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       # taz.de -- Bewegungstermine in Berlin: Sommer, Sonne, Arbeitskampf
       
       > Was tun bei der Hitze? Eine Lieferando-Poolparty crashen, ein queeres
       > Klimafestival besuchen oder leckere Lauchsuppe schlürfen.
       
   IMG Bild: Lieferdienst-Fahrer:innen kämpfen für bessere Arbeitsbedingungen
       
       Trotz der meist schlechten Arbeitsbedingungen boomen Lieferdienste –
       zumindest sind die Fahrradkuriere mit ihren schwarzen, lila oder
       orangefarbenen Rucksäcken in Berlins Straßenbild allgegenwärtig. Egal ob
       [1][Gorillas], [2][Getir] oder [3][Lieferando], die Beschwerden der
       Angestellten sind stets die gleichen: Unregelmäßige oder ausbleibende
       Lohnzahlungen, mangelhafte Ausstattung, Union-Busting.
       
       Die meist migrantischen Angestellten kennen ihre Rechte oft nicht oder
       scheuen sich vor Auseinandersetzungen mit ihren Vorgesetzten, weil ihr
       Aufenthaltsstatus an das Arbeitsverhältnis geknüpft ist. Das macht es für
       die Bringdienste, die vor allem auf schnelles Wachstum ausgerichtet sind,
       leicht, sie schonungslos auszubeuten.
       
       Trotz der widrigen Umstände und dem Widerstand der Unternehmen, die – wie
       die gesamte Start-up-Branche – [4][Betriebsrats- und Gewerkschaftsfeindlich
       eingestellt] sind, organisieren sich immer mehr Lieferdienst-Arbeiter*innen
       gegen die Missstände. Bei Gorillas hat die Berliner Belegschaft es
       mittlerweile geschafft, einen Betriebsrat zu wählen – gegen den Willen des
       Managements. Das hatte lange versucht, die Organisierung seiner
       Angestellten zu verhindern – [5][bis ihnen das Berliner Arbeitsgericht im
       November vergangenen Jahres einen Riegel vorschob.]
       
       Auch die Lieferando Arbeiter*innen sind gerade dabei, einen Betriebsrat
       zu gründen. Doch statt sich mit den Beschwerden seiner Rider, wie sich die
       Kurierfahrer*innen nennen, auseinanderzusetzen, lassen es ihre
       Vorgesetzten lieber ordentlich krachen.
       
       Fahrer*innen schwitzen, Management feiert 
       
       Bereits im Frühjahr musste sich Lieferando Kritik anhören, weil der Konzern
       für 16 Millionen Dollar einen Ski-Trip in die Schweiz unternommen hatte.
       Die Fahrer*innen waren dazu nicht eingeladen. Nun steht die nächste
       Sause an: An diesem Freitag will Lieferando in Berlin eine exklusive
       Poolparty im Haubentaucher feiern.
       
       Die Rider*innen, die sich bei der Hitze mit schweren Rucksäcken durch die
       Straßen Berlins kämpfen müssen und sicher nichts gegen eine kleine
       Abkühlung hätten, sind davon erneut explizit ausgeladen. Das wollen sich
       die kämpferischen Arbeiter*innen, die sich mittlerweile in
       Workers-Collectives zusammengeschlossen haben, allerdings nicht gefallen
       lassen: „Die feiern schamlos eine All-Inclusive-Party, während wir nicht
       mal unsere Miete bezahlen können. Wir kommen trotzdem!“, [6][heißt es in
       einem Aufruf der Lieferando-Arbeiter*innen].
       
       Während die Büro-Angestellten erfrischende Drinks im Pool schlürfen, wollen
       die Fahrer*innen direkt vor dem Haubentaucher gegen ihre schlechten
       Arbeitsbedingungen protestieren (Freitag 1. Juli 17 Uhr, Revaler Str. 99).
       
       Nachhaltig in Pankow 
       
       Statt sich bei der Hitze am Pool zu erfrischen, kann man auch darüber
       nachdenken, was die steigenden Temperaturen eigentlich für unser Klima
       bedeuten. Zum Beispiel auf dem Klimatak, einem nachhaltigen,
       antifaschistischen, antirassistischen und queerfeministischen Festival für
       Klimagerechtigkeit, das an diesem Samstag in Pankow stattfindet. Denn
       während sich einige darüber freuen, dass in Berlin ähnliche Temperaturen
       wie in Barcelona oder Madrid herrschen, leiden die Bauern unter der
       anhaltenden Trockenheit, wüten Waldbrände nicht nur in Brandenburg. Und im
       globalen Süden, der ohnehin schon der Verlierer des kapitalistischen
       Systems ist, sieht es noch viel schlimmer aus.
       
       „Unser Anspruch ist es, einen Ort zu schaffen an dem sich vernetzt,
       getüftelt und getanzt werden kann“, [7][heißt es im Programm].
       Interessierte können sich auf dem Klimatak weiterbilden und mit Lösungen
       für die multiplen Krisen, denen wir begegnen, beschäftigen. Dazu gibt es
       noch Kunstprojekte, Musikacts und leckeres Essen – und Dosenwerfen mit der
       Antifa Nordost. (Samstag 2. Juli, ab 12 Uhr, Mühlenstraße 24).
       
       Lauchsuppe gegen Polizeigewalt 
       
       Weniger lustig geht es am kommenden Mittwoch zu, wenn die ersten
       Antifaschist*innen wegen ihres Protestes gegen den [8][AfD
       Landesparteitag in Biesdorf vor rund einem Jahr] vor Gericht stehen.
       „Stargast“ an diesem Tag ist der wegen seiner ablehnenden Haltung zur
       teilbesetzten Rigaer Straße 94 in der linken Szene eher unbeliebte
       SPD-Innenpolitiker Tom Schreiber. Der hatte an jenem Tag bei der
       berüchtigten 11. Einsatzhundertschaft hospitiert und fühlte sich von
       Demonstrierenden, die ihn aus der Kundgebung heraus als „Lauch“ bezeichnet
       haben sollen, derart beleidigt, dass er auf einer Anzeige bestand.
       
       In der Folge soll es zu massiver Polizeigewalt gegen die 30 bis 50
       Protestierenden des Bündnisses „Kein Raum der AfD“ gekommen sein. Die
       Betroffenen haben vor zwei Monaten deshalb beim Verwaltungsgericht
       [9][Klage wegen unverhältnismäßiger Polizeigewalt eingereicht.] Erst einmal
       stehen jedoch die Antifaschist*innen selbst vor Gericht: „Während die
       Teilnehmenden teilweise bewusstlos geprügelt wurden, sollen sie jetzt zu
       Täter:innen gemacht werden“, kritisiert das Bündnis und [10][ruft zur
       solidarischen Prozessbegleitung auf]. Nach der Verhandlung gibt es dann
       vegane Lauchsuppe für alle. (Mittwoch 6. Juli, 8.30 Uhr, Wilsnacker Straße
       4).
       
       1 Jul 2022
       
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   DIR [6] https://twitter.com/LWC_Berlin/status/1541396332996354050
   DIR [7] https://klimatak.de/
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   DIR [10] https://keinraumderafd.info/
       
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