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       # taz.de -- Rücktritt des Frankfurter Oberbürgermeisters: Feldmann gibt auf
       
       > Oberbürgermeister Peter Feldmann bietet nun doch wegen
       > Korruptionsvorwürfen seinen Rücktritt an. Die geplante Abwahl könnte
       > abgesagt werden.
       
   IMG Bild: Rückzug 2023: Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD)
       
       Frankfurt/Main taz | Der wegen Korruptionsvorwürfen umstrittene
       [1][Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann (]SPD) gibt auf. In einem
       am Dienstag verbreiteten Schreiben kündigt er an, Ende Januar nächsten
       Jahres seine Amtszeit beenden zu wollen.
       
       Nach über zehn Jahren wolle er seine Arbeit für die Stadt „zu einem
       ordentlichen Abschluss bringen“, schreibt Feldmann. Damit kommt er wohl
       seiner Abwahl durch die Stadtverordnetenversammlung zuvor. Auch mit den
       Stimmen der in Frankfurt regierenden Römerkoalition aus Grünen, SPD, FDP
       und Volt hatte das Stadtparlament den seit 2012 amtierenden OB Anfang Juni
       mit großer Mehrheit ultimativ zum Rücktritt aufgefordert.
       
       Am 14. Juli sollte er mit der dafür erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit
       abgewählt werden. Damit wäre die [2][gesetzlich vorgesehene
       Bürgerabstimmung zur Amtsenthebung] im November ausgelöst worden. Feldmanns
       Schritt kommt überraschend.
       
       Er wolle „der Stadt Frankfurt ein quälendes und teures Abwahlverfahren
       ersparen“, erklärte er jetzt. Ob die Stadtverordneten sich auf Feldmanns
       Terminvorschlag einlassen oder weiter seine Abwahl betreiben, war noch
       offen.
       
       ## Feldmann wollte eigentlich bleiben
       
       Bei der letzten Parlamentsdebatte im Römer hatte der angeschlagene OB noch
       kämpferisch angekündigt, er werde sich bei der Abstimmung über seine Abwahl
       [3][gerne ein drittes Mal dem Votum der FrankfurterInnen stellen]; sie
       hätten ihn schließlich zuletzt mit mehr als 70 Prozent der Stimmen in
       seinem Amt bestätigt. Auch in einem fiktiven Interview mit sich selbst, das
       er vor wenigen Tagen per Rundmail an die MitarbeiterInnen der Stadt
       verschickt hatte, gab er sich kampfbereit.
       
       Trotzig antworte er da auf die von ihm selbst gestellte Frage: „Warum
       treten Sie nicht einfach zurück?“: „Für mich wäre das eine Flucht aus der
       Verantwortung, zugleich käme ein Rücktritt für mich in jedem Fall einem
       Schuldgeständnis gleich“.
       
       Das mit sich selbst geführte ‚Interview‘ war das letzte Zeichen dafür, dass
       Feldmann zuletzt allein auf weiter Flur stand. Auch die Frankfurter SPD war
       nach quälenden internen Debatten auf Distanz zu ihrem einstigen Vormann
       gegangen. Das [4][Frankfurter Landgericht ließ auch bereits die Anklage
       wegen Korruption zu]. Die Frankfurter Staatsanwaltschaft wirft Feldmann im
       Zusammenhang mit dem AWO-Skandal um überhöhte und grundlos gezahlte Gelder
       Vorteilsnahme vor.
       
       „Wie wollen Sie auf der Anklagebank sitzend die Stadt repräsentieren“,
       hatte ihm der Grünen-Fraktionsvorsitzende Dimitrios Bakakis in der
       turbulenten Parlamentsdebatte im Juni zugerufen. Und seine langjährige
       Weggefährtin, die SPD-Fraktionschefin Ursula Busch, appellierte um Fassung
       ringend an den Genossen OB, „zum Wohle der Stadt, die Dich gewählt hat,
       bitte ich Dich, Peter: bitte tritt zurück!“
       
       ## Viel Eigenlob
       
       Gerade die Frankfurter SPD hat Feldmann viel zu verdanken. Mit seinem
       überraschenden Wahlsieg 2012 gegen den damaligen Landesinnenminister und
       heutigen Ministerpräsidenten Boris Rhein (CDU) begann in der Bankenstadt
       nach langen Jahren in der Opposition das Comeback der SPD als
       Regierungspartei. Feldmann setzte den Mangel an bezahlbarem Wohnen, den
       Kampf für einen preiswerten ÖPNV und den alten sozialdemokratischen Slogan
       „Kultur für alle“ auf die Tagesordnung der Stadtpolitik.
       
       In seiner Rücktrittsankündigung lobt sich Feldmann dafür auch selbst.
       Frankfurt sei in seiner Amtszeit sozialer, ökologischer und moderner
       geworden, schreibt er. Er erinnert unter anderem an den Mietenstopp bei den
       städtischen Wohnungsbaugesellschaften, den er maßgeblich durchgesetzt
       hatte.
       
       „Der Erfolgsgeschichte ‚Kultur für Alle‘ wurde ein wichtiges Kapitel
       hinzugefügt“, betont der Noch-Oberbürgermeister. Zuletzt habe er die
       Sanierung der Paulskirche und das „Haus der Demokratie“ zum Thema gemacht.
       „Es tut mir in der Seele weh, beim Jubiläum im kommenden Jahr nicht mehr
       als Oberbürgermeister dabei sein zu können“, spielt Feldmann auf die
       180-Jahrfeier des Paulskirchenparlaments von 1848 an.
       
       Sein zehnjähriges Dienstjubiläum als OB verbrachte Feldmann am vergangenen
       Wochenende bei einer Reise im befreundeten Hanoi. Ein wichtiger Teilnehmer
       der Delegationsreise hatte indes wegen Feldmanns Affäre abgesagt. Für
       Mittwoch hatten GegnerInnen sogar eine Demonstration vor dem Frankfurter
       Römer gegen den rücktrittsunwilligen Feldmann angemeldet, die jetzt seinen
       Rückzug feiern dürften.
       
       Zuletzt hatten allein die Linken und die Fraktion von Ökolinx um die
       streitbare Jutta Ditfurth gegen Feldmanns Abwahl plädiert. Auch sie hatte
       seinen freiwilligen Rücktritt gefordert, die Kampagne gegen ihn aber als
       heuchlerischen „Kulturkampf“ bezeichnet. „CDU, FDP, und ein größerer Teil
       der feinen Gesellschaft Frankfurts haben sich nie damit abgefunden, dass
       ein linker Sozialdemokrat Oberbürgermeister von Frankfurt geworden ist,“ so
       Ditfurth.
       
       5 Jul 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Misstrauensantrag-gegen-Feldmann/!5860250
   DIR [2] /Umstrittener-Frankfurter-OB/!5857626
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   DIR [4] /Korruption-des-Frankfurter-OB/!5843934
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christoph Schmidt-Lunau
       
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