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       # taz.de -- Klima, Equal Pay und Verzicht: Weniger ist mehr
       
       > Warum sich gerade der Frauenfußball der Weltenrettung verschreiben sollte
       > und Equal Pay einen doppelten Boden hat. Ein feministischer Anstoß.
       
   IMG Bild: Umstrittene Arena: Deutscher Fan im EM-Stadion von Milton Keynes
       
       Es sieht aus wie im Ligusterweg Nr. 4 bei Harry Potter. Genormte
       Backsteinbauten, Autos vor Garageneinfahrten, Dorffrisöre. Genau genommen
       sieht es an den meisten Orten, an die ich zu diesem Turnier komme, so aus.
       Wenn eine EM überwiegend in Stadien zwischen 15.000 und 30.000 gespielt
       wird, tritt man nicht nur in andere Stadien, sondern in andere Lebensräume.
       In Orte wie Milton Keynes, wo die Zugfahrt an Kuhweiden vorbeiführt, die
       Straßen leer sind und die Ortsteile Fenny Stratford heißen. Interessante
       Brüche gibt es, gegenüber von meiner Unterkunft ist ein Schwulenclub.
       
       Die EM könnte eine Rückkehr an die sogenannte Basis sein, aber sie ist das
       nicht. Das schicke Stadion in Brentford ist ein Neubau; das Stadion in der
       Planstadt Milton Keynes das Werk von Pete Winkelman, der hier eine der
       verhasstesten Taten im englischen Fußball beging: [1][Er verpflanzte den FC
       Wimbledon nach Milton Keynes], gleichgültig gegenüber der entsetzten
       Gegenwehr von Fans.
       
       Die gründeten daraufhin den Fanverein AFC Wimbledon und stießen eine
       Bewegung an. Dass diese EM in Milton Keynes spielt und nicht beim AFC
       Wimbledon, passt zu einem Turnier, bei dem ein Kommentator darüber sprach,
       „wie lange Norwegen beim Frauenfußball dabei ist im Vergleich zu
       Österreich“. Dass Österreich in den Dreißigern eine der ersten Frauenligen
       der Welt hatte, wusste er wohl nicht.
       
       ## Feministischer Kapitalismus
       
       Als Feminismus gilt bei diesem Turnier natürlich das Gerede um Equal Pay.
       Eine elitäre und schräge Diskussion, die sich nur eines vorstellen kann:
       Gleich viel wie die Männer. Mehr, mehr, mehr, eine andere Forderung kennt
       der feministische Kapitalismus nicht. Bei einem Turnier, das vorm Inferno
       der Klimakatastrophe stattfindet, ist so viel Blindheit schon krass. Und
       wird beklatscht, es sind ja Frauen. Es gibt mit jedem Tag Dringenderes mit
       gesellschaftlichen Mitteln zu tun, als sie in die Taschen von Klubs,
       einzelnen Fußballer:innen und ihrer Entourage zu zahlen.
       
       [2][Equal Pay] ist morgen erreichbar, wenn man die Gehälter der Männer an
       die der Frauen angleicht. Das wäre wahre Gleichberechtigung. Aber haben
       nicht auch die Männer das Recht, etwas anderes in ihrem Leben lernen zu
       können als Fußball: ein Studium oder eine Ausbildung zu machen, wenn man
       bloß dafür Raum gäbe? Natürlich wird das niemand vorschlagen, die kickenden
       Feministinnen würden das realitätsfern finden und absurd.
       
       Was wirklich realitätsfern ist, lässt sich bei diesem Turnier jeden Tag
       bestaunen.
       
       18 Jul 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://en.wikipedia.org/wiki/AFC_Wimbledon%E2%80%93Milton_Keynes_Dons_F.C._rivalry
   DIR [2] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1220561/umfrage/bereinigter-gender-pay-gap-in-deutschland/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Alina Schwermer
       
       ## TAGS
       
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