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       # taz.de -- Medien in der Ukraine: Sendestopp für den Oligarchen
       
       > Der reichste Mann der Ukraine hat seine Medienlizenzen an den Staat
       > zurückgegeben. Grund dafür könnten das neue Oligarchengesetz sein – oder
       > Geld.
       
   IMG Bild: Achmetow im Juni 2014. Durch die Angriffe auf die Ostukraine verlor er Teile seines Vermögens
       
       Kiew taz | [1][Rinat Achmetow] ist mit 7 Milliarden Dollar der reichste
       Mann der Ukraine. Jetzt ist er aus dem Mediengeschäft ausgestiegen: Er gibt
       sämtliche Lizenzen zurück an den Staat. Die Aktiva, also das Vermögen, das
       seinem Unternehmen zur Verfügung steht, werden im Besitz von Achmetow
       bleiben. Seit Dienstag, 0.00 Uhr wird keines der Onlinemedien, die
       Achmetows Mediengruppe Ukraine (MGU) gehören, mehr aktualisiert. Seit
       Dienstag übernehmen die Sender der MGU Ukraina, Ukraina 24, NLO TV, Indigo
       TV und Futbol 1/2/3 vollständig das Programm „Telemarathon“: einheitliche,
       staatlich gelenkte politische Berichterstattung.
       
       Man sei dazu gezwungen, heißt es in einer Erklärung von Achmetows
       Gesellschaft SCM, der Besitzerin der MGU. Das kürzlich von Präsident
       Selenski unterzeichnete sogenannte Oligarchengesetz habe „weitere
       Investitionen in die Medien in der Ukraine unmöglich gemacht“.
       
       Laut dem Gesetz kann, wer drei von vier Kriterien erfüllt, in ein
       Oligarchenregister eingetragen werden, das noch geschaffen werden muss. Die
       vier Kriterien sind Beteiligung am politischen Leben, Besitz von oder
       wichtige Funktion in einem Massenmedium, Besitz eines Unternehmens mit
       Monopolstellung und ein Eigentum von mindestens 75 Millionen Euro.
       
       Registrierte Oligarchen dürfen keine politischen Parteien, Demonstrationen
       oder Meetings finanzieren, nicht an der Privatisierung großer
       Wirtschaftsobjekte teilnehmen. Und sie müssen mit dem diskriminierenden
       Label eines registrierten Oligarchen leben – ein Imageschaden im In- wie im
       Ausland.
       
       ## „Telemarathon“ auf allen Frequenzen
       
       Möglich wäre aber auch, so Olga Zacharova, ehemalige Direktorin für
       strategisches Marketing der MGU, gegenüber der Nachrichtenseite Detektor
       Media, dass Achmetow ausgestiegen ist, weil er erkannt hat, dass man
       [2][während des Krieges] mit Medien kein Geld machen könne. Der Politologe
       Oleg Saakjan verweist etwa auf stark zurückgegangene Werbeeinnahmen. Er
       sieht jedoch auch das Problem eines zu großen staatlichen Einflusses. In
       einem Beitrag im Hromadske-Radio sagt er, er fühle sich an die frühen
       2000er Jahre in Russland erinnert. In dieser Zeit begann Putin, die Presse
       in ihrer Freiheit einzuschränken.
       
       Derzeit laufe auf allen Frequenzen nur die Nachrichtensendung
       „Telemarathon“. Und tatsächlich: Auf die Gestaltung des Telemarathon, der
       auch auf den Frequenzen von Achmetow läuft, können die Sender keinen
       Einfluss nehmen. Das bestimmende Thema ist der Krieg. Kritik an der
       Regierung ist zweitrangig.
       
       Ähnlich äußert sich auch Swetlana Kryukova, Redakteurin des
       oppositionellen und landesweit blockierten Nachrichtenportales
       strana.news. Warum sollte man jedes Jahr 100 Millionen Dollar für Medien
       ausgeben, wenn man dann doch das staatlich vorgegebene Nachrichtenprogramm
       übernehmen müsse und gleichzeitig Gefahr laufe, in das Oligarchenregister
       aufgenommen zu werden, fragt sie sich.
       
       Insgesamt bleibt abzuwarten, ob Achmetow wirklich den ukrainischen
       Medienmarkt verlassen hat und seine 4.000 Medienangestellte sich andere
       Jobs suchen müssen. Denn er hat nur dem Staat gegeben, was er von diesem
       bekommen hatte, nämlich Sendefrequenzen und Druckgenehmigungen. Gut
       möglich, dass er über im Ausland registrierte Medien zurückkommen wird.
       
       13 Jul 2022
       
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