Frühling 2015 etwa, als Kämpfer der Terrorgruppe IS Gebiete in
       Syrien, dem Irak und Libyen überrannt hatten und der Einfluss der
       Islamisten im zerrütteten Jemen wuchs, beschloss die Arabische Liga, eine
       gemeinsame Streitkraft auf freiwilliger Basis zu gründen. Doch die Idee
       eines Bündnisses mit Israel ist natürlich umstritten. Besonders in
       Jordanien, mit seinen mehr als zwei Millionen registrierten
       palästinensischen Geflüchteten. Eine Normalisierung der Beziehungen,
       solange die palästinensischen Gebiete besetzt sind, wird als Verrat an der
       Sache Palästinas gesehen.
       
       Dass eine militärische Allianz unter arabischen Staaten plus Israel als
       Gegengewicht zum Iran beim Besuch des amtierenden US-Präsidenten Joe Biden
       besprochen wird, gilt für einige Kommentatoren jedoch als sicher. Auf
       offizieller Ebene bleiben die US-Behörden jedoch noch zurückhaltend.
       
       ## Zahlreiche Konflikte
       
       Wie heikel die Sache ist, merkt man auch daran, dass kein arabisches Land
       bislang die Nachricht des Treffens in Scharm El-Scheich bestätigt hatte.
       Wenige Tage nach König Abdullahs Interview sagte der jordanische
       Außenminister Ayman Safadi dem katarischen Sender Al Jazeera, es gebe
       derzeit keine Pläne, ein militärisches Bündnis mit Israel einzugehen. Auch
       der jordanische Politikwissenschaftler Amer al-Sabaileh sieht die Sache
       kritisch: „Die Konflikte in dieser Region sind so zahlreich, dass es
       schwierig ist, an die Schaffung einer soliden militärischen Allianz zu
       denken“, sagt er. Gleiches gelte für die Beziehungen zum Iran.
       
       Bahrain, die VAE und Saudi-Arabien hätten eine deutlichere Position gegen
       den Iran, für Ägypten und Jordanien sei die Lage schon unterschiedlich, die
       Risiken geringer. Doch selbst wenn der Einfluss des Iran in Ländern wie dem
       Jemen, Libanon, Irak oder Syrien die Nachbarländer beunruhigt, dürfte das
       nicht genügen, eine Allianz inklusive Israel zu ermöglichen. „Wenn es
       Misstrauen gegenüber dem Iran gibt, dann gibt es einen noch größeren
       Argwohn über Israels Absichten – das ist das größte Hindernis“, sagt der
       jordanische Ex-Außenminister Jawad al-Anani.
       
       Aber erste Weichen sind bereits gestellt: Laut Pressemitteilung des Weißen
       Hauses in Washington soll Joe Biden in Israel über Sicherheit und
       Integration diskutieren, in Palästina die Zwei-Staaten-Lösung unterstützen
       und in Saudi-Arabien unter anderem regionale Kooperationen im Bereich
       Sicherheit, Wirtschaft und Energie, die Lage im Jemen und mögliche
       Bedrohungen seitens Iran ansprechen. Biden selbst erklärte, eine weitere
       Normalisierung der Beziehungen zwischen arabischen Ländern und Israel
       stünde auf der Agenda.
       
       13 Jul 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.cnbc.com/video/2022/06/24/jordans-king-i-believe-you-can-build-nato-with-like-minded-countries.html
   DIR [2] https://www.wsj.com/articles/bidens-middle-east-trip-is-a-high-risk-bid-to-reset-saudi-relations-11657481150
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Serena Bilanceri
       
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