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       # taz.de -- Petersberger Klimadialog: Scholz will Klimaziele einhalten
       
       > Der Bundeskanzler bekräftigt Deutschlands Weg aus den fossilen Energien.
       > Außenministerin Baerbock fordert mehr Hilfe für Entwicklungsländer.
       
   IMG Bild: Soll Partner bei der Gewinnung von Wasserstoff werden: Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi, neben Baerbock und Scholz
       
       Berlin taz | Trotz rasant steigender Energiepreise und dem russischen Spiel
       am Gashahn will Deutschland bis 2045 gänzlich auf Kohle, Öl und Gas
       verzichten und klimaneutral werden. „All das bestärkt uns nur in diesem
       Ziel“, betonte Bundeskanzler Olaf Scholz zum Auftakt des [1][Petersberger
       Klimadialogs] am Montag. Er beteuerte, dass die derzeitigen Investitionen
       in Kohle und Flüssiggasterminals zeitlich eng befristet seien und nicht zu
       neuen dauerhaften Abhängigkeiten von fossilen Energien führen würden.
       
       Der Kanzler war zu Gast im Außenministerium, das den Dialog zum ersten Mal
       ausrichtet. Auf Einladung der grünen Außenministerin Annalena Baerbock,
       [2][die Klimaaußenpolitik zu einem Kern ihrer Arbeit erklärt hatte],
       treffen sich Vertreter:innen aus 40 Staaten, um die 27. Klimakonferenz,
       die COP 27, im November im ägyptischen Scharm al-Scheich vorzubereiten.
       Darunter ist auch der ägyptische Präsident Abdel Fattah al-Sisi, den Scholz
       anschließend ins Kanzleramt einlud. Nach dem Gespräch verkündete Scholz,
       dass man [3][mit Ägypten] im Bereich der Gewinnung von Wasserstoff
       zusammenarbeiten wolle. Man kann sich seine Partner auf dem Weg zur
       Weltrettung nicht immer aussuchen.
       
       ## Baerbock fordert Einhaltung der Zusagen
       
       Baerbock bezeichnete die Klimakrise als die größte Bedrohung für Frieden
       und Stabilität unserer Zeit, die das Leben von Millionen von Menschen
       bedrohe. Und sie sieht die Verantwortung dafür, diese abzuwenden,
       selbstkritisch zunächst im Kreis der Industrieländer. Baerbock mahnte,
       Deutschland müsse seine Ambitionen beim Klimaschutz verdoppeln. Das geht
       über das Scholz’sche „Mit gleicher Kraft voraus“ hinaus. Denn dass
       Deutschland bis 2045 klimaneutral werden will, ist ja bereits gesetzlich
       verankert.
       
       Baerbock forderte die Industrieländern auf, die eigenen Zusagen gegenüber
       dem Süden einzuhalten. „Das bedeutet, endlich das
       100-Milliarden-Dollar-Ziel für Klimafinanzierung zu erreichen.“ Die
       Industrieländer hatten diese Summe bereits ab 2020 für Klimaprojekte im
       Globalen Süden versprochen. Bislang fließen nur 80 Milliarden. Auch der
       deutsche Anteil ist noch nicht erreicht. Schon 2021 wollte man jährlich 6
       Milliarden Euro in Klimaprojekte im Süden investieren, aktuell sind es 4,2
       Milliarden. Eine Erhöhung ist im Haushaltsentwurf für das kommende Jahr
       nicht vorgesehen.
       
       Scholz und Baerbock forderten beide, dass sich die Industrieländer als
       größte Emittenten von Treibhausgasen stärker für die Folgen des
       Klimawandels in Entwicklungsländern verantwortlich fühlen müssten. Das
       Thema Klimaschäden ist ein heikles, da hier die Tür für milliardenschwere
       Schadenersatzforderungen geöffnet werden könnte. Scholz versprach, die
       Suche nach praktikablen Lösungen im Umgang mit klimawandelbedingten Schäden
       und Verlusten werde auf der COP27 ein größeres Thema sein.
       
       ## Die FDP bremst
       
       Passend dazu stellte das Bundesministerium für wirtschaftliche
       Zusammenarbeit und Entwicklung am Montag das Konzept eines Schutzschirms
       gegen Klimarisiken vor – mit Frühwarnsystemen in besonders gefährdeten
       Ländern und schnellen Finanzierungssystemen. „Wenn dann zum Beispiel die
       Dürre kommt, steht das Geld schon bereit“, erläuterte Staatsekretär Jochen
       Flasbarth.
       
       Jan Kowalzig, klimapolitischer Referent bei der Entwicklungsorganisation
       Oxfam, lobte, dass Deutschland das Thema Klimaschäden auf die Tagesordnung
       setzt. Allerdings fordert er insbesondere von Scholz mehr Ehrlichkeit und
       Impulse. „Es steht bereits fest, dass Deutschland auch in diesem Jahr seine
       Klimaziele in den Bereichen Verkehr und Gebäude verfehlen wird, weil sich
       die Ampel nicht einig ist.“ [4][Die FDP bremst] und will einige Maßnahmen,
       etwa ein Tempolimit, nicht mittragen. „Hier hätte sich der Kanzler ruhig
       aus dem Fenster lehnen und die Einhaltung der Ziel einfordern können.“
       
       18 Jul 2022
       
       ## LINKS
       
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